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NIGHT WORLD - Engel der Verdammnis

NIGHT WORLD - Engel der Verdammnis

Titel: NIGHT WORLD - Engel der Verdammnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa J. Smith
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stieß einen Arm durch eine Öffnung in dem Gewirr und verschaffte sich auf diese Weise Halt. Oh - ja; jetzt konnte sie atmen. Aber ihr Körper hing noch immer im Fluss, der weiter an ihr zerrte.
    Sie musste da heraus - aber das war unmöglich. Sie hatte mit knapper Not die Kraft, um sich festzuhalten; ihre geschwächten, tauben Muskeln würden sie niemals das Ufer hinaufziehen können.
    In diesem Augenblick war sie voller Hass - nicht auf den Fluss, sondern auf sich selbst. Weil sie klein und schwach und kindisch war, und der Fluss sie töten würde. Sie würde sterben, und das alles geschah genau jetzt, und es war die Wirklichkeit.
    Später konnte sie sich nicht mehr richtig daran erinnern, was als Nächstes geschah. Ihr Verstand setzte aus, und da war nichts weiter als Wut und das brennende Verlangen, höher hinaufzukommen. Ihre Beine traten und zappelten, und eigentlich hätte sie wissen und spüren müssen, wie sehr jeder Aufprall gegen die Uferfelsen und die Wurzeln schmerzte. Aber alles, was zählte, war die Verzweiflung, die ihren vom Wasser beschwerten Körper Zentimeter um Zentimeter aus dem Fluss hinaushievte.
    Und dann war sie draußen. Sie lag auf Wurzeln und Schnee. Ihre Sicht war getrübt; sie keuchte mit offenem Mund und rang nach Luft, aber sie lebte.
    Gillian lag lange Zeit dort, ohne die Kälte wirklich zu spüren, und ihr ganzer Körper zitterte vor Erleichterung.
    Ich habe es geschafft! Jetzt wird alles wieder gut.
    Erst als sie versuchte aufzustehen, wurde ihr klar, wie sehr sie sich geirrt hatte.
    Als sie sich hochrappeln wollte, gaben ihre Beine beinahe unter ihr nach. Ihre Muskeln fühlten sich an wie Wackelpudding.
    Und... es war kalt. Sie war bereits erschöpft und beinahe erfroren, und ihre nassen Kleider fühlten sich so schwer an wie eine mittelalterliche Rüstung. Ihre Handschuhe waren weg; sie hatte sie im Fluss verloren. Ihre Mütze war weg. Mit jedem Atemzug schien ihr kälter zu werden, und plötzlich wurde sie von Wellen eines heftigen Zitterns geschüttelt.
    Such die Straße... ich muss zur Straße gehen. Aber in welcher Richtung liegt sie?
    Sie war irgendwo flussabwärts gelandet - aber wo? Wie weit war die Straße jetzt entfernt?
    Nicht wichtig... geh einfach weg vom Fluss, dachte Gillian langsam. Es war schwer, überhaupt zu denken.
    Sie fühlte sich steif und unbeholfen, und das Zittern machte es schwer, über umgestürzte Bäume und Äste zu klettern. Ihre roten, geschwollenen Finger konnten sich nicht schließen, um sich an irgendetwas festzuhalten.
    Mir ist so kalt - warum kann ich nicht aufhören zu zittern?
    Vage war ihr bewusst, dass sie in ernsten Schwierigkeiten steckte. Wenn sie nicht zur Straße kam - bald -, würde sie nicht überleben. Aber es wurde immer schwieriger, ein Gefühl der Furcht heraufzubeschwören. Eine seltsame Art von Apathie senkte sich auf sie herab. Der knorrige Wald erschien ihr wie etwas aus einem Märchen.
    Stolpern... taumeln. Sie hatte keine Ahnung, wohin sie ging. Einfach geradeaus. Das war ohnehin die einzige Richtung, in die sie schauen konnte, der nächste dunkle Stein, der aus dem Schnee ragte, der nächste am Boden liegende Ast, um den sie herumgehen musste.
    Und dann lag sie plötzlich auf dem Gesicht. Sie war gestürzt. Es kostete ungeheure Anstrengung, wieder aufzustehen.
    Es sind diese Kleider... sie sind zu schwer. Ich sollte sie ausziehen.
    Wieder wusste sie vage, dass das falsch war. Ihr Gehirn litt; durch die Unterkühlung war sie benommen. Aber der Teil von ihr, der das wusste, war weit fort, wie von ihr getrennt. Sie bemühte sich, ihre tauben Finger dazu zu zwingen, den Reißverschluss ihrer Skijacke aufzuziehen.
    Okay... sie ist runter. Jetzt kann ich besser laufen...
    Sie konnte nicht besser laufen. Sie fiel immer wieder hin. Schon seit einer Ewigkeit ging das so, stolpern, fallen, aufstehen. Und jedes Mal fiel es ein wenig schwerer.
    Ihre Cordhosen fühlten sich an ihren Beinen an wie Eisbrocken. Sie betrachtete sie und stellte mit benommener Verärgerung fest, dass sie mit Schnee bedeckt waren.
    Okay - soll ich sie vielleicht auch ausziehen?
    Doch sie konnte sich nicht mehr daran erinnern, wie man einen Reißverschluss handhabte. Sie konnte überhaupt nicht mehr denken. Zwischen den heftigen Wellen des Zitterns, die sie immer wieder überfielen, lagen jetzt zunehmend längere Pausen.
    Ich schätze... das ist gut. Ich darf nicht so stark frieren...
    Ich brauche nur ein wenig Ruhe.
    Gehirns seinen nutzlosen Protest

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