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Nocturna - Die Nacht der gestohlenen Schatten

Titel: Nocturna - Die Nacht der gestohlenen Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jenny-Mai Nuyen
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sie
Apolonia die Pistole aus der Hand und schlug Vampa mit aller Macht auf den Kopf. Er sackte in die Knie.
    »Wa- nicht!«, rief Apolonia erschrocken. »Er muss uns doch den Weg zeigen!«
    »Er ist nicht bewusstlos.« Nevera ließ die Pistole wieder in Apolonias Hand fallen. »Wenn er wieder ganz bei sich ist, verpass ihm noch einen Schlag. Bis wir in der Stadt ankommen, brauchen wir ihn nicht bei Bewusstsein.« Sie schnippte mit den Fingern und bedeutete einem Diener, er solle sich um Vampa kümmern. »Trag ihn in Jacobars Wagen. Apolonia, bewache ihn. Jonathan und ich kommen nach.«
    Damit lief sie in den Gang zurück. Nach kurzem Zögern folgte Elias ihr.
    Apolonia umklammerte mit heißen Fingern die Waffe, während der Diener Vampa hochzog und ihm hinaushalf. Als er auf der Rückbank des Automobils lag, sperrte Apolonia die Türen ab und befahl dem Diener, Wache zu halten. Dann lief sie zurück ins Haus. Morbus durfte in seinem jetzigen Zustand nicht mitkommen. Vielleicht würde der entscheidende Kampf, der nun bevorstand, nur bewirken, dass er so verwirrt blieb … Sie rannte in den Flur. In einem nahen Zimmer hörte sie jemanden streiten.
    »Ich lasse das nicht länger zu!«, rief eine männliche Stimme - die Stimme von Elias Spiegelgold. »Sieh mich an! Hör auf damit - ich lasse nicht mehr zu, dass du …«
    Apolonia blieb vor der offenen Tür stehen. Nevera, die gerade in ihrer Tasche gewühlt hatte, wandte sich zu Elias um und hielt ihm ein Papier vors Gesicht. Augenblicklich verstummte er. Ausdruckslos sah er das Papier an, als wäre er mit offenen Augen eingeschlafen.
    »Sei schön brav«, flüsterte Nevera. »Nichts, was ich tue, soll angezweifelt werden.«
    »Nichts, was du tust … soll angezweifelt werden«, wiederholte
Elias mit einer merkwürdigen Erschöpftheit. Er sah aus, als wäre ihm übel.
    »Fein. Dann setz dich hin und warte auf meine Rückkehr, Liebling.«
    Apolonias Herz gefror zu einem Eisklumpen. Neveras Flüstern rief eine merkwürdige, bizarre Erinnerung in ihr wach; sie empfand ein Gefühl von Angst und Spannung, das sie ganz deutlich kannte, aber nicht zuordnen konnte. Wo hatte sie Nevera nur so flüstern gehört?
    »Apolonia.«
    Sie fuhr herum - Morbus stand vor ihr.
    »Ich habe schon erfahren, was passiert ist.« Er nahm sie am Arm und führte sie den Korridor zurück und die Treppe hinab. Forschend sah sie ihn an. Sein Gesicht gab nichts von seinen Gedanken preis.
    »Wie fühlen Sie sich?«
    Er lächelte flüchtig und erwiderte ihren Blick, ohne stehen zu bleiben. »Ein wenig ärgerlich, dass der TBK mein Fest gestört hat; ein wenig aufgeregt, weil wir sie nun aufstöbern werden. Und ich bin beeindruckt, dass du den Jungen in deine Gewalt bringen konntest. All meine Dichter zusammen haben es damals nicht geschafft.«
    Nichts von seiner eigenartigen Stimmung von vorhin war mehr erkennbar. Er hatte lediglich eine Alkoholfahne und seine Augen wirkten noch träger als sonst.
    »Er ist der unschuldige Junge, nicht wahr?«, flüsterte Apolonia, als sie die Haustür erreichten. »Vampa ist der Junge, von dem Sie eben gesprochen haben.«
    Morbus blieb stehen und sah sie lange an. »Das ist jetzt nicht wichtig. Heute Nacht finden wir den TBK, danach reden wir über die Dichter.«
    Sie traten hinaus und setzten sich links und rechts neben Vampa, der den Kopf hängen ließ und halb ohnmächtig war.
Morbus nahm Apolonia die Pistole ab - sie zögerte erst, sie ihm zu geben -, dann richtete er den Lauf locker auf Vampa, räusperte sich und wartete auf Nevera.
    Sie erschien kaum eine Minute später, in eine weiße Pelzstola gehüllt, und nahm auf dem Beifahrersitz Platz. Jacobar eilte hinter ihr her und setzte sich ans Steuer. Sie fuhren los. Als Apolonia einen Blick in den Rückspiegel warf, sah sie, dass die Dichter ihnen in zwei weiteren Wagen folgten. Sie zog zitternd die Luft ein.
    Die Dunkelheit flitzte an den Fenstern vorbei, der schneebedeckte Weg verwandelte sich im Licht der Scheinwerfer in eine ferne Strömung, die irgendwo tief unter ihnen fortriss.
    »Wir werden Collonta kriegen, ich fühle es«, sagte Nevera, die mit starren Augen nach vorne blickte. »Apolonia wird die Prophezeiung erfüllen. Und dann steht uns nichts mehr im Weg.«
    Morbus saß gelassen da, die Waffe auf Vampa gerichtet, als wäre sie so harm- und belanglos wie ein Stift, und betrachtete Neveras Nacken. In der Dunkelheit mochte Apolonia sich irren, doch sie glaubte zu sehen, wie er eigentümlich

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