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Night School 01 - Du darfst keinem trauen

Night School 01 - Du darfst keinem trauen

Titel: Night School 01 - Du darfst keinem trauen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C.J. Daugherty
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hübsch«, sagte Jo. »Vielleicht wollen sie dich nur auf sich aufmerksam machen.«
    Sie kicherten beide. Allie tat so, als würde sie gleich unter der Last ihrer Büchertasche zusammenbrechen. »Was ich an Arbeit vor mir habe, geht auf keine Kuhhaut.«
    Jo nickte. »Im Sommer schütten sie uns zu mit Arbeit, im Sommertrimester sind nämlich nur die da, von denen man sich was verspricht.«
    »Wie – verspricht?« Allie zog die Augenbrauen hoch.
    »Na ja. Die eben Potenzial haben.« Jo zuckte die Achseln. »Was weiß ich. Das Internat ist eben irgendwie … sozusagen zweigeteilt. Manche kommen hierher, weil ihre Eltern schon hier waren, aber andere sind hier, weil sie einfach superschlau sind. Die sind dann das ganze Jahr über in Cimmeria, während die anderen im Sommer freihaben. Ich glaube, wir werden darauf getrimmt, irgendwann mal die Welt zu regieren.«
    Allie staunte, wie sie es fertigbrachte, so etwas zu sagen und dabei nicht anmaßend zu klingen.
    »Deswegen macht es mir nichts aus, auch im Sommer hier zu sein.« Jo drückte die Tür zur Bibliothek auf und senkte ihre Stimme zu einem Flüstern. »Wir haben Cimmeria ganz für uns, und die Leute, die um diese Jahreszeit hier sind, sind einfach die coolsten.«
    Eine Stimme in Allies Kopf sagte anklagend: Ich bin nicht hier, weil ich superschlau bin.
    Als sie in die Stille der Bibliothek eintauchten, atmete sie die aromatische Mischung aus Leder, alten Büchern und zitroniger Möbelpolitur ein. Der Raum erstreckte sich weiter, als sie durch den Wald dunkler, deckenhoher Holzregale sehen konnte, die bis fünf Meter über ihren Köpfen emporragten. Jede Reihe hatte ihre eigene Rollleiter, mit der man an die obersten Fächer herankam. Der Boden war mit dicken Orientteppichen bedeckt, die den Klang ihrer Schritte dämpften. Antike schmiedeeiserne Leuchter, die früher bestimmt einmal Kerzen gehalten hatten, hingen an dicken Ketten von der Decke, wodurch die Bücher in den oberen Fächern im Schatten lagen.
    Um die schweren Holztische mit ihren grün beschirmten Leselampen waren Ledersessel gruppiert. Viele waren bereits von Schülern besetzt. Neben den Bücherstapeln, die sie um sich getürmt hatten, sahen sie wie Zwerge aus.
    Eingeschüchtert durch die Zurschaustellung von so viel Lerneifer, kämpfte Allie gegen einen Anflug von Unsicherheit. Sie war schon so weit hintendran: Wie sollte sie das je aufholen? Zum ersten Mal seit Langem war es ihr nicht egal, ob sie scheiterte.
    Sie folgte Jo, die sich kundig den Weg zu einem Tisch bahnte, der so stand, dass man einen guten Blick auf den Lesesaal hatte, ohne im Sichtfeld der Bibliothekarin zu sein. Sie stapelten ihre Bücher auf den Tisch und machten es sich in den großen Ledersesseln bequem. Sie waren gerade in ihre Geschichtsbücher vertieft, als sich von hinten zwei schlanke Arme um Jo legten und sie an ihren Sitz pressten. Jo schnappte nach Luft und kicherte, als ein gut aussehender blonder Junge neben ihr auftauchte und ihr sanft den Nacken küsste.
    »Gabe, hör auf!«, rief sie lachend und deutete auf Allie. »Du kennst Allie noch gar nicht, oder? Dann wird’s aber höchste Zeit, denn Allie ist eine Göttin!« Jos Gesicht glühte, und Allie fühlte blitzartig so etwas wie Neid, hatte aber gleich darauf Schuldgefühle deswegen.
    Gabe hieß sie mit einem Lächeln willkommen. Seine haselbraunen Augen glitzerten im Licht der Lampe. Er streckte Allie eine kräftige Hand mit gepflegten Fingernägeln entgegen. »Hallo, Allie. Ich bin noch nie einer Göttin begegnet.«
    Sie erwiderte sein Lächeln und schüttelte ihm die Hand. »Einmal ist immer das erste Mal.«
    Er hauchte einen Kuss auf Jos Kopf und setzte sich ihr gegenüber an den Tisch, wobei er ihr Schreibheft zu sich herzog, um hineinsehen zu können. »Woran arbeitet ihr beide gerade? Ach, Geschichte. Schön, dass ihr so emsig lernt.«
    Jo verdrehte die Augen. »Gabe ist ein Jahr über uns. Deswegen ist er manchmal etwas aufgeblasen.«
    Er lachte und fuhr sanft mit dem Ende seines Stifts über ihren Arm. »Nicht aufgeblasen. Nur erfahren.«
    Jo kicherte abermals, und Gabe wandte sich Allie zu. »Du bist also die berühmte Allie Sheridan, von der alle erzählen.«
    Allie war irritiert. »Wieso reden alle über mich? Dafür gibt es doch gar keinen Grund.«
    Gabe lächelte. »Entspann dich. Das liegt nur daran, dass du neu bist. Frischfleisch. Diejenigen von uns, die das ganze Jahr über hier sind, fühlen sich manchmal etwas vom Rest der Welt abgeschnitten.

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