Niels Holgersens wunderbare Reise mit den Wildgaensen - Zweiter Teil
hörte er den Fuchs heranschleichen. Er wagte sich ganz bis an die Männer heran, denn er verließ sich darauf, daß
sie ihn für einen Hund halten würden. »Was für ein Hund ist das, der sich hinter uns herschleicht,« sagte auch ganz richtig
einer der Männer. »Er ist so nahe, als wenn er uns beißen wollte.« Der andere stand still und sah sich um. »Weg mit dir!«
sagte er und stieß mit dem Fuß nach dem Fuchs, so daß der auf die andere Seitedes Weges flog. Nun hielt sich der Fuchs in einer Entfernung von ein paar Schritten, aber er folgte ihnen nach wie vor.
Die beiden Männer waren bald bei den Häusern angelangt und gingen in eines derselben hinein. Der Junge hatte die Absicht gehabt,
mit ihnen hineinzuschlüpfen; aber als er im Beischlag angelangt war, sah er einen prächtigen, langhaarigen Kettenhund aus
seiner Hütte herausstürzen, um seinen Herrn zu empfangen. Da änderte der Junge seinen Entschluß und blieb draußen.
»Du, Kettenhund!« sagte der Junge leise, sobald die Männer die Tür geschlossen hatten. »Willst du mir nicht über Nacht helfen,
einen Fuchs zu fangen?«
Der Kettenhund sah nicht gut, und heftig und wütend war er, weil er so lange angebunden gestanden hatte. »Soll ich einen Fuchs
fangen?« bellte er böse. »Was für einer bist denn du, der du hierher kommst und mich zum besten halten willst? Komm du nur
so nahe heran, daß ich dich fassen kann, da will ich dich schon lehren, Scherz mit mir zu treiben.«
»Du glaubst doch nicht, daß ich bange bin, dir nahe zu kommen?« sagte der Junge und lief an den Hund heran. Als der ihn sah,
erstaunte er so, daß er kein Wort zu sagen vermochte.
»Ich bin es, den sie Däumling nennen, und der mit den Wildgänsen reist,« sagte der Junge. »Hast du nicht von mir reden hören?«
– »Die Spatzen haben ja freilich manchmal von dir gezwitschert,« sagte der Hund. »Du hast ja große Dinge ausgerichtet, wenn
man bedenkt, wie klein du bist!« – »Bisher ist es mir immer gut ergangen,«sagte der Junge, »aber nun sieht es so aus, als wenn mein Ende nahte, falls du mir nicht helfen willst. Ich habe einen Fuchs
auf den Fersen. Er steht dort hinter der Ecke und lauert auf mich.« – »Ja, weiß Gott, ich kann ihn wittern,« sagte der Kettenhund.
»Mit dem wollen wir bald fertig werden.« Und der Kettenhund sprang hinaus, soweit die Kette es zuließ und bellte und klaffte
eine gehörige Zeit.
»Jetzt, glaube ich, kommt er diese Nacht nicht wieder,« sagte der Kettenhund. – »Es gehört mehr als ein Gebell dazu, um dem
Fuchs bange zu machen,« sagte der Junge. »Er wird gleich wieder hier sein, und das ist das allerbeste, denn ich habe mir vorgenommen,
daß du ihn gefangen nehmen sollst.« – »Fängst du nun schon wieder an, dich lustig über mich zu machen?« sagte der Hund, –
»Komm du nur in deine Hütte hinein, damit uns der Fuchs nicht hören kann,« erwiderte der Junge. »Dann will ich dir sagen,
wie du es machen mußt.«
Der Junge und der Hund krochen in die Hundehütte und lagen da und flüsterten.
Nach einer Weile steckte der Fuchs die Schnauze um die Ecke, und da alles still war, schlich er auf den Hof. Er konnte den
Jungen bis an das Hundehaus wittern und setzte sich in passender Entfernung hin, um darüber nachzudenken, wie er ihn herauslocken
könne.
Plötzlich steckte der Kettenhund den Kopf heraus und knurrte ihn an. »Mach', daß du wegkommst! Sonst komm ich und hol' dich!«
– »Ich bleibe hier sitzen, solange ich will!« sagte der Fuchs. – »Mach', daß du wegkommst!« sagte der Hund noch einmal in
drohendem Ton. »Sonsthast du über Nacht zum letztenmal gejagt.« Aber der Fuchs lachte ihm gerade ins Gesicht und rührte sich nicht vom Fleck.
»Ich weiß ja, wie weit deine Kette reicht!« sagte er. – »Ich habe dich zweimal gewarnt,« sagte der Hund und kam aus dem Hundehaus
gefahren. »Nun kannst du die Folgen hinnehmen.«
Im selben Augenblick warf er sich mit einem langen Sprung über den Fuchs und erreichte ihn ohne die geringste Schwierigkeit,
denn er war los. Der Junge hatte sein Halsband aufgemacht.
Es folgte ein Kampf von wenigen Augenblicken, aber er war bald beendet. Der Hund stand als Sieger da. Der Fuchs lag am Boden
und wagte sich nicht zu rühren. »Ja, lieg du nur still,« sagte der Hund. »Sonst beiße ich dich tot.« Er packte den Fuchs im
Nacken und schleppte ihn in das Hundehaus, und da kam der Junge mit der Kette und legte ihm das Halsband
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