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Niemalsland

Titel: Niemalsland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neil Gaiman
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konzentrieren.
    Er zog ihn langsam hoch, so als müßte er gegen einen starken Druck ankämpfen. Dann rammte er Ruislip seine Faust in den Adamsapfel. Ruislip ging mit einem Geräusch zu Boden, als hätte man eine halbe Tonne nasse Leber in eine Badewanne geworfen.
    Varney kicherte.
    Ruislip rappelte sich langsam wieder auf.
    Varney wischte sich das Blut von der Stirn und entblößte widerwärtig grinsend sein ruiniertes Gebiß. »Komm schon«, sagte er. »Fetter Wichser. Versuch’s noch mal.«
    »Der wirkt vielversprechend«, murmelte der Marquis. Door schauderte. »Er sieht nicht besonders nett aus.«
    »Nettigkeit ist bei einem Leibwächter«, belehrte sie der Marquis, »etwa so nützlich wie die Fähigkeit, einen Hummer in einem Stück zu erbrechen. Er sieht gefährlich aus.«
    Da ertönte ein wohlwollendes Murmeln, denn Varney hatte Ruislip etwas ziemlich Schmerzvolles zugefügt, etwas Schnelles, das mit einem plötzlichen Aufeinandertreffen von Varneys lederumwickeltem Knie und Ruislips Hoden zusammenhing. Das Murmeln war ein zurückhaltender und zutiefst unbegeisterter Applaus, wie man ihn normalerweise nur bei dörflichen Kricket-Spielen an verschlafenen Sonntagnachmittagen zu hören bekommt.
    Der Marquis klatschte höflich mit. »Sehr gut, Sir«, sagte er. Varney sah Door an und zwinkerte ihr zu, beinahe so, als wäre sie sein, bevor er seine Aufmerksamkeit wieder Ruislip zuwandte.
    Door schauderte.
    Richard hörte das Klatschen und bewegte sich darauf zu.
    Fünf fast identisch gekleidete, außerordentlich blasse junge Frauen gingen an ihm vorbei. Sie trugen lange Kleider aus Samt, jedes Kleid so dunkel, daß es beinahe schwarz war: eins dunkelgrün, eins schokoladenbraun, eins königsblau, eins blutrot und eins schlicht schwarz.
    Alle hatten schwarze Haare und trugen Silberschmuck; alle waren perfekt frisiert, perfekt geschminkt. Sie bewegten sich schweigend: Nur der schwere Samt raschelte, als sie vorbeigingen, und es klang fast wie ein Seufzer.
    Die letzte, diejenige, die schwarz gekleidet war, die bleichste und schönste, lächelte Richard an.
    Vorsichtig lächelte er zurück.
    Dann ging er weiter.
    Die Probekämpfe fanden in der Fisch- und Fleischabteilung statt, vor der Fischskulptur.
    Das Publikum stand mit dem Rücken zu ihm, in zwei oder drei Reihen. Richard fragte sich, ob es wohl einfach wäre, Door und den Marquis zu finden: Und dann teilte sich die Menge, und er sah sie beide auf der Glasplatte der Räucherlachstheke sitzen. Er öffnete den Mund, um ›Door!‹ zu rufen, und während er das tat, wurde ihm klar, wieso die Menge sich geteilt hatte, denn ein monströser dreadlockiger Mann, nackt bis auf ein grün-gelb-rotes Stück Stoff, das er sich wie eine Windel um den Bauch gewickelt hatte, schoß wie von einem Katapult abgefeuert durch die Menge und landete direkt auf ihm.
    »Richard?« sagte sie.
    Er schlug die Augen auf. Das Gesicht vor ihm verschwamm immer wieder. Seltsam gefärbte Augen schauten ihn an, aus einem jungen, fast koboldhaften, blassen Gesicht.
    »Door?« sagte er.
    Sie war wütend. Sie war mehr als wütend.
    »Temple und Arch, Richard. Ich glaub’s einfach nicht. Was tust du hier?«
    »Freut mich auch, dich zu sehen«, sagte Richard schwach. Er setzte sich auf und fragte sich, ob er eine Gehirnerschütterung hatte. Falls ja, fragte er sich, woran er das erkennen sollte. Und dann fragte er sich, wie er auf die Idee gekommen war, Door könnte sich freuen, ihn zu sehen.
    Der große Mann mit den furchtbar schlechten Zähnen, der ihn auf der Brücke umgestoßen hatte, trat gerade gegen einen Zwerg an. Sie kämpften mit Brecheisen, und der Zweikampf war nicht so ungleich, wie es vielleicht aussehen mochte. Der Zwerg war übernatürlich schnell: Er rollte sich weg, er schlug zu, er sprang, er tauchte ab; jede seiner Bewegungen ließ Varney vergleichsweise schwerfällig und ungelenk erscheinen.
    Richard drehte sich zu dem Marquis um, der aufmerksam den Kampf verfolgte.
    »Was geht hier vor?« fragte er.
    Der Marquis würdigte ihn eines kurzen Blickes und wandte sich dann wieder dem Geschehen vor seiner Nase zu. »Sie«, sagte er, »haben den Boden unter den Füßen verloren, sitzen tief in der Scheiße, und bis zu Ihrem vorzeitigen und zweifelsohne blutigen Ende sind es, wie ich vermute, nur noch wenige Stunden. Wir hingegen sind dabei, einen Leibwächter zu engagieren.«
    Varney traf den Zwerg mit seinem Brecheisen, und dieser hörte sofort auf zu hüpfen und umherzuschießen und

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