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Nightschool. Du darfst keinem trauen

Nightschool. Du darfst keinem trauen

Titel: Nightschool. Du darfst keinem trauen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C Daugherty
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Carter sie anstarrte. Zum ersten Mal wurde ihr bewusst, dass sie in dem ganzen Chaos nie die Zeit gehabt hatte, jemandem zu erzählen, was draußen vor sich gegangen war.
    Nachdem sie ihm alles erzählt hatte, kam er immer wieder auf die Schritte zurück, die sie gehört hatte. »Und du bist dir ganz sicher, dass die Schritte von drinnen kamen und sich dann entfernt haben?«
    Allie nickte. Sie konnte sehen, wie es in ihm arbeitete.
    »Wie viele Schritte hast du gehört? Ich meine, wie viele Leute, glaubst du, waren es?«, fragte Carter.
    »Einer, denke ich. Aber ich bin mir nicht sicher. Ich hatte solche Angst. Carter, wer tut so was? Glaubst du, es war einer von den Schülern? Oder … ein Lehrer?«
    Der Gedanke war ihr bis jetzt noch nicht gekommen, doch auf einmal schien auf erschreckende Weise alles möglich zu sein. Sie hoffte, Carter würde sie auslachen oder sie fragen, ob sie noch ganz bei Trost sei. Doch das tat er nicht.
    Stattdessen rieb er sich nur die Augen. »Ich weiß es nicht. Ich glaub’s eigentlich nicht – aber ich weiß einfach gar nichts mehr.«
    »Wieso haben die mich nicht auch umgebracht?« Allie sprach klagend die Worte aus, die sie seit letzter Nacht vermieden hatte. »Wieso bin ich noch am Leben?«
    Carter blickte hinaus aufs Schulgelände. Eine Weile sagte er gar nichts. Dann sprach er mit rauer Stimme. »Ich weiß es nicht, Allie. Aber es kann sein, dass der Mörder dich gesehen hat und vielleicht denkt, dass du ihn gesehen hast … Tja, du musst ab jetzt sehr vorsichtig sein.«
    Allie schauderte. Sie senkte die Stimme zu einem Flüstern. »Carter, was wird hier gespielt?«
    Seine Augen versanken in ihren, und sie spürte, wie gerne er ihr etwas gesagt hätte, doch der Augenblick verstrich, und Carter schüttelte nur den Kopf.
    »Ich darf nicht, Allie. Ich darf’s einfach nicht.«
    Sie war derart müde, dass sie jetzt keinen Streit ertragen konnte – sie hatte seit zwei Tagen so gut wie keinen Schlaf gehabt. Sie legte den Kopf auf ihre Hand, schloss die Augen und gähnte.
    »Ich würde gern wach bleiben und mich weiter mit Mördern schlagen, aber ich bin einfach zu müde«, murmelte sie. »Ich find es total scheiße, jetzt allein zu sein. Es wär schön, wenn du bei mir bleiben könntest.«
    Es folgte eine lange Pause, doch Allie bemerkte es nicht, weil sie eingenickt war. Sie fuhr hoch, als Carter sprach.
    »Dann rück mal rüber.«
    Sie machte Platz für ihn, und er kletterte behände über den Schreibtisch und schloss das Fenster hinter sich.
    Ein Adrenalinstoß durchfuhr sie, und sie fühlte sich plötzlich hellwach. »Wenn Jules das rauskriegt, sind wir voll am Arsch«, sagte sie, aber eigentlich war es ihr egal.
    »Ach, mit Jules komm ich schon klar«, sagte Carter. Er setzte sich neben dem Bett auf den Boden und streckte mit einem wohligen Stöhnen die Beine aus. Sein langer Körper war auf dem Fenstersims zusammengestaucht gewesen, und wahrscheinlich war er die ganze Nacht auf Trab gewesen. »Abgesehen davon steht heut eh alles Kopf. Das merkt sowieso kein Mensch. Ab ins Bett mit dir, und sehen wir zu, dass wir beide etwas Schlaf kriegen.«
    Nach kurzem Zögern kletterte Allie vom Schreibtisch aufs Bett. Gespielt nonchalant zog sie die blaue Decke vom Fußbrett und reichte sie Carter herunter. Doch als sich ihre Finger berührten, erstarrten sie beide einen Augenblick lang.
    »Brauchst du ein Kissen?«, fragte Allie, um eine feste Stimme bemüht.
    »Danke, nein – das geht so.« Er klang ruhig, doch als er die Decke auseinanderfaltete, bemerkte sie, dass auch er aufgeregt war.
    Allie streckte sich aus und versuchte auszuruhen, doch sämtliche Muskeln ihres Körpers waren angespannt und zur Flucht bereit. Sie legte die Hände übers Gesicht.
    »So geht’s nicht. Da schlaf ich nie ein.«
    Carter lüftete eine Hand und hielt sie fest. »Hab ich dir schon mal erzählt, dass ich früher auch Panikattacken hatte?«
    Überrascht rollte sich Allie auf die Seite, damit sie ihn anschauen konnte. »Ach, echt? Wann denn?«
    »Ist schon ein paar Jahre her.« Carter lag auf dem Rücken und starrte an die Decke. »Das war damals eine ziemlich schwierige Zeit, und irgendwann fing ich an, diese … Angstanfälle zu kriegen. Ein guter Freund hat mir geholfen, da wieder rauszukommen. Unter anderem hat er mir beigebracht aufzuhören, darüber nachzudenken, was mich so verrückt macht, und mich stattdessen auf Dinge zu konzentrieren, die mir ein sicheres Gefühl geben. Oder sogar …

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