Noble House 02 - Gai-Jin
hatte; jede brannte etwa eine Kerze lang – fast zwei Stunden. Die Zündschnüre bestanden aus Baumwollkordel, imprägniert mit einer Schießpulverlösung und dann getrocknet. Die beiden restlichen Bomben rüstete er mit Zündschnüren aus, die halb so lange brannten.
Ein letzter Blick zum Himmel. Der Wind trieb Wolken vor sich her. Gut. Er nahm zwei Bomben mit langen Zündschnüren, schlüpfte durch die geheime Tür im Zaun in den Garten der Drei Karpfen und schlug den Weg zum südlichsten Gartenhaus ein, das wie alle anderen auf halbmeterhohen Pfosten stand. Vorsichtig kroch er unter das Haus. Mit einem Feuerstein setzte er die Zündschnur in Brand; der Wind verschluckte das Geräusch. Die Zündschnur fing Feuer. Über sich hörte er die Schritte einer Frau und erstarrte. Er hörte, wie eine Shoji-Tür geöffnet wurde. Nach einem Augenblick schloß sie sich wieder.
Er häufte herumfliegende Blätter auf die glimmende Zündschnur, bis sie fast völlig bedeckt war. Dann war er wieder fort, ein Schatten unter Schatten – und duckte sich ins Gebüsch, als er einen Gai-Jin den Pfad herunterkommen sah. Der Mann ging vorbei, ohne ihn zu bemerken. Dann rannte Takeda zum Hauptgebäude, unter dem er einen weiteren Brandsatz anbrachte.
Jetzt zurück durch den Zaun. Er wartete, bis eine beleibte alte Dienerin vorbeigewatschelt war, erreichte das Versteck und nahm die letzte der Bomben mit langer Zündschnur an sich. Dann hastete er wieder davon, setzte die Zündschnur in Brand und legte die Bombe unter sein eigenes Haus. Über sich hörte er Akimoto schnarchen. Takeda lächelte zufrieden. Ein letztes Mal huschte er zu dem Versteck zurück. Bislang entsprach alles Oris Plan. Hiraga war von den Gai-Jin angesteckt, und Akimoto auch. Er selbst aber war das nicht. Er würde es allein machen.
Mit den restlichen Bomben huschte er durch den Garten, kletterte über einen Zaun in den nächsten und dann in den übernächsten. Als er den Brunnen erreichte, kletterte er rasch hinein. Keine Gefahr, daß Hiraga unten war.
Als er in Sicherheit war, atmete er freier und zündete die Öllampe an. Unordentlich lagen Hiragas wenige Habseligkeiten herum. Katsumatas Rucksack mit den Bomben in Metallhülsen fand er unter einer Decke. Er packte seine eigenen beiden Bomben dazu, schulterte den Rucksack und eilte den Tunnel entlang. Bald lag die Wasserbarriere vor ihm. Rasch schlüpfte er aus den Kleidern und band sie zu einem Bündel zusammen.
Das eiskalte Wasser ließ ihn nach Luft schnappen. Als er den engsten Teil erreichte, wo die Decke dicht über dem Wasser lag, hatte sein Kopf gerade noch Platz, und das Wasser reichte ihm nicht ganz bis ans Kinn. Mühsam schaffte er es, die Lampe und den Ranzen über Wasser zu halten. Auf der anderen Seite zog er sich hastig an, zitternd und fluchend. Er hatte noch so viel zu tun. Doch das spielte keine Rolle, er hatte angefangen. Bald würde er fertig sein und dann für alle Zeit leben. Sein glühender Eifer wärmte ihn und vertrieb die Kälte.
Am anderen Ende des Tunnels, wo Eisenstangen aufwärts führten, hielt er inne, um Atem zu schöpfen. Das letzte Stück. Einmal rutschte er aus und wäre beinahe gefallen, aber er konnte sich gerade noch fangen und hielt sich fest, bis sein rasender Herzschlag sich beruhigt hatte. Weiter nach oben. Mit großer Vorsicht schob er den zerbrochenen Deckel beiseite und spähte hinaus. Das Niemandsland lag verlassen. In Drunk Town herrschte noch Betrieb, er hörte vereinzeltes Gejohle. Ein paar Männer taumelten, von Hunden verbellt, durch die nicht weit entfernten Gassen.
Drunk Town lag südlich vom Dorf und der Niederlassung, die sich in Nord-Süd-Richtung an die Küste schmiegte, die Yoshiwara lag südlich von Drunk Town. Ori und später Katsumata und Hiraga hatten geplant, wo man die Brandsätze anbringen mußte, damit der Südwind die Flammen vor sich hertrieb und diese alles verzehrten, was ihnen im Weg lag.
Er ließ den Rucksack im Unkraut zurück und versteckte eine der Bomben mit kurzer Zündschnur an einem verfallenen Lagerhaus, die andere hinter einem Schuppen. Schuttbrocken verbargen die rauchenden Zündschnüre.
Als er eilig zurücklief, um die restlichen Bomben zu holen, mußte er sich rasch hinter einen Abfallhaufen ducken, um sich zu verstecken. Aus dem Dorf näherte sich eine Militärpatrouille auf ihrer nächtlichen Runde. Ihr Weg führte von der britischen Gesandtschaft aus durch die High Street, das Dorf, über das Niemandsland nach Drunk Town
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