Ninragon – Band 1: Die standhafte Feste (German Edition)
gebrannt wurden. Wie ein Angriff mordlustiger Raubtiere war ihr eigenes Feuer unter die Kinphauren gefahren.
Auric blieb keine Zeit zum Durchatmen. Links und rechts um den Flammenkern vor ihm und den mit dem Feuer Kämpfenden drängten, wälzten sich weitere Angreifer vorbei, schoben die in der Mitte tiefer in die Flammen. Die feindliche Menge war zu groß, um sie wirklich mit ein paar feuerspeienden Kugeln aufzuhalten. Und die letzten würden sie noch brauchen.
Auric sah über die Köpfe und das Toben der Flammen hinweg, dass Jag sie gesehen hatte und seinem Trupp Befehle zubrüllte.
Richtig, Jag, nichts wie hier raus. Zügiger Rückzug in Richtung Fluchtweg. Sonst war‘s das für uns.
Er brüllte den entsprechenden Befehl auch an seine Leute in die heiße Luft hinaus. Die brauchten keine Einladung zum Abrücken; er merkte, wie sie die Reihen schlossen. Es war unheimlich, sie in diesen schwarzen, verhüllenden Panzerungen zu sehen, nur zu unterscheiden an der subtilen Eigenart ihrer Bewegungen und Haltungen, doch war er sich sicher Jenric, Natter und Czand neben sich zu haben. So rückten sie Schritt für Schritt mit der Mauer im Rücken vor dem anstürmenden Feind zur rechten Wallseite zurück. Ein Surren in der Luft. Erstickter Aufschrei. Natter warf es rückwärts. Von einem Armbrustbolzen durchbohrt sank er weg und blieb zurück. Kein Zögern, weiter: Schritt für Schritt zum Wall.
Dann traf sie die Welle des Angriffs.
Erst war es das ganze schreiende Elfenknäuel eines Angriffskeils, das seinen Blick füllte, im nächsten Moment nur noch das Gesicht des einzigen Gegners, der jetzt noch wichtig war: der, der dich umbringen wollte, der, dessen Schwert auf dich einhieb.
Klirrend krachte sein Schwert auf fremden Stahl. In schlechtem, unkoordiniertem Winkel.
Fast im gleichen Moment setzte überall entlang der Reihe das gleiche Klirren von Stahl auf Stahl ein, leicht versetzt, in seiner Regellosigkeit schon wieder gleichförmig, wie Brandungsrauschen gegen eine Küste, ein betäubender, alle Nerven strapazierender Lärm. Auric, das Schwert in mittlerer Warte, schlug nach rechts, schlug nach links aus, überall hin, wo er Stahl auf sich zukommen sah, parierte, teilte aus, schlug zurück, wild und regellos, verlor jeden Gedanken und Überblick, außer, den Schritt beizubehalten, die Reihe geschlossen zu halten. Er war so in wühlender Hitze, er bekam einige leichte Hiebe ab, registrierte ihre Wirkung nicht, alles, was zu ihm durchdrang, war, dass er weiterkämpfen konnte, dass kein Arm, keine Schulter lahm war, dass kein Schmerz ihn durchbohrte, kein Schmerz, der ihn niederstreckte. Das heißt, die Drachenhautrüstung hält , drang es, allmählich aus dem Unterbewusstsein zu ihm hoch.
Ein Kampfgewimmel ohne Schilde. Eine der beschissensten Situationen überhaupt.
Ein auf eine sinnenverwirrend klirrende Weise, taub und stumpf machendes Gewühl. Alles ratterte und zuckte in schneidender Schärfe vorbei wie ein blutiges, mordlüsternes, sinnleeres Kaleidoskop, mit dem sadistisch irren Vorsatz dahinter, deinen Überlebenswillen, deine Aufmerksamkeit zu zermürben. Nur eines zählte: sich nicht der blutigen Sinnlosigkeit zu unterwerfen, nicht darin unterzugehen, sondern alle Energie, allen Überlebenswillen zu äußerster Schärfe geballt nach vorne zu werfen.
Gesichter vor ihm fielen weg, die Wut und den Triumph herausgehackt, neue kamen.
Er brachte keinen sinnvollen, planvollen Hieb zustande, nur wirres Umsichschlagen, um am Leben zu bleiben. Irgendwann bemerkte er, dass er schrie. Und indem er das bemerkte, nahm er mit einem Mal auch das Brüllen wie im Chor um sich herum wahr und registrierte, dass auch all die anderen in der Reihe mit ihm aus voller Kehle brüllten.
Ein Schrei stach plötzlich aus dem Chor heraus. „Dreckskerle!!!!“ Jenric brüllte neben ihm, wie direkt in sein Ohr. Aus den Augenwinkeln nahm er im Schlagabtausch das Blut wahr. Jenric hatte seinen Helm vom Kopf gerissen. Blut sprudelte ihm aus Mund und Nase, rann über sein Kinn herab. Wie ein Besessener stürzte er mit wahnwitzigen Schwerthieben vor, aus der geschlossenen Reihe heraus, in die Reihe des Feindes hinein. „Drecksk–“ Dann kam nur noch ein unverständliches Gurgeln aus seiner Kehle. Eine Klinge traf seinen Kopf, spaltete ihm Ohr und Wange, fraß sich in die Knochen darunter. Sein Schwert sauste im Schwung herab, biss sich tief in die Schulter des Gegners. Diesen Hieb hatte er noch in sich. Diesen letzten Hieb. Dann
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