Nimm dich in acht
der ihn ihr geschenkt hatte. Sie wußte, warum sie an ihn gedacht hatte. Sie war ihm vor genau zwei Jahren begegnet.
Als Pamela den Ring in der Hand hielt, fiel ihr die fast unleserliche Gravur an der Innenseite auf. Sie sah sie sich aus der Nähe an.
»›Du gehörst mir‹«, las sie, halb belustigt, halb entsetzt.
»Ziemlich kraß für die heutige Zeit, findest du nicht auch, Carolyn? Justin hat das hoffentlich nicht ernst gemeint.«
Carolyn erinnerte sich an das Unbehagen, das sie empfunden hatte. »Justin hat keine Ahnung davon. Als wir uns damals für einige Zeit voneinander trennten, hat mir ein Mann den Ring auf dem Kreuzfahrtschiff verehrt. Ich kannte ihn kaum. Aber ich habe mich oft gefragt, was wohl aus ihm geworden ist. In letzter Zeit muß ich öfter an ihn denken.«
Pamela hatte die Hand um den Ring geschlossen, und augenblicklich ging eine merkliche Veränderung mit ihr vor. Ihr Körper versteifte sich, und ihr Gesicht war plötzlich ernst. »Carolyn, dieser Ring hätte der Anlaß für deinen Tod sein können«, sagte sie. »Er kann es immer noch werden. Wer auch immer ihn dir geschenkt hat, er wollte dir schaden.« Dann, als habe sie sich die Hand verbrannt, ließ sie den Ring auf den Couchtisch fallen.
Genau in diesem Augenblick drehte sich der Schlüssel im Schloß, und sie zuckten alle schuldbewußt zusammen wie Schulmädchen, die man bei einem Streich ertappt hat.
In stiller Übereinkunft wechselten sie das Thema. Alle wußten, daß die Trennung für Justin eine Tabuangelegenheit war, und ebenso wußten sie, daß er für Pamelas Deutungen nicht das Geringste übrig hatte.
Carolyn erinnerte sich, wie sie den Ring schnell aufgehoben und in ihre Tasche gesteckt hatte. Dort war er immer noch.
Der Grund für die Trennung vor zwei Jahren war Justins maßlose Eifersucht gewesen, die Carolyn endgültig zuviel geworden war. »Ich kann nicht mit einem Mann zusammenleben, der jedesmal Verdacht schöpft, wenn ich mich ein paar Minuten verspäte«, hatte sie zu ihm gesagt.
»Mein Job, meine Karriere ist mir wichtig, und wenn mich irgendein Problem länger im Büro festhält, muß man sich damit abfinden.«
Als er sie auf dem Schiff anrief, hatte er versprochen, sich zu ändern. Und er hat’s weiß Gott versucht, dachte Carolyn. Er hat die Therapie gemacht. Aber wenn ich mich in diese Sache mit Dr. Susan verwickeln lasse, wird er denken, daß ich etwas mit Owen Adams hatte, und wir stehen wieder ganz am Anfang.
Spontan fällte sie eine Entscheidung. Sie würde die Verabredung mit Susan Chandler nicht einhalten. Statt dessen würde sie ihr das Foto zukommen lassen, das an Bord des Schiffes während der Cocktailparty des Kapitäns aufgenommen worden war, das Foto, auf dem man im Hintergrund Owen Adams sehen konnte. Ihr eigenes Konterfei würde sie von dem Bild abschneiden und es anschließend zusammen mit dem Ring an Susan Chandler schicken. Eine Notiz mit Owens Namen auf schlichtem weißem Papier, dachte sie, dann kann man den Brief nicht zu mir zurückverfolgen. Kurz und bündig.
Wenn es eine Verbindung zwischen Owen Adams und Regina Clausen gab, dann war es Susan Chandlers Aufgabe, sie herzustellen. Es wäre doch lächerlich, wenn sie, Carolyn, schriebe, eine medial begabte Freundin habe behauptet, der Ring sei ein Symbol für den Tod! Das konnte doch niemand ernst nehmen.
5
»Hier ist wieder Dr. Susan Chandler. Ich bedanke mich bei unserem Gast, Dr. Donald Richards, und bei den Zuhörern, die heute dabei waren.«
Das rote Sendelämpchen erlosch. Susan nahm die Kopfhörer ab. »Tja, das war’s«, sagte sie.
Ihr Produzent Jed Geany kam ins Studio. »Meinst du, die Frau hat die Wahrheit gesagt, Susan?«
»Ja. Ich kann nur hoffen, daß sie es sich nicht anders überlegt und zur verabredeten Zeit erscheint.«
Donald Richards verließ das Studio zusammen mit Susan. Er wartete, während sie einem Taxi winkte. Als sie einstieg, sagte er zögernd: »Ich tippe auf eine Chance von höchstens fünfzig zu fünfzig, daß Karen kommt. Wenn ja, würde ich danach gern mit ihnen reden. Vielleicht kann ich helfen.«
Susan verstand selbst nicht, warum sie sich plötzlich ärgerte.
»Mal sehen, was passiert«, sagte sie unverbindlich.
»Mit anderen Worten heißt das – ›halten Sie sich da raus‹«, antwortete Richard leise. »Hoffentlich taucht sie auf. Viel Glück.«
6
Jane Clausen, vierundsiebzig Jahre alt, schaltete in ihrer Wohnung am Beekman Place das Radio aus, dann saß sie lange Zeit da
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