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Ninragon - Homunkulus

Ninragon - Homunkulus

Titel: Ninragon - Homunkulus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horus W. Odenthal
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wollte die Miliz zu einem Werkzeug gegen die Rebellen umgestalten. Jetzt war es heraus. Kein vager Verdacht mehr, kein Rumoren in ihrem Inneren, kein bloßer sich im Zuge ihres Vorgehens ergebender Konflikt von Interessen. Ein klarer Plan stand dahinter, den sich ihr neuer Hauptmann in den Kopf gesetzt hatte, um sich in der verzweigten Hierarchie der Kinphaurenherrschaft einen höheren Platz zu erkämpfen.
    Die Miliz als Waffe im Kampf der Besatzer gegen die ursprünglichen Herren dieses Landes. Auf der einen Seite die neuen Kinphaurenherrscher in den leeren Hallen auf dem Engelsberg – auf der anderen Seite Einauges Rebellenheer und dessen Handlanger und Sympathisanten, die kleine Armee der Kutte, die dort draußen im Niemandsland noch immer die Sache des Idirischen Reiches mit ihren Guerillaaktionen verteidigte, und dann noch die Freien Scharen, die bald mit diesem, bald mit jenem assoziiert waren, aber vor allem die Kinphaurenheere als ihre Feinde sahen, die ihre selbstgewählte Lebensweise bedrohten.
    Die Miliz wurde dadurch Teil der Phalanxspiele der Herrschenden. Ein Teil des Krieges.
    Das wovon abzuwenden, sie und Khrival sich damals geschworen hatten. Um stattdessen etwas Sinnvolles zu tun und die Unschuldigen zu verteidigen.
    Die Unschuldigen. Die Kinphauren gehörten bestimmt nicht dazu. Schließlich waren sie mit ihrer gewaltigen Invasionsarmee in dieses Land eingefallen. Und jetzt sollte sie deren Arbeit tun? Jetzt sollte sie diese aggressiven Invasoren verteidigen und für deren Zwecke eingespannt werden?
    Wie konnte sie unter diesen Umständen ihr eigentliches Ziel, die Straßen von Rhun sauber zu halten, die Unschuldigen zu schützen, überhaupt noch weiter verfolgen? War das überhaupt noch möglich? Bisher hatte sie das immer gedacht, und deshalb war sie, auch nach dem Herrschaftswechsel, in ihrem Job geblieben.
    Schmutziges Gunwaz von den Straßen bringen, das Menschen in leere, ausgehöhlte wiedergängerähnliche Wracks verwandelte, bevor es sie am Ende schließlich tötete. Eine Substanz angeblich geschaffen von einem Magier des Einen Weges. Den Verbündeten der Kinphauren. Das war eine Aufgabe, für die sie einstehen konnte. Und natürlich pfiff ihr Hauptmann, der Kinphaurenscherge sie genau davon zurück. Vielleicht hatte er gute Gründe. Vielleicht wusste er sogar mehr darüber als sie. Das würde sein Verhalten erklären.
    Sie zog ein Knie an, stützte ihr Kinn in die Hand, schloss für einen Augenblick die Augen. Ihre Finger streiften hoch zur Nasenwurzel, kniffen sie zusammen, massierten dort leicht.
    Was war nur geschehen? Ihre ganzen Ziele und Prioritäten hatten sich heillos verwirrt. Und dazu klebte auch noch das Blut eines Freundes an ihren Händen. Immer wieder tauchte das Bild von Histan vor ihr auf. Wie plötzlich der Bolzen in seiner Stirn verschwunden war. Wie er stumm und tot zu Boden gesunken war.
    Und sie konnte einfach nicht aufhören, sich zu fragen, warum sie das getan hatte. Wie ein Mühlrad lief diese Frage um und um in ihrem Kopf. Und ob sie es wieder tun würde. Es drehte und drehte sich knarrend und unablässig, und sie fand keine Antwort. Sie, die sich immer so sicher gewesen war.
    Als wäre der Untergang einer ganzen Meute nicht schon genug.
    Schattenflackern ließ ihre Aufmerksamkeit aus ihren Gedanken hochfahren. Wolken trieben über die Stadt, gaben kurz die Sonne frei, verhüllten sie dann wieder in schneller Folge. Wie Signalketten von Leuchtfeuern von einem weit entfernten Ort her. Wolkenschatten spülten über sie hinweg, an ihrem Platz hoch oben auf dem Dach.
    Wie eine Welle an einem Strand krochen sie unter ihr über das Relief der Dächer und Türme, Straßenzug um Straßenzug, Viertel um Viertel. Sie folgte mit den Augen ihrem Lauf, ließ sich von ihm dazu verführen ihren Blick in die Ferne schweifen zu lassen, weit hinweg über die Stadt, die sie beschützen wollte, in einem abschätzenden Rund.
    Ganz zu ihrer Linken, weit zum Horizont hin, ragte die helle Kuppe des Engelsbergs über das Dächermeer, mit den Parlamentsgebäuden darauf wie eine dunkle, stachelige Krone.
    Seine linke Seite wurde für sie verborgen von den Zinnen der Aidiras-Kathedrale, fast in Deckung mit einer anderen Formation von Türmen davor, denen eines Kastells, dem ehemaligen Stammsitz einer Adligenfamilie. Es war die Druvernsburg, das Hauptquartier der Miliz. Dahinter die wuchernde Masse der Gans mit dem Fluss dahinter, dem wimmelnden Gewirr des Gänsebauchs zur Rechten hin. Wenn

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