Nocona: Eine Liebe stärker als Raum und Zeit
seine Finger. Frühlingssonnenlicht fiel durch die schmutzigen Fenster und brachte ihr Bernsteinhaar zum Leuchten .
„Geh weg von ihm.“ Isabellas Stimme verlor jede Härte. Tränen flo s sen in Rinnsalen über ihre Wangen. „Geh weg. Verschwinde. Ich bringe das hier zu Ende. Ich muss es tun. Du verstehst das nicht.“
„Doch. Ich verstehe es.“
Makah spürte, wie Sara tief Atem holte. Er wollte sie wegstoßen, weg von der Waffe, doch eine höhere Macht zwang ihn zu hilfloser Bew e gungslosigkeit. Ihm blieb nichts weiter übrig, als zu beobachten, was geschah. Zuzulassen, was das Schicksal für sie beide vorbestimmt hatte. Wenn Isabella jetzt schoss, würde die Kugel sie beide durchschlagen. Sie würden gemeinsam sterben. Was, wenn das hier der Punkt war, auf den das Schicksal hingearbeitet hatte? Was, wenn hier alle Fäden zusamme n führten und es ihnen bestimmt war, gemeinsam in die andere Welt zu gehen? Er hatte von einem Leben geträumt, in dem sie gemeinsam alt wurden, aber jetzt entpuppte sich diese Hoffnung als Illusion.
„Du hast ihn nicht verdient“, flüsterte Isabella. „Du wirst ihn niemals verdienen, egal was du tust. Du würdest doch niemals hier leben wollen. In dieser Hütte, in dieser Einöde. Ihr glaubt, ihr wärt etwas Besseres. Ihr glaubt, ihr wärt die Auserwählten, die Herren dieses Landes. Ihr kommt hierher und denkt, alles gehört euch. Aber er wird dir nie gehören! Nie! Was kannst du ihm schon bieten, hm? Was würdest du für ihn opfern?“
„Ich würde für ihn sterben.“
Saras Worte leiteten eine Stille ein, die endlos anzudauern schien. I r gendwann, als er sich schon wie ein Geist fühlte, gelang es Makah, seine Arme zu bewegen. Er schloss sie um ihren Körper und zog sie an sich. Isabella trat wankend einen Schritt zurück. Ihre Tränen versiegten, ihre wunden Augen wurden stumpf. Noch immer hielt sie die Waffe auf sie gerichtet, ihr Atem ging schnell und flach.
„Würdest du das?“ , wisperte sie. „Würdest du das wirklich?“
„Ja“, kam es mit fester Stimme zur Antwort.
Isabella nickte. Hilflos huschte ihr Blick hin und her, während Kräm p fe ihren Körper zu schütteln begannen. Gleich würde sich der Schuss lösen. Ob sie es nun bewusst tat oder den Abzug versehentlich drückte. Makah wollte Sara zur Seite stoßen, als sie sich unvermittelt von ihm löste und auf Isabella zuschritt.
„Nein!“ Er griff nach ihr, doch sie hob nur beschwichtigend beide Hände.
„Es ist okay“, sagte sie sanft. „Ich weiß, was ich tue. Lass mich zu ihr.“
Makah sah ungläubig zu, wie Sara nach der Waffe griff und sie behu t sam h in unterdrückte . Als die Mündung der Pistole gen Boden zeigte, schloss sie Isabella in ihre Arme. Er hörte, wie Sara leise etwas murmelte. Das warme Raunen ihrer Stimme war unwirklich, so träumerisch wie damals, als sie ihm nachts unter den Fellen Liebesschwüre ins Ohr g e flüstert hatte. Isabellas Augen füllten sich ein weiteres Mal mit Tränen. Schluchzend sank sie in sich zusammen, die Pistole fiel klappernd auf die Holzdielen. Während Sara sie wiegte und festhielt, schrie Isabella ihren Schmerz hinaus. Alles strömte aus ihr wie Wasser aus einem gebroch e nen Staudamm, ein Unwetter an aufgestauten G e fühlen, ein Blizzard aus innerlicher Kälte, bis Isabella kraftlos zu Boden sank, von Saras Armen gehalten .
Makah ging zur Küchenanrichte und setzte Kaffee auf. Das Weinen schien kein Ende zu nehmen. Er füllte drei Tassen mit dem starken, heißen Gebräu, stellte sie mit Milch und Zucker auf den Tisch, holte eine Schachtel Kekse aus dem Schrank und kam sich himmelschreiend sel t sam vor, wä h rend er das tat.
Sara bugsierte Isabella auf einen der Stühle und setzte sich neben sie. Makah nahm ihr gegenüber Platz.
Die Gedanken zu ordnen, war kaum möglich. Sara war von den Toten auferstanden. Isabella war hierhergekommen , um ihn zu erschießen. Und jetzt saßen sie zu dritt am Tisch, bei Kaffee und Keksen.
„Warum?“ Bellas Stimme war so leise, dass sie kaum zu verstehen war. „Wie kannst du das tun?“
„Dir verzeihen?“ Sara deutete auf Milch und Zucker und tat, als Isabe l la zweimal nickte, von beiden einen guten Schuss in den Kaffee. L ä chelnd schob sie ihr die Tasse zu. „Weil das der einzige Weg ist, Frieden zu finden.“
„Dann habe ich wohl versagt.“
„Nein, hast du nicht. Gerade eben hast du mir verziehen.“
„Habe ich das?“ Isabella umklammerte ihre Kaffeetasse und starrte Makah an. Ihr
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