Niklas Pettersson - Im Labyrinth der Finsternis (German Edition)
die
Spinnweben im Zauberwald. Sie bebten vor Angst, setzten sich nieder und
hofften, dass ihnen die Gestalten nichts antun würden. Über den Baumwipfeln
wurde der Himmel langsam heller, und die Sonnenstrahlen bahnten sich ihren Weg
durch den dichten Blätterwald. Unerwartet, von einer Sekunde zur nächsten, war
der Spuk vorbei. Die beiden sahen sich vorsichtig um, die Baumgeister waren verschwunden.
„Oh, war das schrecklich“, stöhnte Kimama. „Komm schnell, wir müssen noch
heute ans Ziel kommen. Der Sommer geht zu Ende, und es wird jede Nacht kälter
im Wald.“
„Ich habe so großen Hunger.“, antwortete Niklas kläglich.
„Musst du immer ans Essen denken?“, schimpfte seine Freundin.
„Ich kann nicht anders, ich bin noch im Wachstum. Bleibst du immer so klein?“
Dann setzte er hinzu: „Entschuldige, das war eine dumme Frage.“
„Auch Feen werden mit der Zeit größer, nur langsamer als ihr Menschen. Ich
bin zufrieden, so wie ich bin“, entgegnete sie mit kecker Stimme. „Aber gut,
ich kann dich verstehen. Sieh nur, hier wächst Obst, das es in den anderen
Wäldern gar nicht gibt. Wie riesig das alles ist“, rief sie Niklas zu, der sich
inzwischen von ihr entfernt hatte. Kimama pflückte eine Frucht, die wie eine
übergroße Banane aussah, sie konnte sie kaum festhalten.
„Niklas, hilf mir bitte, ich kann sie nicht alleine halten.“ Da fiel die
Monsterbanane schon mit einem dumpfen Dröhnen auf den Waldboden und zerplatzte.
Er kam angerannt, und gerade, als die beiden von dem Brei probieren wollten,
hörten sie eine Stimme:
„Die Früchte hier im Wald dürft ihr nicht essen, sie sind alle verhext.“
Erschrocken fuhren sie herum. Es war niemand zu sehen, alles war ganz still.
„Wer war das?“, fragte Niklas.
„Keine Ahnung, ich glaube aber, wir lassen es lieber sein“, meinte Kimama.
„Dann werde ich verhungern. Was soll schon passieren, wenn ich ein
kleines Stück probiere, nur ein bisschen.“ Niklas war eigensinnig und streckte
die Hand aus.
„Nein“, erwiderte Kimama energisch. „Du könntest dich in ein wildes Tier
verwandeln und mich fressen.“ Doch es war zu spät. Niklas hatte seinen Finger
mit dem Bananenbrei schon in den Mund gesteckt. Augenblicklich verdrehte er die
Augen und fing an zu jammern.
„Oh Kimama, mein Bauch tut so schrecklich weh. Tu doch etwas.“
„Ich habe dich gewarnt. Was soll ich nun mit dir machen?“ Kimama war
besorgt, wie sollte sie ihrem Freund jetzt helfen. Der krümmte sich und kugelte
sich auf dem Waldboden herum. Auf einmal hatte sie eine Idee. Bei Fistibell,
der Obersten der weisen Feen im Feenschloss, hatte sie viel gelernt. Sie zeigte
ihr im Wald einmal eine Pflanze, die bei einem schlimmen Magen helfen sollte. Fistibell
hatte es ihr genau erklärt:
„Man nehme ein Stück von der Wurzel, zerstampfe sie und gieße kochendes
Wasser darüber. Diesen Tee trinkt man dann in kleinen Schlucken.“ Auf einmal
erinnerte sich Kimama an den Namen der Pflanze: Engelwurz. Während Niklas sich
noch immer vor Schmerzen krümmte, rief sie ihm zu:
„Ich komme gleich wieder.“ Kimama fand die Pflanze im tiefen Wald auf
Anhieb und da die Wurzel zu tief im Waldboden steckte, pflückte sie einige
Blätter ab. Es war Spätsommer, und die Pflanze blühte noch. Auf ihrem dicken
Stiel saß eine große Dolde mit winzigen, hellgrünen Blüten und sie hatte gezackte
Blätter. Da die Fee kein heißes Wasser hatte, um einen Tee aufzugießen, suchte
sie einen flachen Stein und einen Stock. Damit lief sie zu Niklas und hockte
sich neben ihn.
„Das muss helfen“, murmelte sie vor sich hin. Mit dem Stock zerrieb sie
einen Teil des Blattes auf dem Stein, bis ein grüner Brei entstand. Dann nahm
sie eine kleine Menge auf ihren Finger und steckte ihn Niklas in den Mund.
„Ich weiß, das schmeckt widerlich, aber es wird dir bestimmt gleich
besser gehen.“ Niklas schüttelte sich, doch die Bauchschmerzen ließen schnell
nach. Er strich sich über seinen Bauch und meinte:
„Danke Kimama. Nie wieder werde ich etwas essen, das keiner von uns kennt.“
Das hoffe ich, dachte Kimama. Sie zog ihn von den Früchten fort. Niklas hatte
großen Hunger, und das war ein Gefühl, das er früher nie gekannt hatte. Zu
Hause gab es immer eine gute Mahlzeit. Kimama sagte mit sanfter Stimme:
„Komm, wir müssen weiter. Irgendwo gibt es sicher
etwas zu essen für uns, lass uns überlegen, in welche Richtung wir laufen
müssen.“ Angestrengt blickten sie nach allen Seiten.
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