Ninja-Rache
befanden sich in Yakups Besitz, und er hatte beide Dinge sehr gut versteckt.
Auch wenn ihm Shimada die Haut in Streifen vom Körper schneiden würde, das Versteck würde er nie verraten.
Wie immer nach diesem Traum kehrten seine Gedanken in die Vergangenheit zurück. Erdachtedann an sein Kloster, an die Freunde, an ihr Leben, an die Feinde. Viele Stürme und Angriffe hatte es überstanden, und dennoch war die andere Seite schließlich stärker gewesen. Auch Schuldgefühle plagten Yakup. Er hatte Ali damals allein gelassen und war in die Eiswüste des nördlichen Kanada gefahren, um sich auf die Suche nach dem Schwert zu machen.
Ja, er hatte es gefunden, war zurückgekehrt und hatte einen toten Ali wegtragen müssen.
Ich bin schuld. Ich trage die Verantwortung! Wie oft hatten sich diese beiden Sätze in sein Gewissen eingegraben. Solange er lebte, würde er nie darüber hinwegkommen.
Er wußte, daß die Nacht noch nicht beendet war, auch ohne daß er auf eine Uhr schaute. Es mußte ungefähr die vierte Morgenstunde sein, die Natur schlief noch, es war Winter geworden, und eine gewisse Kälte hatte auch in Kalifornien Einzug gehalten. Zwar war in seiner Region kein Schnee gefallen, weiter östlich jedoch, in den richtigen Rockies, hatte sich die weiße Pracht längst ausgebreitet.
Er stand auf.
Nicht müde oder langsam, mit einer ruckartigen Bewegung schnellte er hoch.
Neben seiner Liegematte blieb er stehen, er drehte den Kopf und schaute gegen das schmale Fenster.
Yakup konnte sich eines nicht erklären. Es war das Gefühl der Gefahr, das plötzlich vorhanden war. Einen Grund konnte er nicht nennen, er hatte nichts gesehen, es war einfach nur das Gefühl, von dieser Gefahr umgeben zu sein.
Yakup rührte sich nicht. Er atmete kaum, seine Sinne waren gespannt, auch dann noch, als er sich bückte und das schlichte, aber so mächtige Schwert der Sonnengöttin Amaterasu anhob. Die einzige Waffe, die Shimada Paroli bieten konnte.
Er behielt es nicht in der Hand, band den schmalen Gürtel mit der Scheide um und ließ es darin verschwinden.
Um die anderen Waffen kümmerte er sich nicht. Selbst die Wurfsterne ließ er zurück.
Türen hatte er in sein Haus nicht eingebaut. Er brauchte nur einige Schritte nach vorn zu gehen, um einen anderen Raum zu erreichen. Dort wohnte er, dort befand sich auch der schmale, von ihm gemauerte Kamin, der im Winter Wärme spendete. Jetzt war es abgekühlt. Es roch nach kalter Asche.
Auf dem Boden standen einige Bücher. Eine Waschgelegenheit existierte ebenfalls. Die große Schüssel war mit Wasser gefüllt, das Yakup dem nahen Bach entnahm.
Seine Tür war verschlossen. Er zog sie vorsichtig auf, ohne das Haus zu verlassen. Im toten Winkel stehend, schaute er hinaus und spürte, wie die kalte Luft über sein Gesicht strich.
Es hatte sich in der Nacht stark abgekühlt. Die Temperaturen mußten dicht über der Frostgrenze liegen, aber nicht ein Schauer rann über das Gesicht des Mannes.
Wo lauerte die Gefahr?
Sein Gefühl war nicht verschwunden. Also ging Yakup davon aus, daß sie noch vorhanden war. Sie mußte sich innerhalb der nächtlichen Schatten verbergen, die über der Landschaft lagen, wobei diese in einen leichten Nebeldunst getaucht war, der die Rücken der Berge den Augen des Mannes vorenthielt.
Es gab für ihn keine schlimme oder weniger schlimme Gefahr. Wenn sie vorhanden war, konnte er sie auch als tödlich bezeichnen. Niemand nahm da Rücksicht.
Mit einer geschmeidigen Bewegung drückte er sich durch den Spalt und verließ sein schützendes Haus. Er stand im Freien, schaute sich um, eine Hand auf den Griff des Schwertes gelegt.
Nichts war zu sehen.
Kaum eine Bewegung. Nur der bleiche Dunst bewegte sich lautlos durch das weite Tal.
Es gab keinen Weg, denn Yakup hatte sein Haus inmitten des Geländes gebaut. Er schaute nach Westen. Wenn sich irgendwelche Feinde blicken ließen, dann würden sie von dort kommen, aber auch dort lag die Natur ruhig und erstarrt.
Nichts…
Yakup ging weiter. Nach zehn Schritten blieb er erneut stehen. Jetzt hatte er den Schutz der Tannen verlassen, auf deren Nadeln eine feine Schicht aus Rauhreif lag. Es hatte in der Nacht tatsächlich gefroren. Die Natur schwieg. Bis auf das in der Stille überlaut wirkende Plätschern des Bachlaufs war nichts zu hören.
Yakup hatte den Traum längst verdrängt. Die Vergangenheit existierte nicht mehr, er dachte nur an die Gegenwart und an irgendwelche Feinde im Hintergrund.
Aber wo verbargen
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