Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Nullpunkt

Nullpunkt

Titel: Nullpunkt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lincoln Child
Vom Netzwerk:
machen.
    «Das ist keine gute Idee», fuhr Faraday fort. «Sie wissen selbst, wie brüchig diese Lavaformationen sind.»
    «Das ist noch nicht alles», fügte Marshall hinzu. «Haben Sie nicht bemerkt, was gerade passiert ist? Jeden Augenblick könnte weiteres Eis herunterbrechen und den Eingang zur Höhle verschütten.»
    Sully starrte unentschlossen zum Höhleneingang. «Sie würden es bestimmt wollen.»
    Mit «sie» war Terra Prime gemeint, der Kabelsender, der sich Wissenschaft und Natur verschrieben hatte und die Expedition finanzierte.
    Sully rieb sich mit einer behandschuhten Hand das Kinn. «Evan, Wright, Sie können meinetwegen draußen bleiben. Ang wird mich mit der Kamera begleiten. Wenn irgendwas passiert, sollen die Jungs von der Armee uns im Helikopter rausholen.»
    «Zum Teufel damit!», sagte Marshall, ohne zu überlegen, und grinste. «Wenn Sie vergrabene Schätze entdecken, will ich meinen Anteil daran.»
    «Sie haben es selbst gesagt – es ist nicht ungefährlich.»
    «Umso mehr Grund, dass Sie Hilfe brauchen», entgegnete Marshall.
    Sully schob aufsässig die Unterlippe vor, und Marshall wartete schweigend. Dann gab der Klimatologe nach. «Also schön, meinetwegen. Wir beeilen uns, so gut wir können, Wright.»
    Faraday blinzelte mit seinen wässrig blauen Augen und schwieg.
    Sully wischte ein paar Schneeflocken von seinem Parka und räusperte sich. Er warf einen vorsichtigen Blick die steile Eisfront hinauf, dann postierte er sich vor der Kamera. «Wir stehen hier vor der Gletscherzunge», sagte er in gedämpftem, melodramatischem Tonfall. «Das zurückweichende Eis hat eine Höhle freigelegt, die sich in die Flanke des Berges schmiegt, und wir machen uns nun daran, sie zu erkunden.» Er legte eine dramatische Pause ein, dann signalisierte er Chen, die Aufzeichnung zu unterbrechen.
    «Haben Sie gerade wirklich ‹schmiegt› gesagt?», fragte Marshall.
    Sully ignorierte die Bemerkung. «Los, gehen wir.» Er zog eine große Taschenlampe aus seinem Parka. «Ang, halten Sie die Kamera auf mich gerichtet, während wir hineingehen.»
    Er setzte sich in Bewegung, und der schlaksige Chen folgte ihm gehorsam auf dem Fuß. Einen Augenblick später zog Marshall seine eigene Taschenlampe hervor und schloss sich den beiden Männern an.
    Sie bahnten sich langsam und vorsichtig einen Weg durch das Trümmerfeld aus Eis und Schnee. Manche Eisbrocken waren faustgroß, andere so gewaltig wie ein ganzes Haus. Im schwachen Tageslicht leuchteten sie so blassblau wie der Oktoberhimmel. Rinnsale aus Schmelzwasser plätscherten. Die drei Männer näherten sich der Eiswand und traten in den Schatten des Gletschers. Marshall blickte nervös zu der gewaltigen Mauer aus Eis hinauf, doch er sagte nichts.
    Aus der Nähe sah der Höhleneingang noch schwärzer aus. Ein kalter Lufthauch schlug ihnen entgegen. Marshalls halb erfrorene Nase zwickte. Wie Sully bereits gesagt hatte, war der Querschnitt ziemlich rund: der typische Sekundärschlot eines nicht mehr aktiven Vulkans. Der Gletscher hatte den umgebenden Fels beinahe spiegelglatt geschliffen. Sully zeigte mit seiner Taschenlampe auf den Eingang, bevor er sich zu Chen umdrehte. «Schalten Sie die mal für einen Moment aus.»
    «Okay.» Der Student senkte die Kamera.
    Sully zögerte, dann sah er zu Marshall. «Faraday hat keine Witze gemacht. Dieser ganze Berg ist ein großer Haufen instabiler Lava. Halten Sie Ausschau nach Rissen. Sollte die Röhre instabil erscheinen, kehren wir augenblicklich um.»
    Er wandte sich zu Chen um und bedeutete ihm, wieder mit Filmen anzufangen. «Wir gehen hinein», sagte er, an die Kamera gewandt, dann drehte er sich um und betrat die Höhle.
    Die Decke war nicht sehr niedrig – mindestens drei Meter hoch –, und trotzdem duckte sich Marshall instinktiv, als er Chen ins Innere folgte. Die Höhle führte geradewegs ins Innere des Berges und fiel dabei sanft nach unten ab. Vorsichtig tasteten sie sich voran und leuchteten mit ihren Taschenlampen die Lavawände ab. Im Innern der Höhle war es noch kälter als draußen auf dem Eisfeld, und Marshall zog die Kapuzenschnur seines Parkas eng zusammen.
    «Warten Sie», sagte er. Der Strahl seiner Taschenlampe war auf einen Haarriss in der Lava gefallen. Er ließ das Licht über seine gesamte Länge wandern, dann betastete er ihn vorsichtig mit der freien Hand.
    «Sieht fest aus», sagte er.
    «Dann gehen wir weiter», erwiderte Sully. «Vorsichtig.»
    «Ich finde es erstaunlich, dass dieser Schlot

Weitere Kostenlose Bücher