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Noch einmal leben

Noch einmal leben

Titel: Noch einmal leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg
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Machtexpansion ansah.
    Sollte sie doch schimpfen, so viel sie wollte, dachte sich Roditis.
    Die Hure kann mir nichts anhaben, gar nichts.
     
    Noyes, der noch immer in der Dunkelheit kauerte, stellte überrascht fest, daß Lichtstrahlen zu ihm vordrangen. Die plötzliche Helligkeit, die von oben auf ihn herabströmte, bewies ihm, daß der Deckel zerbrochen war, der ihn vor der Welt isoliert hatte. Er streckte sich und entdeckte, daß er den Deckel heben konnte.
    Was war geschehen? Warum verlor Kravchenko die Kontrolle über ihn?
    Eine unbestimmte, vielleicht sogar endlose Zeitspanne hatte Noyes zusammengekauert in einer Ecke seines eigenen Bewußtseins gelegen – als Kravchenkos Gefangener. Keine sinnlichen Wahrnehmungen hatten ihn hier erreicht. Er war total von der Außenwelt abgeschnitten gewesen. Und Charles hatte angenommen, daß Kravchenko schließlich auch in diese letzte Ecke vorstoßen und ihn endgültig vernichten würde. Zuerst verlor man die motorischen Kontrollen, dann verlor man den Zugang zu den Willens- und Entscheidungszentren des Gehirns, schließlich wurde man von allen Kontakten getrennt, und der Dybbuk hatte den Körper allein für sich. Freudlos hatte Charles sein Schicksal erwartet. Er konnte jetzt noch nicht verstehen, was vorgefallen war. Aber offensichtlich hatte Kravchenko die Zügel aus der Hand gegeben.
    Noyes stürmte aus seinem Gefängnis und strömte in jede Zelle seines Gehirns zurück.
    Er traf dabei auch auf Kravchenko. Das Fremdbewußtsein schien betäubt und wehrlos, wie in einem Nebel verloren. Es war ein leichtes für Charles, die sensorischen und motorischen Kontrollen zurückzugewinnen.
    Er öffnete die Lider und sah sich um. Er lag auf einem Operationstisch, Geräte waren an seinem Kopf und seiner Brust angeschlossen und Techniker hantierten um ihn herum.
    „Er kommt wieder zu sich“, sagte einer von ihnen. Noyes glaubte zuerst, er befände sich in der Seelenbank. Dann aber erkannte er die Umgebung wieder: das war Rodits’ Zentrale in Indiana. Was hatten diese Leute mit seinem Körper angestellt, daß er jetzt so unerwartet die Kontrolle wiedergewonnen hatte?
    Ein Techniker sagte: „Sie sehen ein bißchen durcheinander aus, Mr. Noyes. Ist alles in Ordnung?“
    „Ich – nun, mehr oder weniger ist alles in Ordnung“, sagte Charles. Dann richtete er sich auf. Es fiel ihm gar nicht schwer, seinen Körper zu bewegen. Das machte ihm Mut. So viel Zeit konnte seit Kravchenkos Übernahme nicht vergangen sein, wahrscheinlich war heute erst der Tag nach St. Johns Ermordung. Gemäß Roditis’ Plan sollte er nach Evansville zurückkehren, um alle Erinnerungen an das Verbrechen löschen zu lassen. Offenbar war das hier im Operationssaal vorgenommen worden.
    Aber wenn die Erinnerung daran in mir gelöscht wurde, wie kommt es dann, daß ich immer noch von dem Mord weiß?
    Er mußte sich äußerst vorsichtig bewegen, bis er von seiner Umgebung erfahren konnte, was vorgefallen war. Etwas ganz und gar Merkwürdiges war geschehen, und er mußte aufpassen, daß er sich durch nichts verriet.
    Roditis kam mit mürrischer Miene und voll innerer Anspannung herein. Als er Noyes sah, hellte sich sein Gesicht jedoch wieder auf, und er sagte: „Na, Charles, wie ist es denn so gegangen?“
    „G-ganz gut“, sagte Noyes. „Meine Ohren klingeln vielleicht etwas zu stark.“
    „Es heißt, daß man nach so einer Behandlung manchmal einen Kater hat.“ Roditis entließ die Techniker mit einer ungeduldigen Handbewegung. Seine Miene wurde wieder ernst. „Hast du schon das Neueste gehört, Charles? Martin St. John wurde letzte Nacht in New York ermordet.“
    Das sollte wohl ein Test sein, wie gut die Löschung funktioniert hatte.
    „St. John? St. John? Ich fürchte, ich kann im Moment mit dem Namen nichts anfangen.“
    „Ein Engländer. Der Geist von Paul Kaufmann ist ihm eingepflanzt worden. Das weißt du doch noch, oder?“
    „Ich kann ihn immer noch nicht einordnen. Ermordet, sagst du? Hat die Polizei denn schon eine Ahnung, wer das getan hat?“
    „Das bezweifle ich“, sagte Roditis. „Die armselige Polizei hinkt immer drei Längen hinter den Verbrechern her. Es ist sehr schwierig, dem Gesetz genüge zu tun, wenn ein Mörder alles Wissen um seine Schuld aus seinem Gedächtnis löschen lassen kann. Übrigens, Charles, wo hast du denn in der vergangenen Nacht gesteckt?“
    Jetzt hieß es vorsichtig sein. Verzweifelt improvisierte Noyes: „Wenn du es unbedingt wissen willst, John, ich war

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