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Emilia Galotti

Emilia Galotti

Titel: Emilia Galotti Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gotthold Ephraim Lessing
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Erster Auftritt
    DER PRINZ, an einem Arbeitstische, voller Briefschaften und Papiere, deren einige er durchläuft
    Klagen, nichts als Klagen! Bittschriften, nichts als Bittschriften! - Die traurigen Geschäfte; und man beneidet uns noch! - Das glaub' ich; wenn wir allen helfen könnten: dann wären wir zu beneiden. - Emilia? (indem er noch eine von den Bittschriften aufschlägt, und nach dem unter-schriebnen Namen sieht) Eine Emilia? - Aber eine Emilia Bruneschi - nicht Galotti. Nicht Emilia Galotti! -Was will sie, diese Emilia Bruneschi? (Er lieset) Viel gefodert; sehr viel. - Doch sie heißt Emilia. Gewährt! (Er unterschreibt und klingelt; worauf ein Kammerdiener hereintritt) Es ist wohl noch keiner von den Räten in dem Vorzimmer?
    DER KAMMERDIENER.Nein.

    4
    DER PRINZ. Ich habe zu früh Tag gemacht. –
    Der Werke Morgen ist so schön. Ich will ausfah-ren. Marchese Marinelli soll mich begleiten.
    Laßt ihn rufen. (Der Kammerdiener geht ab) -
    Ich kann doch nicht mehr arbeiten. - Ich war so ruhig, bild' ich mir ein, so ruhig - Auf einmal muß eine arme Bruneschi, Emilia heißen; - weg ist meine Ruhe, und alles! -
    DER KAMMERDIENER(welcher wieder herein
    tritt).
    Nach dem Marchese ist geschickt. Und hier, ein Brief von der Gräfin Orsina.
    DER PRINZ. Der Orsina? Legt ihn hin.
    DER KAMMERDIENER.Ihr Läufer wartet.
    DER PRINZ. Ich will die Antwort senden; wenn es einer bedarf. - Wo ist sie? In der Stadt? oder auf ihrer Villa?
    DER KAMMERDIENER.Sie ist gestern in die
    Stadt gekommen.
    DER PRINZ. Desto schlimmer - besser; wollt'
    ich sagen. So braucht der Läufer um so weniger zu warten. (Der Kammerdiener geht ab) Meine teure Gräfin! (bitter, indem er den Brief in die Hand nimmt) So gut, als gelesen! (und ihn wie-5
    der wegwirft) - Nun ja; ich habe sie zu lieben ge-glaubt! Was glaubt man nicht alles? Kann sein, ich habe sie auch wirklich geliebt. Aber - ich ha-be!
    DER KAMMERDIENER(der nochmals herein
    tritt). Der Maler Conti will die Gnade haben --
    DER PRINZ. Conti? Recht wohl; laßt ihn he-reinkommen. - Das wird mir andere Gedanken in den Kopf bringen. - (Steht auf)

Zweiter Auftritt
    (Conti. Der Prinz)

    DER PRINZ. Guten Morgen, Conti. Wie leben Sie? Was macht die Kunst?
    CONTI. Prinz, die Kunst geht nach Brot.
    DER PRINZ. Das muß sie nicht; das soll sie nicht, -in meinem kleinen Gebiete gewiß nicht. -
    Aber der Künstler muß auch arbeiten wollen.
    CONTI. Arbeiten? Das ist seine Lust. Nur zu viel arbeiten müssen, kann ihn um den Namen Künstler bringen.

    6
    DER PRINZ. Ich meine nicht vieles; sondern viel: ein weniges; aber mit Fleiß. - Sie kommen doch nicht leer, Conti?
    CONTI. Ich bringe das Porträt, welches Sie mir befohlen haben, gnädiger Herr. Und bringe noch eines, welches Sie mir nicht befohlen; aber weil es gesehen zu werden verdienet -
    DER PRINZ. Jenes ist? - Kann ich mich doch kaum erinnern -
    CONTI. Die Gräfin Orsina.
    DER PRINZ. Wahr! - Der Auftrag ist nur ein wenig von lange her.
    CONTI. Unsere schönen Damen sind nicht alle Tage zum Malen. Die Gräfin hat, seit drei Mo-naten, gerade Einmal sich entschließen können, zu sitzen.
    DER PRINZ. Wo sind die Stücke?
    CONTI. In dem Vorzimmer: ich hole sie.

Dritter Auftritt
DER PRINZ
    Ihr Bild! - mag! - Ihr Bild, ist sie doch nicht selber. - Und vielleicht find' ich in dem Bilde wie-7
    der, was ich in der Person nicht mehr erblicke. -
    Ich will es aber nicht wiederfinden. - Der be-schwerliche Maler! Ich glaube gar, sie hat ihn bestochen. -Wär' es auch! Wenn ihr ein anderes Bild, das mit andern Farben, auf einen andern Grund gemalet ist, - in meinem Herzen wieder Platz machen will; - Wahrlich, ich glaube, ich wär' es zufrieden. Als ich dort liebte, war ich immer so leicht, so fröhlich, so ausgelassen . -
    Nun bin ich von allem das Gegenteil. - Doch nein; nein, nein! Behägli-cher, oder nicht be-häglicher: ich bin so besser.

Vierter Auftritt
    (Der Prinz. Conti, mit den Gemälden, wovon er das eine verwandt gegen einen Stuhl lehnet) CONTI (indem er das andere zurecht stellet).
    Ich bitte, Prinz, daß Sie die Schranken unserer Kunst erwägen wollen. Vieles von dem Anzüglichsten der Schönheit liegt ganz außer den Grenzen derselben. - Treten Sie so! -
    DER PRINZ (nach einer kurzen Betrachtung).
    Vortrefflich, Conti; - ganz vortrefflich! - Das gilt 8
    Ihrer Kunst, Ihrem Pinsel. - Aber geschmeichelt, Conti; ganz unendlich geschmeichelt!
    CONTI. Das Original schien dieser Meinung nicht zu sein. Auch ist es in der Tat nicht mehr geschmeichelt, als

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