Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Night School 01 - Du darfst keinem trauen

Night School 01 - Du darfst keinem trauen

Titel: Night School 01 - Du darfst keinem trauen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C.J. Daugherty
Vom Netzwerk:
Schüler drehten sich nach ihr um.
    »Miss Sheridan.« Mr Zelazny stand vor der altmodischen Kreidetafel, auf die er nicht verzichten wollte, und schaute Allie böse an. »Der Geschichtsunterricht hat vor zwei Minuten begonnen. Ich weiß, dass Sie neu sind, aber ich gehe davon aus, dass Sie unsere Regeln fürs Zuspätkommen kennen.«
    Allie nickte stumm.
    »Ja? Gut. Dann kommen Sie bitte nach der Stunde zu mir.«
    Mit gesenktem Blick trottete Allie zu ihrem Platz.
    Bei mir geht auch alles schief.
    Egal, wie sehr sie sich bemühte, ihr Leben zu ändern – es klappte einfach nicht. Als wäre sie auf Ärger programmiert.
    Am Ende der Stunde wartete sie, bis ihre Mitschüler gegangen waren, und tat so, als sortierte sie ihre Bücher. Als sich das Klassenzimmer weitgehend geleert hatte, ging sie zu Mr Zelaznys Pult. Er schrieb gerade und sah nicht sofort auf. Allie räusperte sich schüchtern. Zelazny wartete einen Augenblick, ehe er den Kopf hob und sie mit eisigem Blick fixierte.
    »Ich bedaure sehr, dass ich in Ihrer ersten Woche hier nun schon zum zweiten Mal mit Ihnen über Pünktlichkeit sprechen muss. Das ist kein besonders gutes Vorzeichen für Ihre Zukunft hier an der Cimmeria Academy. Die anderen Lehrer halten Sie offenbar für sehr begabt, aber ich habe von dieser Begabung bislang leider noch nichts sehen können.«
    Allies Wangen röteten sich vor Zorn, doch sie biss sich auf die Lippen und sagte nichts. Zelazny hielt ihr ein handbeschriebenes Blatt Papier entgegen.
    »Das ist der schriftliche Verweis. Den geben Sie dem Aufsicht habenden Lehrer. Die Gruppe trifft sich morgen früh um halb sieben vor der Kapelle.«
    Allie glaubte, sie hätte sich verhört.
    »Um halb sieben? Aber morgen ist Samstag!«
    Zelaznys ungerührt kühle Miene änderte sich keinen Deut. »Ich habe Ihnen nur einen Tag Arrest erteilt, Miss Sheridan. Wenn das noch einmal vorkommt, mache ich daraus eine Woche.«
    Allie trottete in den Englischunterricht. Ihr Frust war beinahe mit Händen zu greifen. Isabelle warf ihr einen fragenden Blick zu, doch Allie senkte den Blick in ihr Buch, und die Rektorin begann mit der Stunde. Erleichtert ließ sich Allie in die vertraute Wattewelt des Selbstmitleids fallen – bis fünf Minuten später Carter hereinspazierte.
    Isabelle hielt in ihren Erläuterungen inne. »Carter, ich bin bereit, deine üblichen kleinen Verspätungen zu tolerieren, aber das ist jetzt wirklich der Gipfel. Hast du eine Entschuldigung vorzubringen?«
    »Bin ’n bisschen spät dran. Kommt vor, Isabelle«, sagte Carter achselzuckend.
    Die Rektorin seufzte und machte sich eine Notiz auf einem Zettel. »Du kennst die Regeln, Carter. Bitte komm nach der Stunde zu mir.«
    Aus der anschließenden Diskussion über T. S. Eliot klinkte Allie sich aus. Sie grübelte darüber nach, was es mit dem Arrest auf sich hatte, und fragte sich, ob Jo auch Arrest bekommen hatte (heimlich hoffte sie es), damit sie nicht so allein war. Kurz hatte sie ein schlechtes Gewissen, weil sie ihrer einzigen Freundin an der Schule das gleiche Los wünschte.
    Plötzlich klinkte sie sich wieder ein, hypnotisiert von der Anordnung der Worte und der vertrauten Stimme, die sie vorlas. Sie hatte Gedichte eigentlich immer gehasst, aber so ein Gedicht hatte sie noch nie gehört.
    Und ich will dir weisen ein Ding, das weder
    Dein Schatten am Morgen ist, der dir nachfolgt,
    Noch dein Schatten am Abend, der dir begegnet;
    Ich zeige dir die Angst in einer Handvoll Staub.
    Sie blickte zur anderen Seite des Kreises und sah, wie Carter Platz nahm. Er sah sie nicht an, doch sie hatte das Gefühl, er war sich bewusst, dass sie ihn anschaute.
    »Was will der Autor damit sagen? Was heißt das: die Angst in einer Handvoll Staub?« Isabelle ließ ihren Blick durch die Klasse schweifen. Ohne zu überlegen, begann Allie zu sprechen und bereute es sofort wieder.
    »Es klingt wie …« Allie geriet ins Stocken, doch ihre Lehrerin nickte ihr zu und sah sie geduldig an. Allie dachte noch einmal nach und setzte von Neuem an. »Also, für mich klingt das wie eine Warnung. Er sagt: ›Du solltest mich fürchten. Mit mir wird es dir übel ergehen.‹«
    Isabelle nickte abermals. »Ich denke, das kann man so sehen – die Zeile enthält auf jeden Fall eine Warnung oder Drohung. Fällt sonst noch jemandem etwas dazu ein?«
    »Sie handelt vom Tod.« Carter wartete nicht, bis er aufgerufen wurde.
    Allies Herz klopfte schneller.
    »Er schreibt über etwas, das sich nicht aufhalten, nicht

Weitere Kostenlose Bücher