Nudeldicke Deern
mich ändern müsste. Meine Diäten waren damals genauso ungesund wie meine Nicht-Diäten: Fertigzeug, Light-Produkte, Pulverdrinks, einseitige Ernährung mit tagelang Ananas, saurer Sahne, Kohlsuppen oder anderem Quatsch, von dem man nach fünf Minuten schon die Nase voll hat. Dass ich diese Art der Fütterung nie lange durchhielt, versteht sich fast von selbst, und so lagen bald wieder Fertiggerichte und Industriekuchen im Einkaufswagen.
Ein einziges Mal ist es mir gelungen, länger als ein paar Tage oder Wochen bei einem Plan zu bleiben, und zwar mit den Weight Watchers. Die Grundidee – ich kann innerhalb eines Rahmens essen, was ich will – ist ja eigentlich schlau. Es heißt natürlich trotzdem, dem Körper ständig zu erzählen, dass er jetzt satt zu sein habe, ohne dass er es ist. Denn eine Diät bedeutet nichts anderes, als dem Körper weniger Energie zuzuführen, als er benötigt. Deswegen war mir auch dauernd kalt, während ich abnahm, weil der Körper genug damit zu tun hatte, mich irgendwie über den Tag zu kriegen, und sich nicht auch noch um seine Heizung kümmern konnte. Und natürlich ist man während einer Diät schlecht gelaunt, selbst wenn die Zahl auf der Waage kleiner wird – man hat einfach Hunger! Eine Diät bedeutet, dem Körper vorzulügen, der zweite Weltkrieg sei gerade vorbei und es gäbe nichts zu essen, während wir schmachtend im Supermarkt stehen, dessen Regale aus allen Nähten platzen. Eine Diät bedeutet, sich selbst vorzulügen, dass es einem gutgeht, obwohl man sich gerade das fundamentalste menschliche Bedürfnis – essen – verweigert. Eine Diät bedeutet dagegen nicht, mal eben locker zehn Kilo leichter zu werden, nur mit ein bisschen Disziplin, und danach schlank und glücklich zu sein bis ans Lebensende. Denn selbst wenn man es mit knallharter Selbstverleugnung geschafft hat, dem Körper, dem alten Widerstandskämpfer, ein paar Kilo abzutrotzen, muss man für den Rest des schlanken, glücklichen Lebens weiterhin hungern, damit der Körper sich nicht alles wiederholt, was wir ihm genommen haben. Eigentlich logisch. Der Körper weiß ja nicht, dass wir ihm bewusst etwas abgezwackt haben, um in Größe 38 zu passen. Nein, der kleine Racker freut sich, dass der Weltkrieg anscheinend durch ist und die Fresswelle beginnt. Endlich gibt’s wieder was zu essen, also wird alles gebunkert, was reinkommt. Wer weiß schon, wann der nächste Krieg anfängt? Um nicht wieder dicker zu werden – denn genau das will der Körper –, muss man sein schlankes, glückliches Leben damit zubringen, hungrig zu sein. Wenn das der Preis ist, den du zahlen willst, um eine 38 zu sein, bitte schön. Aber wenn das so wäre, hättest du wahrscheinlich dieses Buch nicht gekauft.
Nochmal zurück zu den Weight Watchers. Ich habe damit innerhalb von sechs Monaten 25 Kilo abgenommen. Hört sich toll an, hat sich auch toll angefühlt, war aber harte Arbeit und nicht so lustig, wie es dir die Werbung erzählt. Es bedeutete für mich: keine Schokolade mehr. Kein Nutella. Keinen Kakao. Ich wusste, sobald ich anfange, Schokolade zu essen, kenne ich kein Maß mehr, und wenn zehn Kinderriegel im Kühlschrank liegen, dann will ich die auch essen und nicht nur den einen vernünftigen, der noch im Plan ist. Also verbannte ich jegliches Schokozeug aus meiner Wohnung und versagte mir alles, was mich glücklich macht. Die Konsequenz: ungefähr alle vier Wochen ein besinnungsloser Fressflash, bei dem ich in kürzester Zeit alles nachholte, was ich mir die ganze Zeit lang verkniffen hatte. Der Abnahme hat das nicht geschadet, aber dass es ein normales Essverhalten ist, würde ich auch nicht behaupten.
Nach sechs Monaten, dem Erreichen eines hübschen Etappenziels und sechs bis acht Heißhungerattacken, in denen ich vermutlich jeweils in 15 Minuten 15 000 Kalorien vernichtete, war ich die erwähnten 25 Kilo leichter und dachte mir, machste doch mal eine Pause vom Punktezählen. (Ich ahne, dass ich dir das nicht erzählen muss, aber falls doch: Bei den Weight Watchers zählt man keine Kalorien oder Fett oder schwarze Katzen, die unter Leitern durchgehen, sondern Punkte. Die setzen sich meist aus Kalorien- und Fettangaben zusammen, und es gibt kleine Bücher, in denen die Werte für einzelne Lebensmittel stehen bzw. Online-Applikationen, die sie für dich ausrechnen. Das kostet natürlich alles etwas, denn Abnehmen macht nicht nur keinen Spaß, sondern geht auch ins Geld.)
Die Punktepause war eine sehr
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