Night Sky 1 - Sklave des Blutes (German Edition)
dürfen. Seit sie mit siebzehn nach San Francisco gekommen war, strebte sie ihremTraumberuf Pilotin entgegen und hatte sich mit zähem Durchhaltevermögen emporgearbeitet.
Jäh realisierte sie eine unerwartete Gefühlsregung: Aufregung? Nein, kein Stress wegen dieses Fluges oder der Missgunst einiger Kollegen. Erregung? Eine elektrische Spannung lag wie ein Knistern auf ihrer Haut. Das Gefühl mutete angenehm an, aber mehr als unangebracht. Hitze strömte ihr in die Wangen und sie lenkte sich hastig mit einer erneuten Kontrolle der Instrumentenanzeigen ab. Was ein Karrieresprung für Auswirkungen hatte, wo selbst ihre beste Freundin Amy an ihrer Prüderie schier verzweifelte. Wann hatte sie das letzte Mal ein Kribbeln verspürt? Das musste vor ihrer Geburt gewesen sein. Sie hatte genügend erfolgreiche, gut aussehende Männer um sich herum, aber keiner löste ein Sehnen aus. Sie brauchte niemanden, dem sie hinterherräumen, oder die Seitensprünge verzeihen sollte. Es genügte zuzusehen, wie Beziehungen in ihrem Umfeld kamen und gingen. Lust ähnelte der Empfindung Flugangst, man konnte sie ausblenden und überwinden, wenn man wollte.
Monique meldete sich aus der Bordküche. Maik brummte zustimmend, entsicherte das Alarmsystem und entriegelte die Tür. Er legte das Headset beiseite und fuhr mit dem Sitz erwartungsvoll zurück. „Meine Frau hat mich auf Diät gesetzt, bevor es die Gesellschaft tut, sagt sie. Ab sofort gibt es die Lightversion.“
Cira lächelte, freute sich über Maiks Glück. Er klang verliebt. Sie drehte sich ihm zu, aber die Erwiderung blieb ihr im Halse stecken. Maik sackte im Sitz zusammen. Ein Mann drückte die Cockpittür von innen ins Sicherheitsschloss. Ihr brach der Schweiß aus, doch sie hatte dieses Szenario so oft geprobt, dass sie dem Angstzustand nicht die Kontrolle über ihr Gehirn überließ. Sie musterte den Eindringling mittleren Alters mit bewusst furchtloser Miene, prägte sich jede Kleinigkeit ein. Tower und Crew würden innerhalb der nächsten Sekunden Bescheid wissen, die Videoüberwachung und das Nichteingeben des Türcodes alarmierten sie. Dennoch betätigte sie den stillen Notruf. Die Passagiere schwebten in tödlicher Gefahr, sie spürte es.
Ein Schlag traf sie unvorbereitet und mit solcher Wucht, dass ihr Kopf zur Seite flog und den Oberkörper über die Sessellehne mitriss. Das Headset fegte quer durch das Cockpit, ihr Blick verwischte, bevor der Schmerz sie zurückholte. Sie unterdrückte ein Stöhnen, richtete sich im Sitz auf. „Was wollen Sie?“
Der Mann schien sie von den Haarspitzen bis zu den Zehen zu röntgen und setzte ein widerwärtiges Lächeln auf. Sie fühlte sich nackt, als könnte er durch ihr Kostüm hindurchsehen. Ihr Verstand arbeitete auf Hochtouren an einer Lösung, um der Panik keinen Raum zu schenken. Ihr wurde bewusst, was es bedeutete, dass er nicht vermummt war.
„Nach Westen“, sagte der Kerl.
Sie nickte, machte gute Miene zum bösen Spiel. Müsste sie den Mann mit einem Wort beschreiben, hätte sie Normalo gesagt. Nichts an ihm wirkte auffällig, weder der Anzug, die Brille noch der gestutzte Bart. Er trug keine Handschuhe und seine Hände sahen manikürt aus, ihr blitzte sogar ein Ehering entgegen. Als läse er ihre Gedanken, fügte er beiläufig hinzu:
„Ich sprenge die Passagierkabine, wenn du nicht kooperierst.“
Die Lämpchen verschwammen, während sie den Autopiloten ausschaltete und nach Westen abdrehte. Blut sickerte aus ihrer Schläfe und durchtränkte die linke Seite des Kostüms.
Das bedeutete entweder, dass er über einen anderen Piloten an Bord verfügte oder darauf baute, dass Maik rechtzeitig erwachte oder sie alsbald zwischenlanden sollte – sie könnte sich weigern – oder ihre erste Vermutung zutraf: Es war ihm alles scheißegal.
Sie warf ihm einen Seitenblick zu. Wie hatte er Maik so problemlos außer Gefecht setzen können? Soweit sie sah, trug er keine Waffe. Ob er einen dieser Ju-Jutsu Handgriffe beherrschte? Erleichtert registrierte sie, wie Maiks Brustkorb sich hob und senkte.
Spätestens nach der Kursänderung musste der Bodencrew die Brisanz der Situation klar sein. Seit einer Minute rauschten beide Headsets ununterbrochen. Sie hoffte, dass der Kerl Monique nichts angetan hatte und keine Komplizen die Fluggäste bedrohten. Die Hochsicherheits-Cockpittür verhinderte jegliches Durchdringen von Geräuschen, Munition und Personen, wenn man sie nicht hereinließ.
Die Westküste mit San Francisco kam in
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