Nightshifted
Mal.
»Nach dieser Schicht treffe ich mich in einer
wirklich netten Ecke der Stadt mit meinem Anwalt.« Dort würde mein kleiner
Chevy definitiv negativ auffallen.
»Und wie lautet sein Plan?«
»Keine Ahnung. Aber morgen Nacht weià ich mehr.«
»Brauchst du Urlaub?«
Ich dachte kurz an Jake und schüttelte den Kopf.
»Noch nicht.«
Meatys schwere Augenlider senkten sich ungläubig. »Na
schön. Aber lass es mich wissen, falls sich daran etwas ändert, ja?«
»Werde ich.« Damit stürzte ich mich wieder auf meine
Formulare und machte auÃergewöhnlich umfangreiche Vermerke, bis Meaty sich
schlieÃlich abwandte.
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Bevor ich aufbrach,
überlegte ich kurz, ob ich zu Ti ins Zimmer gehen und mich verabschieden sollte,
entschied mich dann aber dagegen. Wenn er anrief, schön. Falls nicht, war ich
besser dran, wenn ich mich jetzt nicht blamierte. Also zog ich im Umkleideraum
saubere Sachen an, verabschiedete mich von Gina und Charles, und betrat dann
alleine den Fahrstuhl.
Ich hasse unseren Fahrstuhl. Und zwar nicht nur, weil
es darin immer nach Urin stinkt. Er »startet« und »landet«, wie ein Aufzug das
tun sollte, aber dazwischen hat man nie das Gefühl, dass er sich überhaupt
bewegt. Einmal habe ich die Zeit gestoppt: Wenn sich die Türen geschlossen
haben, dauert es vierzig Sekunden, bis sie sich wieder öffnen. Für einen Aufzug
ist das ziemlich lange â insbesondere, wenn es keine Zahlen von verschiedenen
Etagen gibt. Irgendwie kommt er mir vor wie ein Requisit aus Twilight Zone , und wenn man bedenkt,
wo er mich immer hinbrachte und herholte, ist das vielleicht gar nicht so
falsch.
Als ich an diesem Morgen die Fahrstuhlkabine betrat,
schlossen sich die Türen und â die Zeit verging. Sehr viel Zeit verging. Mehr
als vierzig Sekunden, denn irgendwann zählte ich wieder, und als ich damit
fertig war, kamen noch mal mehr als zwanzig Sekunden dazu. Dann gingen die
Lichter aus, und mein Ausweis fing an zu glühen. Nicht schon wieder. Die Anspannung stieg
wie ein verschrecktes Vögelchen in mir auf, und ich lieà meinen Mantel fallen.
Mein Herzschlag beschleunigte sich und wurde so heftig, dass ich ihn bis in den
Hals spüren konnte. Plötzlich konnte ich keine Sekunden mehr zählen, sondern
nur noch Herzschläge, die immer schneller und schneller kamen. Ich legte die
Hand auf das verzogene Metall am Schlitz zwischen den beiden Türen und war mir
nicht mehr sicher, ob ich wollte, dass sie sich öffneten und mich freigaben,
oder ob sie besser zubleiben und mich vor dem beschützen sollten, was â¦
Die Türen des Aufzugs öffneten sich. Panisch sprang
ich zurück und drückte mich in eine Ecke. Die Lichter gingen wieder an und
blendeten mich so, dass alles auÃerhalb der Kabine pechschwarz war.
»Komm raus, Mensch«, befahl eine Stimme. »Wir werden
dir kein Leid zufügen.«
Die Stimme klang brüchig und sprach abgehackt, als
würde sie nur einer ungefähren Vorstellung menschlicher Stimmen entsprechen und
wäre Stück für Stück zusammengefügt worden, wie bei den Telefonanrufen der
Serienkiller im Fernsehen.
»Wer ist wir?«, rief ich aus dem Fahrstuhl heraus.
»Du weiÃt, wer wir sind«, erwiderte die Stimme.
Und dummerweise hatte sie recht.
Kapitel 31
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Ich beugte mich vor und
drückte hektisch auf den »Tür schlieÃen«-Knopf.
»Komm raus«, wiederholte
die Stimme, jetzt schon strenger.
Ich schirmte meine Augen
mit meinem Arm ab, damit sie sich an die Helligkeit gewöhnen konnten. Vor der
Fahrstuhlkabine schien sich eine Art Höhle zu befinden, die eine gewölbte Decke
und einen samtartigen, schwarzen Boden hatte. Sobald ich aus der Kabine
heraustrat, schlossen sich die Fahrstuhltüren hinter mir. Ãngstlich wirbelte
ich herum und schob die Hände an die Stelle, wo eigentlich der Bewegungssensor
sein sollte, aber die Türen waren fest entschlossen, jetzt zuzugehen. Im
letzten Moment zog ich die Hände zurück. Die Aufzugkabine stand einfach nur da
und wirkte auf dem Grund eines Steintunnels völlig deplatziert.
»Wo seid ihr?«, rief ich laut und trat einen Schritt
vor. Der Teppich unter meinen FüÃen wogte und verformte sich. O Gott, das war
Wasser. Oder etwas noch Schlimmeres. »Schatten?«, schrie ich, und meine Stimme
wurde schrill.
Als meine Augen sich an das trübe Licht
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