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Nordseefluch: Kriminalroman

Nordseefluch: Kriminalroman

Titel: Nordseefluch: Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor J. Reisdorf
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genommen. Ich erfuhr, dass eine zweite Leiche die heile Welt von Juist zusätzlich belastete.
    Das, was der kleine Kerl, der sein Pepitahütchen zwischen den Händen knautschte, von sich gab, war einfach schrecklich.
    Ich sah Kommissar Pietsch und den jovial lächelnden Ekinger, als sie die Treppe herabkamen, das Restaurant betraten und den kleinen Mann zu sich baten. Ich befand mich nur wenige Schritte von ihnen entfernt und erfuhr, dass an der Dünenkette in der Nähe des Flughafens ein Droschkenkutscher ermordet worden war und Pferd und Kutsche wartend in der Nähe der Leiche standen.

4
    Die Information erregte die Gemüter. Im gemütlichen Nobelrestaurant wurden Stühle gerückt, Gläser klirrten. In der Dunkelheit wartete eine weitere Sensation auf die aufgebrachten Gäste. Die teuren Ölgemälde verloren ihren Frieden, denn ich sah, wie die Schatten der hastenden Menschen über sie hinweghuschten. Die Kellnerinnen und Kellner kassierten mit roten Köpfen. Ich fühlte, wie meine Müdigkeit verflog und auch mich die Sensationsneugier erfasste.
    »Hannes!«, rief ich meinem Vetter zu, der immer noch mit breitem Lächeln vor seinem Bier saß und vom Trubel verschont naiv fragte: »Ist das Kerlchen noch da?«
    »Hannes, ein zweiter Mord! Kommst du mit?«, fragte ich.
    In sein strahlendes Gesicht stiegen Falten. Er erhob sich, als er spürte, dass ich nicht flachste. Wir verließen das Strandschlösschen und sahen vor uns einen Menschenauflauf. Der Wind, der von der See her hochkroch, war kühler geworden. Der zunehmende Mond fand eine Lücke in den treibenden Wolken.
    Vor dem Kirchplatz wartete eine Droschke. Ich konnte das Pepitahütchen des kleinen Hotelgastes ausmachen und sah Kriminalassistent Ekinger, der wie ein schwergewichtiger Athlet in die Kutsche stieg.
    In das Rauschen des Meeres, das hinter uns donnernd am Strand auslief, drang das Klappern der Pferdehufe, als die Kutsche losfuhr. Mein Vetter und ich schlossen uns den Menschen an, die der Droschke folgten.
    Wir gingen schnellen Schrittes daher, überholten schwatzende und gestikulierende Insulaner.
    »Ich hab zu Hause gedacht, ich könnte hier mit Evchen bei euch Shanty-Musik und Umtata hören, und nun bin ich unterwegs zur zweiten Leiche«, sagte mein Vetter, nachdem wir die Zementstraße erreicht hatten, die zum Flugplatz führte.
    Das Feuerwehrauto fuhr an uns vorbei. Wir waren fast am Ziel. Ich sah die Rücklichter, dann erstarb der knatternde Dieselmotor. Auch das Auto des Doktors überholte uns noch. Er parkte den Wagen vor dem Feuerwehrauto.
    Es waren nur drei Feuerwehrleute, die ausstiegen und einen Sarg schleppten. Hannes stieß mich an, als könne ich die makabre Szene verfehlen. Wie Schattenfiguren bewegten sich die Feuerwehrmänner mit dem Sarg im matten Mondlicht. Ich sah nur ihre Umrisse.
    Der Arzt hastete mit gepackter Tasche in die Dünen. Der Weg war schmal. Pflöcke mit Spaghettidrähten säumten ihn und schützten Sanddornsträucher und Strandhafer. Rechts von uns, auf einem etwa zwanzig Quadratmeter großen Rasen, stand die leere Droschke, mit der die Kripo zum Tatort gelangt war. Hinter uns palaverten die Insulaner, die das gleiche Ziel wie wir hatten.
    Der schmale Weg endete vor einer sandigen Fläche, auf der eine zweite Kutsche stand. Das Pferd bewegte sich nicht. Es hielt den Kopf gesenkt, als stimme es alles traurig. Mein Vetter, Rennstallbesitzer, Kenner von Pferden, zog mich am Arm zur Droschke. Er tätschelte mit seiner schweren Hand den Hals des Tieres und ich bemerkte, wie es ihm die großen Augen zuwandte, als wäre es dankbar für diese Berührung nach vielen einsamen Stunden.
    »Ein geduldiger und zäher Bursche«, sagte Hannes und blieb überrascht stehen.
    Ich beobachtete, wie er die Kutsche untersuchte.
    »Exakt«, sagte mein Vetter. »Die Zügel sind angebunden, die Bremsbacken angezogen. Das Pferd hätte selbst bei einer Schreckbewegung kein zusätzliches Unheil anrichten können.«
    Ich war froh darüber, dass Hannes mir das auf Hochdeutsch sagte, da wir sonst sicherlich die Aufmerksamkeit der Leute auf uns gezogen hätten.
    Wir verließen die Kutsche und näherten uns dem Tatort. Der Mond schien durch die Wolken und ich sah, wie die Kriminalbeamten auf dem Boden hockten. Neben ihnen stand der kleine alte Mann. Mit beiden Händen umfasste er sein Pepitahütchen und hielt den Kopf gesenkt.
    Die Feuerwehrleute standen hilflos abseits. Der Sarg lehnte offen an einer Dünenböschung. Der Deckel lag daneben.
    Ich

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