Nikotin
Mund und schönen Augen.
Freddie Dacres unterhielt sich mit Bartholomew Stra n ge.
»In allen Ställen weiß man, was dem alten Ladisbourne fehlt«, sagte er mit seiner hohen Stimme. Er war ein ro t haariger, listiger Mann mit einem gestutzten Schnurrbär t chen und leicht schräggestellten Augen.
Neben Mr Satterthwaite saß Miss Wills, deren Stück von der gesamten Kritik als eine der witzigsten und g e wagtesten Aufführungen der letzten Jahre gerühmt wo r den war. Ein weit fallendes, grünes Chiffonkleid umhüllte ihre magere Gestalt.
»Ich reiste nach Südfrankreich«, erzählte sie, während sie Mr Satterthwaite durch ihre Brille musterte. »Gefallen hat es mir dort nicht. Ich fühlte mich gar nicht heimisch. Trotzdem war es nützlich; die Studien, die ich dort mac h te, kommen ja meiner Arbeit zugute.«
Arme Seele!, dachte Mr Satterthwaite. Verbannt von i h rem geistigen Zuhause… einer Familienpension in Bou r nemouth!
Er staunte über den Unterschied zwischen geschrieb e nen Werken und ihren Autoren. Zuckte bei Miss Wills auch nur der kleinste Funke des kultivierten weltmänn i schen Tones auf, den Anthony Astor dem Stück verli e hen hatte?… Dann aber fielen ihm die blassblauen Augen hinter der Brille auf. Sie waren sehr intelligent und ruhten auf Mr Satterthwaite mit einem wohl wollenden Blick, der ihm leichtes Unbehagen verursachte. Es kam ihm vor, als ob Miss Wills ihn eingehend studierte.
Jetzt goss Sir Charles den Cocktail in die Gläser.
»Ich werde Ihnen einen Cocktail holen.« Zuvorko m mend sprang Mr Satterthwaite auf.
»Bitte, ich habe nichts dagegen einzuwenden«, kicherte Miss Wills.
In diesem Moment öffnete sich die Tür, und das Mä d chen meldete Lady Mary Lytton Gore, Mr und Mrs Ba b bington sowie Miss Lytton Gore.
Rasch versorgte Mr Satterthwaite die Schriftstellerin mit ihrem Cocktail, um sich dann in die Nähe von Lady Mary zu begeben, denn er hatte eine Schwäche für Adelspräd i kate. Doch abgesehen von diesem Snobismus liebte er sanfte, gütige Frauen, und Lady Mary gehörte zu ihnen.
Als Witwe in ärmlichen Verhältnissen zurückgeblieben, war sie mit ihrem dreijährigen Kind nach Loomouth g e kommen und hatte ein kleines Haus gemietet, wo sie sei t her, von einem ergebenen Mädchen betreut, denkbar bescheiden lebte. Mit ihren fünfundfünfzig Jahren sah sie wie eine Sechzigjährige aus. Sie betete ihre Tochter an und war gleichzeitig ihretwegen etwas beunruhigt.
Hermione Lytton Gore, aus unerfindlichen Gründen allgemein als Egg bekannt, hatte wenig Ähnlichkeit mit ihrer Mutter. Viel energischer, war sie, ohne schön zu sein, fraglos sehr anziehend. Das fand auch Mr Sa t terthwaite. Und die Ursache, dachte er, lag in ihrer übe r schäumenden Vitalität. Sie erschien noch einmal so l e bendig wie jeder andere im Zimmer. Etwas in der Art, wie sich das Haar kurz im Nacken kräuselte, etwas in dem geraden Blick der grauen Augen, dem Schnitt der Wa n gen, dem ansteckenden Lachen rief jenen Eindruck u n verwüstlicher, ausgelassener Jugend und Lebenskraft he r vor.
Sie sprach mit Oliver Manders, der gerade eingetroffen war.
»Ich begreife nicht, warum Segeln Sie so sehr langweilt. Früher machte es Ihnen doch Spaß.«
»Egg – meine Liebe, man wird erwachsen«, gab er n ä selnd zurück. Ein junger Mann Mitte zwanzig, vielleicht ein wenig eitel wegen seines guten Aussehens. Überdies lag etwas Fremdartiges, etwas Unenglisches in seinem Wesen.
Außer Mr Satterthwaite beobachtete auch ein kleiner Herr mit eiförmigem Kopf und einem sehr ausländisch wirkenden Schnurrbart den jungen Mann. Mr Sa t terthwaite hatte seine Bekanntschaft mit Monsieur He r cule Poirot erneuert, wobei der Belgier eine überschwän g liche Liebenswürdigkeit bekundete. Überhaupt argwöhnte Mr Satterthwaite, dass er sein Ausländertum absichtlich betonte. Seine kleinen zwinkernden Augen schienen zu sagen: Wie? Ihr erwartet von mir, dass ich den Hanswurst abgebe? Dass ich Komödie für euch spiele? Bien – eure Wünsche sollen erfüllt werden!
Aber jetzt zwinkerten Hercule Poirots Augen nicht. Ernst und ein bisschen traurig blickte er drein.
Der Pfarrer von Loomouth, ein Mann in den Sechz i gern mit freundlichen Augen, gesellte sich zu Lady Mary und Mr Satterthwaite.
»Wir sind sehr glücklich, dass Sir Charles hier bei uns lebt«, vertraute er, seine Schüchternheit überwindend, dem fremden Gast an. »Er hat sich außerordentlich fre i gebig gezeigt, hilfsbereit und freundlich. Einen
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