Ninja-Rache
Aufmerksamkeit, mit der sie hier in den Staaten empfangen worden waren.
Das floß den Militärs runter wie Öl. Man saß entspannt, hörte zu, aber die Leute mußten auch mitbekommen, wie die Rede allmählich kippte und auf einen bestimmten Punkt zusteuerte.
Es ging um die alte Sache.
Plötzlich stand der Zweite Weltkrieg wieder im Raum. Der Kampf der beiden Völker, der damit endete, daß die Amerikaner die Atombomben auf zwei japanische Städte warfen.
Ein Thema, an das sie sich nicht mehr gern erinnerten. Auch jetzt nicht, obwohl viel Zeit dazwischen lag. Shao sah es ihren Gesichtern an. Einige Zuhörer zeigten sich unangenehm berührt, andere wiederum schon recht ärgerlich.
»Die Toten sind nicht vergessen«, sagte der Sprecher und stand völlig ruhig an seinem Platz. »Wer das glaubt, der irrt. Es gibt in unserem Land Strömungen, die sich dafür einsetzen, daß wir alles besser machen und daß wir auch abrechnen. Die Zeiten der Abrechnung sind da. Wir können nicht länger warten.«
Ein hoher Offizier meldete sich mit ziemlich deutlichen Worten. »Was wollen Sie damit sagen? Wollen Sie das Feuer des Krieges wieder entfachen?«
»Ja!« Die Amerikaner rissen sich noch zusammen, aber ihre Sitzhaltungen spannten sich.
»Da haben wir uns doch verhört, nicht?«
»Nein, das haben Sie nicht«, erklärte der Japaner in seinem gepflegten Oxford-Englisch. »Wir konnten nicht vergessen, was Sie unserer Nation antaten, und wir sind fest entschlossen, zurückzuschlagen und Rache zu nehmen.«
»Was wollen Sie?«
»Rache, Gentlemen. Wir wollen Rache für die Schmach, die man uns angetan hat. Und wir haben den konkreten Weg bereits eingeschlagen. Die Vorbereitungen sind abgeschlossen worden, wir stehen in den Startlöchern, doch nicht nur das. Der Schuß ist bereits gefallen, meine Herren. Hier machen wir den Anfang. Hier — in Fort Presidio.«
Keiner der Amerikaner wußte, ob er lachen oder weinen sollte. Sie wollten die Worte nicht ernst nehmen, und ein General versuchte es mit einer diplomatischen Lösung.
»Ich finde, daß wir unsere Besprechung auflösen sollten. Wir alle scheinen mir doch ein wenig überarbeitet zu sein. Es war für uns ein harter Tag.«
»Sie irren, General!« Die Stimme des kleinen Japaners klang plötzlich schneidend. »Sie sind einem großen Irrtum verfallen, der Countdown läuft längst. Presidio befindet sich bereits in unserem Besitz. Während Sie hier sitzen und mit uns diskutieren, hat sich außerhalb der Mauern längst einiges verändert, denn auch wir haben Helfer. Nur kann man bei ihnen nicht von Soldaten im eigentlichen Sinne sprechen.« Da die Amerikaner unruhig wurden, wechselte er das Thema. »Ich bitte Sie noch um etwas Geduld, meine Herren, weil ich Ihnen gern erklären möchte, wie wir uns den Kampf vorgestellt haben. Nicht mit Panzern, nicht mit Raketen, auch nicht mit Gewehren…«
»Atombomben etwa?« rief Walter Tangy dazwischen.
Sein Einwand klang spöttisch.
»Nein, auch damit nicht.«
»O Gott, wenn das nur gutgeht!« hauchte Julia und schaute ebenfalls durch den Türspalt.
Der Japaner stand noch immer. »Weder durch das eine noch durch das andere. Wir haben uns wieder auf unsere jahrtausendealte Tradition besonnen. Ks gibt die Kraft der Menschen und die der Dämonen. Beide zusammen sind unschlagbar. Deshalb haben nicht nur Menschen dieses Fort in Besitz genommen, sondern auch Dämonen. Ks ist der Tengu, der sich bereits umschaut.«
»Der — was?«
»Kin Tengu ist ein Dämon, den wir wiedererweckt haben. Und ich kann Ihnen versichern, daß er so gut wie unschlagbar ist. Sie werden es kaum schaffen, ihn zu töten. Aber nicht nur auf ihn verlassen wir uns, denn aus den Tiefen zwischen Zeit und Raum wird der Dämon erscheinen, der in seiner Festung die Zeiten durchreist. Es ist Shimada, ein Stück Macht, jemand, bei dem die Tengus gut aufgehoben sind. Der sich mit ihnen angefreundet hat. Seine Festung, die sich laufend verändern kann, wird einmal hier sein und Sekunden später an einem ganz anderen Ort in der Vergangenheit, das ist für ihn kein Problem. Wenn seine Festung auf dem Gelände von Fort Presidio landet und die Tengus freie Bahn haben, kann ich Ihnen versprechen, daß es hier keine Überlebenden geben wird. Presidio ist der Beginn, andere Stellen werden folgen. Japan nimmt endlich seine Rache.«
»Das ist doch Unsinn!« rief der General.
Und Walter Tangy sagte scharf: »Gehen Sie mal zu einem Arzt, der Sie untersucht. Wir lassen uns mit diesem
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