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Noch einmal leben

Noch einmal leben

Titel: Noch einmal leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg
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daß dieses Band irgendetwas mit Onkel Paul zu tun hat.“
    „Möchtest du eine Kostprobe?“
    „Ich? Meinst du damit etwa eine zeitlich begrenzte Transplantation?“
    „Ich gebe dir dreißig Sekunden von Onkel Paul“, bot Santoliquido an. „So als wolltest du ein neues transplantiertes Bewußtsein kaufen. Danach kannst du selbst entscheiden, ob dein Onkel auf dem Band ist oder nicht. Komm mit. Hier hinein.“
    Sie betraten einen kleinen Raum mit indirekt beleuchteten Wänden. Er enthielt einen verstellbaren Liegesitz, ein Mischpult und eine Reihe verzierter Bildschirme. Santoliquido nahm das Band aus der Kassette und spulte es in einen Bildschirm ein. Er gab Kaufmann mit einer Kopfbewegung zu verstehen, sich in den Liegesitz niederzulassen.
    Jetzt befanden sie sich also in einer Probierzelle. Die Anlage wurde nur für Proben, Tests und Überprüfungen benutzt. Kaufmann würde kein neues Bewußtsein eingepflanzt bekommen, nicht einmal für kurze Zeit. Der Direktor wollte ihn lediglich an die aufgezeichneten Gedankengänge seines verstorbenen Onkels anschließen und ihn eine halbe Minute in ihnen herumschwimmen lassen.
    Angespannt und ein wenig fröstelnd beobachtete Kaufmann, wie Santoliquido die Bildschirme justierte und ihm kalte Elektroden auf der Stirn befestigte. Der bullige Mann wirkte ganz gelassen. Er hat das sicher schon einmal selbst ausprobiert, dachte Kaufmann. Sicher war es kein reines Vergnügen für ihn. Ein bernsteinfarbenes Warnlicht leuchtete auf. Santoliquido kippte einen Schalter.
    Mark Kaufmann zuckte im ersten Moment zusammen, als sein Onkel in sein Gehirn eindrang.
    Es war die reine Folter, eine Lawine, eine Springflut. Onkel Paul stürmte mit aller Macht durch seine Synapsen. Zuerst kam eine Woge brutaler Sinnlichkeit; dann ein plötzlicher Stich im Magen; dann eine Folge von präzisen, blitzschnellen und alles einbeziehender Kalkulationen über den Ankauf, die Wiedervermietung und Abschreibung eines vier Quadratmeilen großen Grundstücks in den nördlichen Vororten von Shanghai. Darüber lag eine Schicht von Erwägungen zur Kaufmann-Familie, eine Brutstätte von Intrigen und giftigen Interpretationen bezüglich der näheren und nächsten Verwandten. In den ersten zehn Sekunden des Kontakts mit der Seele seines Onkels fürchtete Mark, sein Gehirn würde ausbrennen. Im nächsten Drittel kämpfte er um sein Gleichgewicht, wie ein Mann, der sich in der rauhen Brandung erheben will und immer wieder in den Sand geworfen wird. In den letzten zehn Sekunden hatte er dieses Gleichgewicht gefunden. Er erwarb neue Fähigkeiten und entdeckte eine innere Stärke, die er sich zuvor nicht zugetraut hätte. Er begriff, daß er seinem verstorbenen Onkel als gleicher begegnen konnte. Der alte Mann besaß den Vorteil der größeren Lebenserfahrung; aber über mehr Kraft verfügte er eigentlich nicht. Die Eigenschaften der Kaufmanns waren vom Onkel auf den Neffen übertragen worden, so wie im Mittelalter der Adelstitel vererbt und weitergegeben worden war. Trotz der ungestümen Macht von Pauls unbezwingbarem Geist, wußte Mark, daß er immer mit ihm fertig werden konnte, wenn er das nur wollte.
    Der Kontakt brach ab.
    Kaufmann öffnete die Augen. Er nahm die Elektroden ab und legte die Finger an die Schläfen. Phantomtransaktionen tanzten durch seinen Kopf – die Börsenspekulationen, Grundstücksbewegungen, Testamentzusätze und Prozentsatzerwartungen des alten Mannes wirbelten in wildem Dollartanz durcheinander.
    „Na?“ fragte Santoliquido. „Kennst du deinen Onkel jetzt besser?“
    „Dieser skrupellose alte Blutsauger!“ stieß Kaufmann voller Bewunderung aus. „Dieser gnadenlose Ausbeuter! Was für eine Tragödie, daß er gehen mußte!“
    „Er wird wiederkehren.“
    „Ja, sicher.“ Kaufmann preßte die Hände in die Armlehnen des Sitzes. „Ich würde alles dafür geben, ihn selbst zu bekommen“, sagte er mit leiser Stimme. „Ich komme am ehesten mit ihm aus. Paul und ich waren in den letzten paar Jahren ein ganz ausgezeichnetes Team. Was meinst du wohl, wie gut wir erst wären, wenn wir in einem Kopf zusammenarbeiten könnten!“
    „Ich hoffe, du hast nur einen Witz gemacht, Mark.“
    „Eigentlich nicht. Paul und ich gehören zusammen. Ich weiß es, ja, ich weiß es ganz genau, daß es gegen das Gesetz verstößt, ein Bewußtsein einem so nahen Verwandten einzupflanzen.“
    „Vergiß auch nicht, daß dein Onkel selbst bestimmt hat, sein Bewußtsein dürfe nicht an ein Familienmitglied

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