Nightshifted
Patienten zu betreuen.
Diesmal dachte ich daran, anzuklopfen, bevor ich Tis
Tür öffnete.
»Herein«, rief Ti. Er war nicht mehr im Bett, trug
normale StraÃenkleidung und wanderte mit einem Beutel für seine persönlichen
Sachen durch das Zimmer. Sein Outfit bestand aus Jeans und T -Shirt â auf Y4 war die Temperatur fest
geregelt â, und unwillkürlich fiel mir auf, wie knackig sich die Ãrmel des
Shirts um seine muskulösen Oberarme schlossen. Mit einem Kopfschütteln
verpasste ich mir selbst eine Abfuhr; Patienten sollten einfach nichts anderes
tragen als ihre Nachthemden. Sonst war es schwer, im Kopf zu behalten, in
welchem Team sie eigentlich spielten.
»Du packst?«
»Ich komme morgen raus.«
Ich sah mich in dem engen Zimmer um. Die Bilder von
seiner Feuerwehrmannschaft hatte er schon abgenommen. »Rauskommen? Ist das hier
etwa ein Gefängnis?«
Er zögerte kurz und grinste mich dann an. »Nach einem
Monat fühlt es sich so ähnlich an, ja.«
»Der vom County bevorzugte Begriff lautet
âºmedizinisch vertretbare Entlassungâ¹Â«, erklärte ich und malte mit den Fingern
GänsefüÃchen in die Luft, um den Wortlaut zu unterstreichen.
»Dann werde ich morgen eben âºentlassenâ¹, oh
âºSpezial-Schwesterâ¹Â«, erwiderte er und setzte meine Geste gleich zweimal ein.
»Du bist ziemlich gut drauf. Hat dich jemand gefüttert?«, fragte er dann mit
einem schnellen Seitenblick.
Na, das war ja mal eine seltsame Frage. »Ãh ⦠Als ich
reingekommen bin, hatte ich ein Truthahnsandwich, und zum Abendessen werde ich
noch eins â¦Â«
Er hörte abrupt auf, seine Sachen einzusammeln, und
starrte mich einen Moment lang fassungslos an. Dann lachte er laut auf, was
wirklich angenehm klang.
»Was ist denn daran so komisch?«, fragte ich empört
und stemmte die Hände in die Hüften.
»Ich ⦠beim letzten Mal dachte ich, du wärst ein Vampir.
Eigentlich verhältst du dich ja nicht wie einer, aber ich dachte, vielleicht
bist du noch ganz neu â¦Â«
»Was?« Mein Leben wäre zurzeit zwar wahrscheinlich
einfacher, wenn ich einer wäre, aber Mr. Galeman hatte jetzt nicht gerade
besonders appetitanregend auf mich gewirkt. »Nein, ich bin ein Mensch. Ein
rundum fehlbarer Mensch.«
»Zuerst dachte ich das ja auch. Aber dann habe ich
mir überlegt, ob mein Sensor vielleicht spinnt«, erklärte er und tippte sich
dabei an die abheilende Stirn. »Für wen war denn dann die Phiole voll Blut?«
Kurz überlegte ich, ob ich es ihm sagen sollte. Es
wäre wirklich schön, mir mal alles von der Seele zu reden. Aber ⦠es wäre nicht
angemessen gewesen, mich ihm anzuvertrauen, genauso wenig wie es für ihn
angemessen gewesen wäre, sich das anhören zu müssen. Also holte ich tief Luft
und schüttelte den Kopf, als ich den Atem ausstieÃ. »Du bist ein Patient. Und
ich versuche, mich an den Grundsatz zu halten, mit Patienten keine persönlichen
Angelegenheiten zu besprechen.«
Ti warf einen langen Blick auf die Uhr über der Tür.
»Ich werde allerdings nur noch wenige Stunden ein Patient sein.« Er ging um
mich herum, rückte den Stuhl für Besucher zurecht, und setzte sich dann auf
sein Bett. »Und ich muss noch etwas Zeit totschlagen. Wobei ich ja schon tot
bin.«
Dieser schlechte Witz entlockte mir nur ein
Schnauben, doch dann sah ich ihn an. Er meinte es ernst. Wenn ich es ganz
schnell erzählen würde, klang es vielleicht nicht ganz so verrückt. Ich schaute
über die Schulter zu der offenen Zimmertür und streckte dann eine Hand nach
hinten aus, um sie zu schlieÃen.
»Das Blut war für eine Freundin. Die ein Vampir ist«,
fing ich an. Mein Blick wanderte an ihm vorbei zu dem Schatten, den der Monitor
an die Wand warf, und plötzlich fragte ich mich, ob die Schatten uns wohl
belauschten. Aber selbst wenn, würden sie Anna oder mir wohl kaum helfen.
»Und diese Freundin ⦠steckt sie in Schwierigkeiten?«
»In groÃen Schwierigkeiten«, nickte ich. »Und ich
kann sie nicht finden.«
»Möchtest du mir die ganze Geschichte erzählen?«
»Das würde nun wirklich gegen das
Vertrauensverhältnis von Patient und Schwester verstoÃen, ich kann also nicht.«
Seine bernsteinfarbenen Augen musterten mich
eindringlich. »Edie Spence, wenn ein Vampir dich finden
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