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Nightshifted

Nightshifted

Titel: Nightshifted Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cassie Alexander
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gewöhnt
hatten, tauchten aus dem Boden sanfte, zarte Lichter auf, wild gezackte Linien
und vereinzelte, blinkende Punkte. Sie gewannen an Kontur wie die Sterne, die
man manchmal nur sehen kann, wenn man die Stadt hinter sich lässt, und sich
dann fragt, wie es sein kann, dass man so viele von ihnen vorher gar nicht
bemerkt hat. Ein Stück weit entfernt, meiner Schätzung nach in der Mitte der
Höhle, entdeckte ich eine feste Masse aus Licht, eine flache, kleine Sonne. Sie
pulsierte.
    Â»Warum habt ihr mich hierhergebracht?«, rief ich.
    Â»Dies ist unser Heim«, erklärte die Stimme. Neben mir
erklang ein Plätschern, und ich drehte mich nach rechts. Gute fünf Meter
entfernt stand ein Wesen, das aus dunkler Flüssigkeit bestand, in der Sterne
aufglommen. Es wirkte wie der Blob, streckte nun jedoch eine Ausstülpung seines
Plasmas, die stark an ein Scheinfüßchen erinnerte, nach mir aus.
    Hastig wich ich zurück und hielt ihm meinen glühenden
Ausweis entgegen. »Schickt mich zurück in die Lobby, sofort.« Bei der
Erinnerung an ihre Berührung, als sie über mich hinweggekrochen waren, bekam
ich eine Gänsehaut. Ich wollte nicht an diesen Ort in meinem Inneren
zurückkehren, an den sie mich gebracht hatten. Hilflos, verloren, zerbrochen.
    Ich wollte nicht, dass einer der Schatten mich
berührte. Nie, nie, niemals wieder.
    Â»Ich werde dich nicht berühren, Mensch. Noch nicht.«
    Â»Bleibt aus meinem Kopf raus.«
    Noch immer hielt ich den Ausweis ausgestreckt,
vielleicht half es ja. »Warum habt ihr mich hierhergebracht?«
    Â»Weil wir deiner bedürfen.«
    Â»Was denn, wollt ihr mir etwa wieder erzählen, wie
wertlos ich eigentlich bin?« Nun ließ ich den Ausweis sinken, bis er vor meiner
Brust baumelte. »Ich kann mich noch gut daran erinnern, wie sich das beim
letzten Mal angefühlt hat, und von der Nummer brauche ich keine Zugabe, vielen
Dank.«
    Das Wesen veränderte durch kleine Wellenbewegungen
seine Form und schlängelte sich durch seinen eigenen Körper, auf dem funkelnde
Lichter tanzten.
    Â»Wollten wir dich zerstören, hätten wir es bereits
getan. Glaube also ruhig, dass du noch von gewissem Nutzen bist.«
    Da mir plötzlich bewusst wurde, wie eiskalt es hier
unten – wo auch immer wir uns gerade befanden – war, verschränkte ich die Arme
vor der Brust. Mein Mantel lag natürlich noch im Aufzug. »Wenn ihr wollt, dass
ich mitmache, müsst ihr mir schon eine etwas genauere Erklärung liefern als
das.«
    Â»Wir könnten in deinen Geist eindringen und dich auf
eine reine Hülle deiner Selbst reduzieren, auf eine Marionette aus Fleisch,
deren Fäden wir allein in Händen halten.« Die Stimme wartete, damit die
Bedeutung dieser Worte bei mir einsinken konnte. »Bitte versuche nicht weiter,
mutig zu sein, und werde wieder zu der erbärmlichen Kreatur, die du nun einmal
bist, wie wir alle wissen.«
    Meine kurzen Fingernägel bohrten sich in meine
Unterarme. »Leckt mich.«
    Das Schattending lachte mit einer Vielzahl fremder
Stimmen, laut und lang, bevor es schließlich fortfuhr: »Dieses Krankenhaus
wurde an einem Ort erbaut, wo sich Kräfte sammeln. Bevor es ein Krankenhaus
wurde, war es eine Kirche. Bevor es eine Kirche wurde, war es eine
Begräbnisstätte. Und davor neigten wahrscheinlich sogar umherziehende
Dinosaurier an diesem Ort die Köpfe vor Trauer.«
    Ich nickte, als würde ich das alles verstehen – aber
eigentlich wollte ich nur, dass diese zerrissene Stimme aufhörte zu reden.
»Und?«, fragte ich, als das letzte Echo verklungen war.
    Â»Unter diesem Land verlaufen Linien, Schwester
Spence. Sie bilden Kanäle für das, was wir als Nahrung betrachten, und führen
es uns hier zu. Für uns sind sie die Entsprechung des Blutkreislaufes, den du
ja so gut kennst.«
    Â»Ihr produziert also weder Sauerstoff noch Nährstoffe
und auch keine Einhörner oder Regenbogen. Ihr seid Schlammfresser, und ihr
produziert nur Scheiße.«
    Wieder stieß der Schatten ein spöttisches Lachen aus.
»Dann betrachte uns eben als Schwamm oder als Parasit oder sogar als Bartenwal.
Was auch immer nötig ist, damit du begreifst.«
    Während die Stimme noch mitten in ihrem Vortrag
steckte, schob ich mir die Finger in die Ohren. Doch dadurch konnte ich nur das
Dröhnen meines Herzschlags besser hören – die Schattenstimme

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