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Nobels Testament

Nobels Testament

Titel: Nobels Testament Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liza Marklund
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des Anrufbeantworters, sah die Nachtbeleuchtung der Stadt vor den Autofenstern vorüberfliegen. Sie räusperte sich. Sie musste ihm mitteilen, was geschehen war, musste ihn wissen lassen, dass seine Kinder wohlauf waren.
    Denn er war nicht da gewesen.
Er war nicht da gewesen.
    Sie hatte allein zurechtkommen müssen. Er hatte sie verlassen, und sie hatte sich und die Kinder allein retten müssen.
    Das Taxi passierte Roslagstull und hatte das Zentrum von Stockholm erreicht.
    Sie legte auf.
    Schwer atmend und mit schweißnassen Handflächen näherte sich das Kätzchen der Passkontrolle. Sie hasste dieses verdammte Land. Sogar der Flughafen strahlte diese Hybris aus: menschenleer, farblos und effektiv wie üblich.
Arlanda,
was war das für ein bescheuerter Name für eine Landebahn? Ein falsch buchstabiertes
Air Landing
oder was?
    Sie hatte versucht, vernünftig zu bleiben. Sie hatte begriffen, dass möglicherweise nicht die geografischen Gegebenheiten das Problem darstellten. Natürlich hatte es mit ihr selbst zu tun, das war in letzter Konsequenz ja immer so. Sie war ihren Stationen nicht konsequent genug gefolgt, und nun war es schiefgegangen.
    Die Leute hatten Schuld, ganz einfach.
    Die Bullen in diesem Land waren wirklich nicht normal. Sie saßen in ihren ekelhaften kleinen Büros und erledigten ihre beschissenen kleinen Aufgaben, als gälte es ihr Leben. Sie scheuten nicht vor aufwendigen Methoden und umstrittener Technik zurück. Das war so verdammt ärgerlich!
    Und auf der anderen Seite war diese verteufelt gesetzestreue und aufmerksame Bürgerschaft. Sahen sie einen Überfall, wurde er gemeldet, gewissenhaft und wachsam. Sie riefen Vater Staat an, sobald sie etwas
Auffälliges
sahen, diese Scheiß-Loser. Mitten in der verdammten Einsamkeit gingen sie nachts mit ihrem Pudel spazieren und riefen den Onkel Schutzmann an und erstatteten Bericht. Dass sie es mit sich selbst aushielten!
    Aber am schlimmsten von allen war die kleine Heldin, die ach so wichtige Reporterin. Rekordverdächtig! Wie gut sie sich auf Details verstand. Sie war ja so fantastisch genau und mitteilsam.
    Sie hatten sie also identifiziert,
fine!
Viele ihrer Schutzwälle waren damit gebrochen, aber nicht alle. Die Schäden waren groß, aber nicht irreparabel.
    Die Schlange an der Passkontrolle bewegte sich stoßweise und langsam. Sie seufzte, stellte ihr Handgepäck neben sich und kontrollierte die Dose in ihrer Tasche (sie sorgte immer dafür, das Döschen griffbereit zu haben, wenn sie in die Nähe von Beamten kam).
    Die kleine Reporterin würde nichts mehr berichten.
    Das Kätzchen versuchte, die Ruhe und die Zufriedenheit heraufzubeschwören, die sie sonst immer verspürte, wenn sie einen Job erledigt hatte, aber das Gefühl wollte sich nicht einstellen. Brandschatzen war meilenweit unter ihrem Niveau. Als Werkzeug viel zu stumpf und zu sehr vom Zufall abhängig.
    Obwohl es dieses Mal gut geklappt hatte, lupenreine Cocktails –
smack –
in die Betten der Kinder. Sie hatte das Haus beobachtet, bis es komplett Feuer gefangen hatte und die flotten Jungs von der Feuerwehr aufgetaucht waren. Die Haustür war nicht geöffnet worden, niemand war aus den Fenstern der brennenden Zimmer gesprungen. Der Krankenwagen hatte keine rauchvergifteten Kinder abtransportiert.
    Jetzt hast du deine Lektion gelernt,
bitch,
dachte sie.
    Und dennoch konnte sie sich nicht entspannen. Es gab letztlich keinen Grund zur Sorge. Ihr russischer Reisepass war so echt, wie ein falscher Pass nur sein konnte. Außerdem hatte sie ihn erst einmal benutzt. Sie musste eigentlich nicht befürchten, dass jemand ihre russische mit ihrer wahren Identität in Verbindung brachte.
    Jetzt keine Hirngespinste, dachte sie.
    Die Wohnung an der Costa del Sol war beschlagnahmt worden, ebenso die Villa in der Toskana (Letzteres war egal, sie war sowieso nicht gern dort, die Italiener waren genauso schissig wie die Schweden). Sie brauchte keinen Gedanken daran zu verschwenden, dass sie jemals wieder zurück nach Hause konnte, auf das Gut in der Nähe von Boston. Aber sie hatte noch ihre Schweizer Konten und das Zimmer im Pensionat im Bekaatal. Der Libanon war ein wunderschönes Land, eigentlich gefiel es ihr dort am besten, sie musste sich nicht leidtun, kein bisschen.
    Jetzt war sie an der Reihe. Sie rückte die Brille auf der Nase zurecht und schob ihren Pass unter der Glasscheibe durch, lächelte und versuchte gelangweilt auszusehen.
    Los jetzt, damit das auch erledigt ist.
    Die Polizistin auf

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