Noelles Demut
rastlos.“
„Du kannst so nicht weitermachen, Simon. Das hier …“ Jesse hob die Peitsche und hielt sie ihm vor die Nase. „… ist das Eine. Aber wie lange wirst du noch die Kontrolle behalten? Du bist Master! Einer der Besten, den ich kenne. Warum setzt du das aufs Spiel?“
Simon sah Jesse lange an. Der Kleine hatte recht. Sein Verhalten war unverantwortlich. Als er sprach, war seine Stimme wieder fest und gewohnt autoritär.
„Ich werde für eine Weile verschwinden. Ein Auftrag an der Westküste. Ich war mir nicht sicher, ob ich ihn annehmen soll. Vielleicht ist es ganz gut, wenn ich mal rauskomme.“
„Und du glaubst, wenn du abhaust, bleiben deine Probleme hier?“
„Ich habe keine Probleme! Dieser ganze Trott kotzt mich an. Ich brauche was Neues. Alle um mich herum haben sich im letzten Jahr verändert. Sieh dich selbst an. Du bist ein guter, selbstbewusster Master geworden. Lucian und Isabella schwelgen in ihrer Liebe, als wollten sie darin ertrinken. John stellt in zwei Monaten in Paris aus. Ann ist Staatsanwältin, und selbst Cassy hat alles erreicht, was sie wollte. Nur ich trete auf der Stelle und komme nicht voran. Ich bin in einer Phase meines Lebens, wo ich mich noch mal neu orientieren muss.“
„Was ist das für ein Auftrag?“
Simon grinste. Jesse war ein verdammt guter Beobachter. Den meisten wäre dieses Detail entgangen.
„Es geht um die Umgestaltung eines Hotels. Man ist nicht als Architekt an mich herangetreten, sondern als Künstler.“
„Isabellas Ausstellung?“
„Erinnere mich bloß nicht daran. Mit der Ausstellung hat es nichts zu tun. Monice hat eine alte Villa gekauft und möchte sie zu einem BDSM-Club umbauen. Ich soll die Bilder für die Themenräume malen.“
„Vielleicht tut dir das wirklich gut.“ Jesse schmunzelte. „Ohne dich wird es im Club seltsam sein. Ich habe mich an dich gewöhnt.“
„Ich werde dich auch vermissen, Kleiner. Du bist ein wirklicher Freund.“
Die beiden Männer grinsten sich an. Simon hatte nicht vor, die ganze Zeit in L.A. zu verbringen. Die Bilder würde er in seinem Atelier erstellen. Doch in einem musste er Jesse recht geben: Es war besser, vorerst nicht in den Club zu gehen. Sollte ihm so etwas wie eben passieren, wenn er selbst eine Peitsche in der Hand hielt, konnte er für nichts mehr garantieren.
Seine Freunde anzulügen behagte ihm nicht, doch er brauchte dringend Abstand. Simon erhob sich und hielt die Decke fest. „Du solltest jetzt verschwinden. Ich will duschen.“
Noelle erwachte in Lydias Armen. Sie fühlte sich ausgeruht und entspannt. Ihr glitt sogar ein Lächeln übers Gesicht. Vorsichtig legte sie Lydias Arm zur Seite und krabbelte aus dem Bett. Im Bad ließ sie Wasser in die Wanne laufen.
Zögernd drehte sie sich um und sah in den Spiegel über dem Waschbecken. Überrascht stellte sie fest, dass ihre Wangen nicht so blass wie sonst waren. In ihren Augen stand etwas Waches, nicht die gewohnte Resignation. Noelle lächelte sich verstohlen an.
„Hi! Da bist du ja wieder. Ich hatte schon befürchtet, dass du für immer verschwunden bist.“
Sie stützte sich auf den Beckenrand und sah tief in ihre Augen.
„Du schaffst das. Du musst, sonst hat er trotz allem gewonnen.“
Noelle suchte im Badezimmerschrank nach einer Zahnbürste, putzte sich die Zähne und ließ sich dann in das wohlig warme Wasser gleiten. Die Wärme drang tief in ihren verspannten Körper. Genüsslich rieb sie sich mit der duftenden Rosenseife ein. Ab und zu zischte sie leise, wenn sie über einen besonders tiefen blauen Fleck glitt. Sie drehte ihre Arme und sah sie sich genauer an. In einer Woche würde man nichts mehr von den Misshandlungen sehen. Noelle glitt mit dem Kopf unter Wasser und sperrte die Welt aus. Es tat unendlich gut, sich ohne Angst ihren eigenen Empfindungen hingeben zu können.
Sie wusch sich zu Ende, trocknete sich vorsichtig ab und hängte das Handtuch über die Heizung. Dann schnüffelte sie an den verschiedenen Bodylotionen, entschied sich für einen blumigen Duft und cremte sich ein. Als sie ihr Haar föhnte, bekam es einen Hauch des alten Glanzes. Ein wenig Rouge, Mascara und ein weiteres Lächeln.
„Ja, so gefällst du mir schon besser. Heute ist der erste Tag deines neuen Lebens.“
Lydia räkelte sich genüsslich im Bett, als Noelle aus dem Bad kam. Abrupt setzte sie sich auf. „Hey? Wo hast du das Häufchen Unglück gelassen, das gestern vor meiner Tür stand?“
„Habe ich den Badewannenausguss
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