Norddeutschland, Morddeutschland - 3 Krimis von der Küste (German Edition)
Hausboots raus und ich ging nach Hause. Wir verabredeten uns für den nächsten Morgen.
Zu Hause musste ich feststellen, dass Shi schon zu Bett gegangen war. Eigentlich hieß sie Shisuka Yosaburo, aber es hatte sich Shi eingebürgert bei uns. Sie war, obwohl der Name anderes vermuten ließ, Deutsche. Ihre Eltern waren japanische Einwanderer. Während ich mich fürs Bett fertig machte und mir die Zähne putzte, ging ich im Kopf nochmal die Fakten durch.
Ich bekam eine SMS von Dr. Spranger, unserem Gerichtsmediziner.
Vielleicht wurde er vergiftet. Bluttests laufen.
Näheres Morgen.
Vergiftung? Ich überlegte, wo man einen Mann überall vergiften konnte. Das Essen in seiner Wohnung schien sehr unwahrscheinlich, er aß nicht viel zu Hause. Mir kamen einige Ideen, die mir im Kopf herumgeisterten, als ich mich zu Shi ins Bett legte und einschlief.
Am nächsten Morgen holte mich Walter an der
vereinbarten Stelle ab und wir fuhren mit seinem Wagen in die Eimsbüttler Straße 115.
Unterwegs erhielt ich einen Anruf.
„Hier Doktor Spranger“, stellte sich unser
Gerichtsmediziner vor. „Ich habe die vorläufige Obduktion beendet“, erklärte er. „Er ist seit ungefähr einer Woche tot, der Verwesung nach. Ich konnte keine Frakturen finden, auch keine typischen Blutergüsse, die ein Kampf verursachen würde. Es ist seltsam, er scheint einfach ins Bett gegangen zu sein und ist gestorben. Laut seiner Krankenakte ist er erst vor wenigen Wochen zu einer Generaluntersuchung da gewesen und da war alles okay.
Keine Herzerkrankungen oder andere Dinge.“
„In Ihrer SMS war die Rede von Vergiftung?“, fragte ich.
Dr. Spranger schwieg einen Moment. „Ja, daran habe ich wegen der seltsamen Begleitumstände seines Todes gedacht.
Vielleicht aber auch ein Gerinsel, bisher sind uns keine Einstichstellen aufgefallen. Allgemein ist er in guter Verfassung. Er wurde auch vermutlich nicht erstickt, nicht unter Gewalteinwirkung. Nur das Zahnfleisch ist ziemlich gereizt. Wir haben ihm den Magen geöffnet und analysieren momentan alles darin. Das Problem ist die Verwesung der Person, sollte er etwas Verdorbenes gegessen haben, kann es schon mehrheitlich zersetzt worden sein. Ich halte Sie auf dem Laufenden, wir haben zudem einige Bluttests gemacht. Ergebnisse folgen.“ Ich bedankte mich und legte auf. Während wir durch den dichten Verkehr Hamburgs fuhren, erklärte ich Walter, was mir Dr. Spranger erzählt hatte. Langsam zog sich der Verkehr hin.
Vor einem vierstöckigen, roten, eckigen
Mehrfamilienhaus parkten wir und gingen zur Tür.
„Oppheim steht gar nicht auf der Liste“, stellte Walter fest. Ich hob eine Augenbraue und blickte ihm über die Schulter. Tatsächlich, der Name Oppheim war nicht bei den Klingeln zu finden.
„Vielleicht wohnt sie hier unter ihrem Mädchennamen?
Wenn sie vorhaben sich scheiden zu lassen“, überlegte ich und klingelte bei einer Nummer im Erdgeschoss. Herr Ritje.
„Ja?“, fragte eine unfreundliche Stimme durch die Gegensprechanlage des Hauses.
„Kripo Hamburg“, sagte ich. „Lassen sie uns bitte rein, Herr Ritje.“
„Ja ne, is klar“, erwiderte die Stimme, beendete aber noch nicht das Gespräch. „Weshalb sind Sie hier?“
„Hat nichts mit Ihnen zu tun, sondern einer Nachbarin, machen Sie uns bitte auf?“, erklärte ich. Einen Moment glaubte ich schon, er besäße die Dreistigkeit und würde uns ignorieren, doch dann summte das Türschloss.
Wir gingen hinein und zu dem älteren Herrn im Polohemd, der seine Tür im Erdgeschoss öffnete.
„Kripo, ja?“, fragte er und blickte skeptisch. „Wer hat hier wen umgebracht?“
„Niemand, aber alles Weitere ist vertraulich“, erklärte ich und reichte ihm meinen Dienstausweis. Walter zog ebenfalls seinen. Herr Ritje betrachtete unsere Ausweise und nickte dann. Ich vermutete, dass er wie die meisten Leute noch nie einen solchen gesehen hatte, so dass er gar nicht entscheiden könnte, ob er echt war. So war es heutzutage leider. Jeder kannte die Dienstmarke des FBI, aber wie viele kannten die der Kripo?
„Wohnt hier eine gewisse Frau Brigitte Oppheim?“, fragte Walter dann. Herr Ritje nickte.
„Ja, aber die heißt jetzt anders, hat den Namen an der Klingel unten geändert. ‚Schulze‘ steht da nun. Wohnt im dritten Stock, was hat sie denn ausgefressen?“
„Sie ist eine mögliche Zeugin“, erwiderte ich und nickte Walter zu. Es war Zeit zu gehen.
„Danke, dass Sie uns ins Gebäude gelassen haben“, sagte
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