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Nun ruhe sanft und schlaf in Frieden

Nun ruhe sanft und schlaf in Frieden

Titel: Nun ruhe sanft und schlaf in Frieden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claire Seeber
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gekommen, um mich mit irgendwelchen frohen Botschaften zu überraschen?« Ich versuchte, mich aufrecht hinzusetzen. Lieber Himmel, mein Arm tat so verdammt weh.
    »Welche frohen Botschaften?« Alex schüttelte verwirrt den Kopf. Auch Fay sah ihn aus ihren violetten Augen unsicher an. »Worüber?«
    Jetzt war es an der Zeit, aus dem Bett zu kommen. Ich fühlte mich wie ein gestopftes Huhn, fertig fürs Bratrohr, wie sie mich da beide offenen Mundes anstarrten. Ich schwang meine Beine aus dem Bett und setzte mich auf. Dann belastete ich vorsichtig meine Füße. Der Schmerz schoss mir in den Knöchel wie ein elektrischer Schlag. Hilflos taumelte ich auf einen Stuhl zu. Fay und Alex eilten mir zu Hilfe. Ich sah zu den beiden auf.
    »Ihr gebt ein wunderschönes Paar ab«, murmelte ich in mich hinein und verlor das Bewusstsein.
     

Kapitel 46
    Wie sehr man es auch wünschen mag, gewöhnlich entkommt man sich selbst nicht. Ich saß in einem wunderschönen Raum mit Meerblick und versuchte, mich von den Schrecken zu erholen, die ich erlebt hatte. Ich versuchte, mich an den Menschen zu erinnern, der ich gewesen war, bevor all das passiert war. Aber ich lebte zwischen schrecklichen Erinnerungen, die immer wieder blitzartig in mir aufflammten, und dem Schmerz in meinem kaputten Knöchel. Ich wachte jede Nacht von Angstschweiß gebadet auf, weil ich träumte, Seb sei wieder hinter mir her. Und meine Ohren lauschten immer noch sehnsüchtig nach dem anhänglichen Getrappel von Digbys kleinen Pfoten.
    Die Wellen rollten heran und zogen sich wieder zurück. Ich blickte auf das Wasser, das stündlich seine Farbe änderte, auf seine glatte Oberfläche, der die scharfen Riffe darunter nicht anzusehen waren. Wenn ich nicht schlafen konnte, beobachtete ich die Fischerboote, die an guten Tagen noch vor dem Morgengrauen den Hafen verließen. Die Hügel reckten ihre zerklüfteten Spitzen in den Himmel, als habe ein heidnischer Gott an ihnen seinen Zorn ausgelassen. Ich sah den Dorfbewohnern zu, die in dem rosa gestrichenen Pub auf der Fore Street ihr Bier tranken. Und den wenigen Touristen, die in Windjacken und Gummistiefeln an den Kai kamen, um die fangfrischen Fische zu kaufen. Oder mit riesigen Landkarten kämpften, die ihnen der Wind gegen den Bauch drückte.
    Als mein Vater aus beruflichen Gründen nach London zurückmusste, nahm Jenny sich ein paar Tage frei und blieb bei mir - und ich war ihr dafür wirklich dankbar. Im Augenblick wollte ich niemand anderen sehen. Ich wollte mich verstecken. Nur als Bel aus Australien anrief, war ich glücklich, ihre Stimme zu hören.
    »Ich wusste, dass der nichts taugt. Die Gutaussehenden sind immer Nieten. Das habe ich dir gesagt, Maggie. Ganz sicher sogar.«
    »Hast du das?«, fragte ich matt zurück. »Da habe ich wohl nicht zugehört.« Ich erblickte mein bleiches Gesicht im Spiegel, sah den Schnitt auf meiner Stirn, der mit einigen Stichen genäht worden war und immer noch unter einem großen Pflaster steckte. »Ach, Bel. Ich wollte, du wärst hier. Ich könnte ein wenig von deiner Magie vertragen. Ich sehe aus wie ein Zombie.«
    »Du brauchst nur ein wenig Sonne. Sieh mal, Maggie, ich weiß, dass du Schlimmes durchgemacht hast. Aber du musst Sebastian vergessen. Komm doch nach Australien. Wir kümmern uns um dich.«
    »Das würde ich wirklich gern, Bel, wenn es nur nicht so weit weg wäre.«
    »Sydney ist eine unglaubliche Stadt«, redete sie weiter. »Wir haben eine riesige Wohnung direkt an der Bay. Und außerdem gibt es hier viel Arbeit für jemanden wie dich. Das Fernsehen hier ist schrecklich. Die sind hier doch ganz wild auf jemanden mit deiner Erfahrung.«
    Aus dem Fenster sah ich, wie ein junges Paar einen stämmigen schwarzen Labrador hinter sich herzog. Ihre kleine Tochter folgte ihnen in einem knallgelben Südwester und hatte größte Mühe, bei der steifen Brise ihren ebenso gelben Hut am Wegfliegen zu hindern.
    »Wie geht es Hannah?«, fragte ich, um das Thema zu wechseln, und malte nebenher Kringel auf den Block neben dem Telefon. »Sie fehlt mir richtig.« Ich zeichnete einen Eimer und ein Schwert neben die Kringel.
    »Du fehlst ihr auch, Liebes, andererseits gefällt es ihr hier. Hier ist man den ganzen Tag draußen, Mag. Und sie kochen so gut. Ich werde richtig fett. Aber das …«, meinte sie, und ihre Stimme nahm einen verlegenen Ton an, »… hat wohl andere Gründe.«
    »Du und fett. Dass ich nicht lache …« Ich hörte auf zu zeichnen. »Lieber Himmel, jetzt sag bloß.

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