Niki de Saint Phalle - Die Lebensgeschichte (optimiert für Tablet-Computer)
Vergnügen bei ihrer Ausführung, und danach fühlt er sich angespornt, selber etwas GröÃeres zu schaffen. Sie lieben es, sich gegenseitig zu verblüffen.
Dann ist es genug
Nikis letztes SchieÃbild wird fast drei Meter hoch und gut sechs Meter breit. Nach dem berühmten Filmmonster nennt sie es »King Kong«. Im Mai 1963 wird es in Los Angeles geschossen. Dann ist Schluss.
»Ich muss aufhören damit«, vertraut sie ihrer Box an.
»Ja, das Gefühl hab ich auch«, erwidert diese zu Nikis Ãberraschung.
»Ich erlebe jedes Mal einen ekstatischen Moment, als bekäme ich beim SchieÃen einen Rausch!«, erklärt sie weiter.
»Ich weiÃ.«
»Das ist herrlich und zugleich teuflisch.«
»Wie eine Sucht?«
»Ja, es fühlt sich an wie eine Sucht. Ich hasse es, von etwas abhängig zu sein.«
»Dann hör auf!«
»Ja, das mach ich jetzt. Ich höre auf.«
»King Kong« vereint die wichtigsten Themen, die Niki in den letzten Jahren bearbeitet hat: Frauen, Kirche, Krieg, Männer, Politik. Als es abgeschlossen ist, ziehen Niki und Jean aufs Land um nach Soisy-sur-Ãcole.
Alle Macht den Nanas!
Bei der Beschäftigung mit dem Thema »Frau« schafft Niki unversehens die Urform einer Fruchtbarkeitsgöttin, die dann ihren Siegeszug durch die Welt antritt.
N iki spürt, dass die Fortsetzung des SchieÃens in einer Sackgasse geendet hätte â auch künstlerisch betrachtet. Sie hält inne und stellt sich der Leere, die nun erst einmal vor ihr liegt. Sie hat ja bereits erlebt, dass sie sich auf ihre INNERE STIMME verlassen kann. Etwas Stille braucht sie allerdings, um ihr auch lauschen zu können. Die hat sie jetzt in Soisy.
»Auberge du Cheval Blanc« (Herberge zum WeiÃen Pferd), so lautet der klingende Name ihres neuen Zuhauses. Es ist ein alter Gasthof in einem kleinen Dorf südlich von Paris. Die groÃe Scheune wird Jeans Atelier â mitsamt dem Hof. Das Erdgeschoss des Gasthofes ist für Niki bestimmt: ein drei Meter hoher Saal, der ihr genügend Platz für neue, groÃe Kunstwerke bietet.
Niki tastet sich voran
Gedankenverloren mustert Niki ihre Kiste mit all dem Plastikzeug, das sie in Massen für ihre Reliefs gesammelt hat: Püppchen, Totenköpfe, Engel, Panther, Flugzeuge, ach ja, die altbekannten Pistolen, Räder, Kegel, Früchte, Autos, Kruzifixe, Blumen, Spinnen, Gummihandschuhe, Vögel liegen darin â alles billiger Kitsch und Tand der Konsumgesellschaft.
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Bild 8
Die drei Grazien , die Göttinnen der Anmut, sind seit Jahrhunderten ein beliebtes Motiv in der Kunst. Niki zeigt sie als pummelige, fröhlich-tanzende Nanas in bunten Badeanzügen.
Es sind diese Figürchen, aus denen Niki ihre Relieffiguren zusammensetzte: Räder kennzeichnen ihre MÃNNER als Technikfreaks, ein Mercedes-Stern nimmt die Stelle des Herzens ein. Und in den aufgerissenen Körpern der FRAUEN klumpen ganze Nester von Püppchen, krabbeln Spinnen herum. Igitt!
Niki schaudert. Und doch sind es die Frauen, merkt sie, die sie durch ihre Kunst jetzt besser begreifen will. WIE sind die FRAUEN und WAS sind sie? Und wie werden sie zu dem, was sie sind? Das möchte sie jetzt klären.
Niki macht sich an die Arbeit und knüpft dort an, wo sie mit ihren Reliefs aufgehört hat. Sie formt weitere aufgebrochene, durch Fremdkörper bevölkerte Frauen. Sie kann es nicht verhindern: Immer wieder drängen sie sich ihr genauso vor ihr inneres Auge! Schutzlos liegt ihr Inneres bloÃ.
Niki reibt sich müde das Gesicht. So, genau so empfindet sie es selbst.
»Wodurch passiert diesen Frauen das?«, fragt sie sich.
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Und unter ihren Händen entsteht eine zarte Braut in einem langen, weiÃen Kleid. Rundum ist sie von einem weiÃen Schleier umgeben, der ihr vollkommen die Sicht verhüllt. Die Hochzeit ist doch der lang ersehnte Moment einer jeden jungen Frau, oder nicht? Um welchen Preis, denn fortan kann diese Frau ihren Weg nicht mehr selbst bestimmen! Hilflos sitzt sie im Damensitz auf einem groÃen Pferd, das â zusammengesetzt aus vielen Dingen â die Welt verkörpert.
Es trägt sie fort und gibt für sie das Ziel vor. Auch sie wird Kinder bekommen â¦
Ein ewiger Kreislauf scheint dies zu sein.
Aber Niki lässt nicht locker und sucht noch nach weiteren, anderen Frauenleben.
Da ist die erfolgreiche
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