Norddeutschland, Morddeutschland - 3 Krimis von der Küste (German Edition)
Portemonnaie in einer Jacke gefunden. Es scheint nichts zu fehlen, ist bereits abgespurt“, sagte er und reichte mir das eingetütete Portemonnaie.
Ich zog mir einen Gummihandschuh an, den ich für so etwas immer in der Jackentasche hatte und nahm das Portemonnaie aus der Tüte.
„Hundertfünfzig Euro in bar, Kreditkarte, Bankkarte, Krankenversicherung. Scheint nichts zu fehlen.
Personalausweis. Ah, Visitenkarten“, stellte ich fest. In einem Fach des Portemonnaies waren die Kreditkarten von Rudi Oppheims aufbewahrt.
„Hier steht die Nummer seiner Arbeit. Eine
Immobiliengesellschaft.“
„Lass uns dort noch kurz anrufen, vielleicht ist ja jemand da“, schlug Walter vor.
„Marx hat ein Motiv“, fügte er hinzu, während ich die Verbindung herstellte. „So eine Wettschuld, das wäre eines.“
Ich rief bei der Immobilienfirma an und wir
verabredeten uns mit Timon Petros.
„Warum der?“, fragte mich Walter, als ich es ihm sagte.
„Er teilt sich das Büro mit Oppheim“, erklärte ich.
Wir trafen uns in einem kleinen Lokal an der Außenalster, denn Herr Petros hatte gerade Feierabend gemacht und war, als man mich an ihn weiterleitete, war er bereits unterwegs nach Hause.
„Das ist einfach furchtbar“, stellte er fest, als wir mit ihm zusammen an einem kleinen Ecktisch in dem Lokal saßen, das mit Holzmöbeln in dunklen Tönen eingerichtet war. Petros hatte ein Bier vor sich stehen und schien sich förmlich daran festzuhalten.
„Das ist nicht richtig“, machte er noch einmal deutlich. „Wissen Sie schon, wer es war?“
„Nein, leider nicht. Es ist auch noch nicht klar ob es eine Mordermittlung ist. Hatte Herr Oppheim irgendwelche Feinde?“, fragte ich. Herr Petros schüttelte den Kopf.
„Nein. Ich meine, wir haben Konkurrenz, selbst im eigenen Betrieb. Aber da geht es darum, wer mehr Provision verdient und hinterher einen Bonus bekommt. Er war gut in seinem Job. Nicht perfekt. Manchmal vielleicht überbewertet. Aber gut.“
„Gab es jemanden, mit dem er besonders konkurrierte?“, fragte Walter. Petros nickte langsam und schien noch mehr in sich zusammenzusinken.
„Hat ja eh keinen Sinn“, sagte er. „Irgendwer erzählt‘s Ihnen. Es war dieses Jahr der Kampf zwischen mir und ihm. Wer den Bonus kriegt. Die anderen sind schon lange hinter uns zurückgeblieben“, erklärte er. „Aber ich hätte ihn doch niemals für ein bisschen Geld getötet“, fügte er hinzu. Dabei ging seine Stimme hoch. „Niemals.“ Mein Telefon klingelte, weshalb ich mich kurz verabschiedete und Walter mit Herrn Petros alleine ließ.
Ich ging vor die Tür, musste aber noch einige Schritte weiter gehen, um aus der Dunstwolke der Raucher zu entkommen, die sich vor dem Laden versammelten und die vor und nach dem Essen Zigaretten genossen. Einige schienen auch zwischendurch rauchen zu müssen. Ich wollte keine unnötigen Zuhörer. Geschweige denn, dass mich Walter in sein Auto gelassen hätte, wenn ich stark nach Rauch gestunken hätte.
Es war Micha, der mich anrief.
Michael Rößler war ein Kollege aus der Mordkommission.
„Micha, hast du zu Rudi Oppheim schon etwas
erfahren?“, fragte ich, als ich ranging.
„Deswegen ruf ich an. Bisher ist es etwas dünn gesät, aber ich dachte, ich bring euch auf den neusten Stand.
Rudi Oppheim, Angestellter einer mittelgroßen Immobiliengesellschaft, nettes Gehalt, verheiratet aber auf dem Weg zur Scheidung, lebte getrennt von seiner Frau, hat sich die letzten Tage krank gemeldet, fehlt seit über einer Woche in der Arbeit, Magen-Darm, meinte er, seit knapp einer Woche hat er auch nicht mehr reagiert auf Anrufe von Kollegen. Seine Frau hat kurz angerufen und sich nach ihm erkundigt, ob er zur Arbeit gekommen sei, das war gestern“, erklärte Micha.
Ich bedankte mich und legte auf.
Walter kam mir entgegen, als ich das Lokal betreten wollte. „Hab alles, vorerst“, sagte er. „Oder hast du noch irgendeine wichtige Frage, abseits des Standards?“ Ich schüttelte den Kopf. Dann kam mir eine Idee.
„Wir sollten Frau Oppheim befragen. Wo ist sie jetzt?“, fragte ich.
„Zu Hause, sie war ziemlich durch den Wind. Kann man ihr auch nicht verdenken, auch wenn sie sich scheiden lassen, ist das kein schöner Fund“, sagte Walter. „Ich hab ihre Adresse, aber sollen wir das nicht besser morgen machen?“
Ich sah auf die Uhr. Wir näherten uns Mitternacht.
Nicht die beste Zeit, um eine frische Witwe zu befragen.
Walter ließ mich in der Nähe meines
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