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Niels Holgersens wunderbare Reise mit den Wildgaensen - Erster Teil

Niels Holgersens wunderbare Reise mit den Wildgaensen - Erster Teil

Titel: Niels Holgersens wunderbare Reise mit den Wildgaensen - Erster Teil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Selma Lagerloef
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trotzdem anvertrauen. Der Kobold hat gesagt, wenn der Junge gut acht
     gibt auf den zahmen Gänserich, so daß der wohlbehalten wieder heimgelangt, so ...«
    »Was weiter, Horneule? Was weiter? Was weiter?«
    »Fliege mit nach dem Kirchturm hinauf, Sumpfeule, dann will ich es dir alles erzählen! Ich fürchte, es könnte mitten auf der
     Straße jemand sein, der lauscht.«
    Damit flogen die Eulen von dannen, der Junge aber warf seine Mütze hoch in die Luft hinauf. »Wenn ich nur gut acht auf den
     Gänserich gebe, so komme ich wohlbehalten wieder nach Hause, dann werde ich wieder ein Mensch. Hurra! Hurra! Dann werde ich
     wieder ein Mensch!«
    Er rief ganz laut Hurra, und es war merkwürdig, daß sie ihn nicht drinnen in den Häusern hörten. Aberdas taten sie nicht, und er eilte, so schnell seine Füße ihn nur tragen wollten, wieder zu den wilden Gänsen in das nasse
     Moor hinaus.

VII. Die Treppe mit den drei Stufen
    Donnerstag, den 31. März.
    Am nächsten Tage wollten die wilden Gänse nordwärts durch die Allboer Harde in Smaaland ziehen. Sie sandten Yksi und Kaksi
     als Späher voraus, aber als diese zurückkamen, sagten sie, alles Wasser sei gefroren und die ganze Erde mit Schnee bedeckt.
     »Bleiben wir doch lieber, wo wir sind,« sagten die wilden Gänse. »Wir können nicht über ein Land hinfliegen, wo weder Wasser
     noch Gras ist.« – »Wenn wir bleiben, wo wir sind, müssen wir noch einen ganzen Mondwechsel warten,« sagte Akka. »Es ist besser
     ostwärts durch Blekinge zu fliegen und zu versuchen, ob wir dann über Smaaland durch die Mörer Harde kommen können, die an
     der Küste liegt, und wohin der Lenz früh gelangt.«
    So flog denn der Junge am nächsten Tage über Bleking hin. Es war ziemlich schlechtes Wetter, aber es war hell. Er war wieder
     in seiner richtigen Laune und konnte nicht begreifen, was am gestrigen Abend mit ihm vorgegangen war. Jetzt wollte er wahrlich
     die Reise und das Leben in der Wildnis nicht aufgeben.
    Über Bleking lag ein dichter Regennebel. Der Junge konnte nicht sehen, wie es hier aussah. »Ich möchtewohl wissen, ob es ein gutes oder ein schlechtes Land ist, über das ich hinwegreite,« dachte er und versuchte aus seinem
     Gedächtnis herauszugraben, was er in der Schule über Bleking gelernt hatte. Aber er wußte eigentlich sehr wohl, daß das nichts
     nützen konnte, denn er hatte ja in der Regel seine Schulaufgaben nicht gelernt.
    Im selben Augenblick sah der Junge die ganze Schule vor sich. Die Kinder saßen an den kleinen Pulten und hoben die Hände in
     die Höhe, der Lehrer saß auf dem Katheder und sah mißvergnügt aus, und er selber stand oben vor der Karte und sollte eine
     Frage über Bleking beantworten, aber er konnte kein Wort. Das Gesicht des Lehrers wurde mit jeder Sekunde, die verging, finsterer,
     und der Junge dachte daran, daß der Lehrer strenger darauf gehalten hatte, daß sie ihre Geographie wußten als irgend etwas
     anderes. Jetzt stieg er auch vom Katheder herunter, nahm dem Jungen den Zeigestecken weg und schickte ihn auf seinen Platz
     zurück. »Dies nimmt noch ein Ende mit Schrecken,« dachte der Junge.
    Aber der Lehrer trat an eins der Fenster, blieb dort eine Weile stehen und sah hinaus, und dann fing er an zu pfeifen. Jetzt
     stieg er wieder auf den Katheder hinauf und sagte, er wolle ihnen etwas von Bleking erzählen. Und was er erzählte, war so
     amüsant, daß der Junge zuhörte. Sobald er nachdachte, konnte er sich jedes Wortes entsinnen.
    »Smaaland ist ein hohes Haus mit Tannenbäumen auf dem Dach,« sagte der Lehrer. »Und davorliegt eine breite Treppe mit drei großen Stufen, und die Treppe heißt Bleking.
    Es ist eine Treppe, die sich sehen lassen kann. Sie erstreckt sich acht Meilen an der Vorderseite des Smaaländer Hauses entlang,
     und wer die Treppe ganz hinabgehen will, bis an die Ostsee, der hat vier Meilen zu gehen.
    Es ist auch ein tüchtiges Stück Zeit her, seit die Treppe erbaut wurde. Es sind Tage und Jahre vergangen, seit die ersten
     Stufen aus dem Granit gehauen und eben und glatt gelegt wurden als bequemer Verkehrsweg zwischen Smaaland und der Ostsee.
    Da die Treppe so alt ist, kann man wohl begreifen, daß sie jetzt nicht mehr so aussieht wie damals, als sie noch neu war.
     Ich weiß nicht, wieviel sie sich in jenen Zeiten aus der Reinlichkeit machten, aber sie war zu groß, als daß irgendein Besen
     auf der Welt sie hätte rein halten können. Nach Verlauf von ein paar Jahren fing eine Menge Moos

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