Nubila 05: Die letzte Schlacht
ungehaltenen Tonfall, beschloss aber, Laney nicht vor allen Leuten darauf anzusprechen.
„Ja“, sagte er. „Ich dachte, es wird wirklich Zeit, dass mal jemand den Ältesten zeigt, dass sie sich nicht alles erlauben können. Und ich habe so das Gefühl, dass man meine Hilfe hier wunderbar brauchen kann.“
„Oh ja. Das können wir ganz bestimmt.“
William drückte Laney ein wenig von sich weg, um ihr eine Träne von der Wange zu wischen. Dann lächelte er breit.
„Und du bist wohl unter einen Rasenmäher geraten, was?“
Laney schüttelte den Kopf und lächelte gequält. Sie versuchte inzwischen gar nicht mehr, ihre Tränen zurückzuhalten. Es war so wunderbar, wieder zu Hause zu sein, und vielleicht würde sich ja doch noch alles zum Guten wenden.
Als Laney in ihrem alten Zimmer ankam, ließ sie sich müde auf ihr Bett fallen. Die Outlaws waren toll, und sie mochte vor allem Swana sehr gerne, aber sie war es nicht gewohnt, ständig so viele fremde Personen um sich zu haben. Bevor Darrek sie entführt hatte, war sie monatelang allein gewesen. Es hatte niemanden gegeben, dem sie Rechenschaft schuldete oder dem sie etwas erklären musste. Hier im Herrenhaus ihrer Familie wurde sie zwar mit Liebe und Zuneigung überschüttet, aber sie würde nicht annähernd dieselbe Freiheit haben wie in ihrer Zeit in Barcelona. Damit würde sie nun wohl leben müssen.
Laney fand es faszinierend, dass ihr Zimmer so aussah, als hätte sie es nie verlassen. Das große Bett vor dem Fenster war frisch bezogen, die hellen Möbel sahen aus wie immer, und nirgendwo war auch nur ein Staubkörnchen zu sehen. Ganz offensichtlich hatte man vor ihrer Ankunft aufgeräumt. Ihr Blick blieb an den Fotos an der Wand hängen. Eines davon zeigte Greg im jugendlichen Alter, wie er sie auf den Schultern trug, als sie noch ein Kind von circa sechs Jahren gewesen war. Unwillkürlich musste sie lächeln. Greg. Der gute alte Greg.
Er war nicht gekommen, um sie zu begrüßen, aber das hatte sie auch nicht erwartet. Er wollte gewiss kein persönliches Gespräch vor den Augen aller Kaltblüter und ihrer gesamten Familie mit ihr führen. Stattdessen würde er später zu ihr kommen, um sie zu begrüßen.
Sie hoffte nur, dass er dann nicht sofort anfangen würde, mit ihr über die Vergangenheit zu reden. Sie war es einfach leid, sich darüber Gedanken zu machen, mit wem sie sich nun verbinden sollte, und wollte eine Weile ihre Ruhe haben.
Mit einem Seufzer ließ sie sich aufs Bett fallen und blickte von dort aus in den Sternenhimmel. Es würde nicht mehr lange dauern, bis es hell wurde. Dann würden die meisten Kaltblüter in ihren Zelten verschwinden und den Outlaws bliebe es selbst überlassen, ob sie sich ausruhen wollten oder Lust hatten, noch ein wenig die Gegend zu erkunden. Natürlich nicht, ohne dabei genauestens von Laneys Großmutter überwacht zu werden. Doreen hielt nichts davon, abgesehen von den treulosen Dienern, auch noch die Aussätzigen bei sich aufzunehmen, aber sie war überstimmt worden.
Die Schlacht gegen die Ältesten stand kurz bevor, und sie mussten jede Hilfe annehmen, die sie kriegen konnten.
Laney war wirklich froh, dass Jason zu beschäftigt war, sich näher mit ihr zu befassen. Er war sofort, nachdem er sie abgesetzt hatte, wieder zurück zum Flughafen gefahren, um die nächste Ladung Warmblüter abzuholen, und Kathleen half bei der Zuordnung der Outlaws in die verschiedenen Zelte.
Es gab noch viel zu tun, aber das sollte nun nicht mehr Laneys Sorge sein. Sie hatte Verstärkung besorgt. Was man nun mit dieser Verstärkung anfangen sollte, war nicht ihr Problem. Alexander und Jason würden schon wissen, was zu tun war.
Müde legte Laney sich eine Hand über die Augen und spürte dabei den Verband an ihren Fingern. Sie hatte sich durch ihren Gefühlsausbruch nach Darreks Verschwinden einige tiefe Schnittwunden zugefügt, aber sie konnte regelrecht spüren, wie diese heilten. Alexander und Anisia hatten ihr Hilfe angeboten, damit die Wunden noch schneller verschwanden, aber eigentlich wollte Laney das gar nicht. Sie genoss den Schmerz, hatte das Gefühl, ihn verdient zu haben und wollte nicht, dass er verschwand. Denn sobald er fort war, würde sie auch die letzte Verbindung verlieren, die ihr zu Darrek noch geblieben war. Sie hatte nichts, was sie an ihn erinnerte. Keine Geschenke, keine Fotos, keine sentimentalen Lieder, die sie miteinander verbanden. Nichts dergleichen. Es sei denn …
Unbewusst wanderte ihre Hand
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