Nosferatu 2055
wir das nicht alle?« sagte Serrin fast zu sich selbst. Es gab so vieles, was sie nie verstehen würden. Er wandte sich an den anderen Elf. »Und wer bist du?« wollte er wissen.
»Es ist besser, wenn du das nicht weißt«, erwiderte Niall auf eine Art, die Serrin verriet, daß er die Wahrheit sprach. »Wegen dieses Wissens könntest du getötet werden.«
Serrin wurde einen Augenblick lang durch den Lärm über sie hinweg fliegender Flugzeuge abgelenkt. In die Sonne blinzelnd, konnte er sie durch das Wagenfenster nicht sehen. »Wo ist der Geist geblieben?« fragte er.
»Dieser Ort muß völlig zerstört werden«, sagte Niall. »Mathanas ruft Geister der Erde, um damit zu beginnen. Danach beschwört er sein eigenes Feuer, um alles zu vernichten, was noch übrig ist.«
»Warum sagst du uns nicht einfach, wer du bist?
Dem Akzent nach würde ich sagen, du stammst aus Tir na nOg«, hakte Serrin nach.
»Du mußt mir vertrauen«, sagte Niall ruhig.
»Es geht nicht um Vertrauen. Ich muß es wissen .«
»Ich kann es dir nicht sagen.«
Serrin wollte wiederum protestieren, als Kristen ihm einen Finger auf die Lippen legte, um ihn zum Schweigen zu veranlassen. Sie sah ihm in die Augen.
»Es spielt jetzt keine Rolle mehr. Wir leben. Und wir müssen uns noch um Michael kümmern«, sagte sie.
Ein Ausdruck des Kummers huschte über Serrins Miene. »Natürlich«, sagte er. »Was ist nur mit mir los?« Wie hatte er Michael vergessen können? Er stieg aus dem Wagen. Absurderweise mußte er dringend seine Blase erleichtern. Als er von dem Baum seiner Wahl zurückkehrte, erwartete ihn Niall draußen vor dem Wagen. Sie schlenderten langsam ein Stück vom Wagen weg.
Niall beobachtete ihn. »Manche Dinge kann ich dir nicht sagen, aber es gibt ein paar Dinge, die ich dir sagen muß«, sagte der Elf gelassen.
»Ich bin ganz Ohr«, murmelte Serrin und folgte dem Elf dann, als dieser ihm bedeutete, noch ein wenig weiterzugehen.
»Der Troll. Durch ihn bin ich hineingekommen. Lùtair hatte eine magische Barriere errichtet, die ich niemals hätte durchdringen können. Wir sind durch den Troll hineingekommen.«
»Er heißt Tom.«
»Dann also Tom. Kümmere dich um ihn. In den nächsten Wochen wird er kaum ansprechbar sein. Als Mathanas in ihn eingedrungen ist, hat er sämtlichen Müll aus Toms Körper entfernt. Das Metall und die Implantate. Alle Dinge, die ihn nicht über seine Vergangenheit hinwegkommen ließen. Jetzt sind sie verschwunden. Mathanas hat aus dem, was noch übrig war, neues Gewebe nachwachsen lassen.«
»Bei allen Göttern, was ist Mathanas?«
»Das wäre in der Tat eine sehr lange Geschichte.« Niall lächelte versonnen. »Womit ich zum zweiten Punkt komme. Du verstehst nicht, was zwischen dir und dem Mädchen vorgeht, nicht wahr?«
»Kristen. Sie heißt Kristen, und ich bin Serrin. Sie ist nicht ›das Mädchen‹«, erwiderte er ziemlich gereizt.
»Ja, das weiß ich. Aber du verstehst es nicht, oder?«
»Was verstehe ich nicht?«
»Ich weiß, daß ihr diesmal noch nicht sehr lange zusammen seid.«
»Woher weißt du das? Warte, sag es mir nicht. Es ist besser für mich, wenn ich das nicht erfahre, richtig?«
Niall lachte. Er zog eine silberne Taschenflasche mit Brandy aus seiner Jacke und bot sie Serrin an. Er war gut. Stark, voll, ein echter Kick, den er dringend gebraucht hatte.
»Mehr oder weniger. Ich habe euch einmal beobachtet. Aber das ist lange her und unwichtig«, fuhr Niall fort. »Aber du und sie, das ist wichtig. Was hast du empfunden, als du sie zum erstenmal gesehen hast?«
»Wie meinst du das?«
»Denk gut nach. Was hast du empfunden, nachdem du die ersten Worte mit ihr gewechselt hattest?«
»Tja, es war merkwürdig. Ich hatte das Gefühl, als würde ich sie ziemlich gut kennen.«
»Nun, das ist ein Anfang«, sagte Niall. »Aber ihr habt euch noch nicht geliebt.«
»Das geht dich überhaupt nichts an, du...«
»Sei nicht albern«, erwiderte Niall in scharfem Tonfall. »So, wie sie dich ansieht, ist es für jeden offensichtlich.«
»Tatsächlich?« murmelte Serrin, während sich zu seinem Ärger Verwirrung gesellte.
»Ja. Sie sehnt sich nach dir, und du weigerst dich, es wahrzunehmen. Es gibt einen einfachen Grund dafür, warum du noch nicht bereit bist. Aber ich weiß nicht, wieviel ich dir erzählen soll.«
»Das scheint ein grundsätzliches Problem von dir zu sein«, sagte Serrin gereizt.
»Ich kann es dir auf zwei verschiedene Arten mitteilen. Ich kann dir die
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