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Noch einmal leben

Noch einmal leben

Titel: Noch einmal leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg
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mit einer Frau zusammen. Falls du es wünschst, erzähle ich dir alle Einzelheiten, aber ein Gentleman genießt …“
    Roditis kicherte. „Nein, ein Gentleman schweigt lieber. Aber das ist wirklich eine Wuchtbrumme, was? Elena, meine ich.“ Er schlug Charles freundschaftlich auf den Rücken. „Sie wartet im Hotel. Ich möchte, daß du sie auf dem Rückflug nach New York begleitest, und zwar gleich, ja, Charles?“
    „Ich tue doch alles, was du sagst.“
    Rodits verließ den Raum. Noyes war erleichtert. Er lief im Operationssaal herum und versuchte, seine Erinnerungen zu ordnen. Er hatte St. John ermordet; dann hatten Elena und Kravchenko sich zusammengetan, um ihn aus seinem eigenen Verstand zu jagen. Noyes lief bei der Erinnerung daran noch immer ein Schauer über den Rücken. Später waren Elena und der Dybbuk Kravchenko hierher geflogen, wobei sich Jim als Charles Noyes ausgegeben haben mußte. Ja, nur so konnte es gewesen sein, entschied Charles. Und Roditis hatte natürlich das Verbrechen aus Noyes’ Gedächtnis löschen lassen wollen.
    Aber bei der Löschung war etwas schiefgegangen.
    Noyes glaubte, die Ursache dafür zu kennen. Eigentlich war eine Löschung keine sonderlich schwierige Angelegenheit, allerdings nur, wenn keine unerwarteten Faktoren dazwischenfunkten. Zweifellos hatten die Techniker die Geräte auf die Gehirnwellen von Charles Noyes einjustiert und dann versucht, Noyes Gedächtnis zu löschen. Dabei hatten sie aber nicht gewußt, daß sie eigentlich an Jim Kravchenkos Verstand arbeiteten. Die Kollision zwischen Noyes’ Gehirnwellen und Kravchenkos Bewußtsein hatte den Dybbuk in einen Schockzustand versetzt und damit Noyes ermöglicht, die Kontrolle zurückzugewinnen. Im Endeffekt war in Noyes nichts gelöscht worden, denn er war ja abgeschnitten, für die Instrumente nicht zu erreichen gewesen.
    Also bin ich ein Mörder und besitze immer noch die Erinnerung an die Tat, dachte Noyes. Ich habe meinen Dybbuk bezwungen, und Roditis schickt mich mit Elena nach New York zurück. Was soll ich nur tun? Mögen alle Buddhas mir beistehen, was soll ich jetzt nur tun?
     
    Mark Kaufmann verbrachte den Großteil des Freitagnachmittags damit, geduldig alle möglichen Hinweise durchzugehen, um das doppelte Geheimnis von St. Johns Ermordung und Elenas Verschwinden lösen zu können. Er konnte durch die unterschiedlichsten Kanäle an eine Menge Informationen gelangen, die normalerweise nur einem Staatsanwalt zur Verfügung standen. Die Welt war heutzutage voller Monitore, Überwachungsschirme und anderer Datenspeicherungsanlagen, die völlig unparteiisch und emotionslos das Treiben der Menschen aufzeichneten. Mit etwas Glück und noch mehr Beziehungen konnte man aus diesem Datenmeer das herausfischen, was man gerade brauchte. Nicht alle Informationen, die einem in die Hände fielen, waren auf den ersten Blick relevant, aber Kaufmann siebte alles durch, um ein Muster in diesen Mosaiksteinen zu erkennen. Er besaß die überdurchschnittliche Gabe, Sinn und eine Ordnung in scheinbar zufällig verstreuten Fakten zu erkennen. Jetzt verfügte er noch über den zusätzlichen Vorteil, das scharfe, wohlgeübte Auge seines Onkels zur Verfügung zu haben.
    Mittlerweile hatte er bereits herausgefunden, daß Noyes von Evansville nach New York gekommen war und einige Stunden vor der Ermordung St. Johns Elena aufgesucht hatte. Und jetzt waren beide verschwunden. Doch in dieser Welt konnte niemand über längere Zeit verborgen bleiben. Eine Untersuchung der Datenbanken der Transport-Terminals klärte Kaufmann darüber auf, daß Noyes gestern nachmittag nach Evansville zurückgeflogen war. Ein noch genaueres Durchforsten der Passagierliste jenes Fluges zeigte ihm, daß Elena ihn begleitet hatte.
    - Hat sie sich in der Vergangenheit öfters mit Roditis getroffen?
    „Nein, niemals“, erklärte Mark dem Geist seines Onkels. „Sie haben sich noch nie zuvor gesehen.“
    - Bist du sicher?
    „Ganz sicher. Noyes muß das für sie arrangiert haben.“
    Mark wunderte sich selbst über diesen Schluß. Er wußte, daß Roditis Elena in letzter Zeit immer stärker fasziniert hatte, und sie ganz versessen auf eine Begegnung mit ihm war. Alles paßte zusammen: sie hatte Noyes in die Wohnung gebracht, in der St. John sich befand. Dort hatte der Körper des Engländers unter mysteriösen Umständen den Tod gefunden. Danach hatte Noyes Elena nach Evansville mitgenommen, um sie dort wahrscheinlich mit Roditis zusammenzubringen.
    Das

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