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Noble House 02 - Gai-Jin

Noble House 02 - Gai-Jin

Titel: Noble House 02 - Gai-Jin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Clavell
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ausstrahlte, sehr pariserisch, Unschuld und Jugend überlagert von einer spürbaren, ständigen, wenn auch unbewußten Sinnlichkeit, die befriedigt werden wollte. Und dies in einer Welt der Männer ohne mannbare Frauen, viele von ihnen steinreich, doch ohne große Hoffnung, in Asien eine Frau zu finden, und ganz gewiß nicht eine wie sie. »Achten Sie nicht auf die Eingeborenen, Angélique«, flüsterte er ihr zu, »die fühlen sich durch uns nur eingeschüchtert.«
    Sie lächelte. Und neigte den Kopf wie eine Monarchin. »Merci, M’sieur, vous êtes très gentil.«
    Struan war überaus zufrieden und inzwischen sehr, sehr sicher. Das Schicksal, Joss, hat uns zusammengeführt, dachte er freudig erregt und überlegte schon, wann er ihren Vater um ihre Hand bitten wollte. Warum nicht Weihnachten? Im Frühling könnten wir dann heiraten und im Großen Haus auf dem Peak in Hongkong leben. Mutter und Vater lieben sie schon jetzt, das weiß ich, mein Gott, ich hoffe, es geht ihm wirklich besser. Wir werden eine riesige Weihnachtsparty geben, die schönste von allen…
    Sobald sie auf der Straße waren, kamen sie gut vorwärts und achteten darauf, den Verkehr nicht zu behindern. Doch ob sie wollten oder nicht, sie verursachten immer wieder Verkehrsstauungen, denn die große Mehrheit der ungläubig starrenden Japaner hatte noch nie Menschen dieser Größe, Gestalt und Farbe gesehen, noch nie Zylinder und Gehröcke, Röhrenhosen und Reitstiefel, Reitkleid und Damenhut mit kecker Feder, noch nie einen Damensattel…
    Canterbury und Struan ließen nicht ab, die Straße aufmerksam zu beobachten, während die Entgegenkommenden an ihnen vorbei- und um sie herumströmten, ihnen dabei jedoch immer genügend Platz zum Weiterreiten ließen. Keiner der beiden Männer witterte oder erwartete Gefahr. Angélique hielt sich dicht neben ihnen, versuchte das Gelächter und das Gestarre und die gelegentliche Hand zu ignorieren, die sie zu berühren versuchte, und war schockiert darüber, wie viele Männer achtlos ihren Kimono schürzten und dabei dürftige Lendentücher und eine Menge Nacktheit entblößten. »Liebste Colette, Du wirst es nicht glauben«, setzte sie in Gedanken den Brief an ihre beste Freundin in Paris fort, den sie am Abend zu beenden gedachte, »aber der größte Teil der Unmengen von Lastträgern auf der öffentlichen Straße trägt nur diese winzigen Lendentücher, die vorn so gut wie gar nichts verhüllen und hinten zwischen den Gesäßbacken zu einer dünnen Schnur werden! Das ist die Wahrheit, ich schwöre es dir, und ich kann berichten, daß viele Eingeborene ziemlich behaart sind, obwohl die meisten ihrer Glieder klein sind. Ich frage mich, ob Malcolm…«
    Sie spürte, wie sie errötete. »Die Hauptstadt, Phillip«, fragte sie, um Konversation zu machen, »stimmt es, daß sie verboten ist?«
    »Nicht laut Vertrag.« Tyrer war hocherfreut. Schon nach wenigen Minuten hatte sie das M’sieur weggelassen. »Der Vertrag sieht vor, daß alle Gesandtschaften in Edo, der Hauptstadt, etabliert sein müssen. Wie ich hörte, haben wir Edo letztes Jahr nach dem Überfall auf unsere Gesandtschaft verlassen. Weil es in Yokohama, im Schutz der Schiffsgeschütze, sicherer ist.«
    »Überfall? Was für ein Überfall?«
    »Ach, von ein paar Wahnsinnigen, die ronin genannt werden – das sind so eine Art Banditen, Mörder. Ein Dutzend von ihnen hat unsere Gesandtschaft mitten in der Nacht überfallen. Die britische Gesandtschaft! Eine Unverschämtheit! Diese Teufel haben einen Sergeant und einen Wachtposten umgebracht …«
    Er unterbrach sich, weil Canterbury von der Straße abbog, sein Pferd zügelte und mit der Reitgerte nach vorn zeigte. »Sehen Sie, da!«
    Sie hielten neben ihm. Jetzt sahen sie die hohen, schmalen Banner über den Reihen der Samurai, die ihnen in einer Entfernung von einigen hundert Metern um eine Biegung herum entgegenmarschiert kamen. Sämtliche Reisenden stoben auseinander, Bündel und Sänften wurden abseits des Weges hastig fallen gelassen, Reiter saßen eilig ab, und dann knieten alle – Männer, Frauen und Kinder – am Straßenrand nieder, neigten den Kopf bis auf den Boden und verharrten regungslos. Nur einige Samurai blieben stehen. Doch als die Kolonne vorüberzog, verneigten auch sie sich ehrfürchtig.
    »Wer ist das, Phillip?« erkundigte sich Angélique aufgeregt. »Können Sie die Schrift entziffern?«
    »Noch nicht, tut mir leid, M’selle. Es heißt, daß man Jahre braucht, um ihre Schrift lesen

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