Nur aus Leidenschaft
geformte Nase.
Er schaute nach links, wo der Pferdebursche auftauchen sollte. Im selben Moment wendete der Hengst scharf, und Pete knallte mit seinem rechten Bein hart an die Wand der Arena. Er vernahm das Aufstöhnen des Publikums, während der Schmerz ihm wie ein glühender Blitz vom Knie in die Hüfte schoss. Sein Magen zog sich zusammen, die Umgebung verschwamm ihm vor den Augen. Er biss die Zähne zusammen, um die Benommenheit zu vertreiben, langte nach der Holzwand, hielt sich an ihr fest und gab den Hengst frei.
Das Pferd stürmte davon.
Keuchend, fast blind vor Schmerz, schaute er hoch in die Gesichter der Zuschauer, die sich über die Umzäunung beugten. Sein Blick blieb an zwei Augen hängen, die ihn besorgt ansahen. Grüne Augen, die ihm schmerzlich vertraut waren.
Carol?
Das kann sie nicht sein, sagte er sich. Seit zwei Jahren hatte er sie weder gesehen noch von ihr gehört. Er schloss die Augen und schüttelte den Kopf, überzeugt, dass er halluzinierte wahr scheinlich eine Folge des Schrecks. Als er die Augen wieder aufmachte, war die Frau weg.
„89 Punkte!" rief der Punktrichter. „Das muss man gesehen haben, liebe Fans! Der Cowboy Pete Dugan hat soeben den Re kord gebrochen. Er hat die höchste Punktzahl erreicht, die je beim Mesquite-Rodeo im Wildpferd-Reiten vergeben wurde."
Pete ließ die Wand los und sprang auf den Boden. Er hüpfte ein paar Schritte, um sicher zu gehen, dass sein rechtes Knie das Gewicht aushielt. Als feststand, dass er nicht wie ein Stoffhund zusammensacken und sich zum Gespött der Leute machen wür de, grub er die Stiefelabsätze in den Staub der Arena und riss sich den Hut vom Kopf. Mit einem lauten Jubelschrei warf er den Hut hoch und boxte mit beiden Fäusten in die Luft.
Das Publikum raste.
Grinsend bückte sich Pete, um den Hut aufzuheben, schwenk te ihn über dem Kopf und grüßte in die Runde. Dann stülpte er ihn sich über das schweißverklebte Haar und humpelte zurück zu den Boxen.
„Sind Sie okay?" fragte der Arzt
Pete wehrte ab. „Ja, alles in Ordnung, Doc." Zum Beweis setzte er den Fuß auf einen Zaunbalken und schwang sich hinauf, dann warf er das andere Bein hinüber und sprang auf der anderen Seite hinunter. Er landete neben seinem Tourneekameraden Troy Jacobs.
„Ein Höllenritt", sagte Troy und wies mit dem Kopf auf den riesigen Bildschirm, auf dem die Szene gerade wiederholt wurde.
„Ja", erwiderte Pete, „Diablo kann eine Menge Staub aufwirbeln." Er sah über die Schulter zurück zu der Computeranzeige, die den Punktestand angab, und fügte hinzu: „Aber als Nächster ist Ty Murrey dran. Lass uns abwarten, ob ich meinen Rekord halten kann."
„Er wird eine sagenhafte Show abziehen, das ist sicher. Aber deine Punkte übertrifft er nicht", versicherte Troy. Er blickte auf den Bildschirm, während das Gatter für Ty Murreys Ritt geöffnet wurde.
Pete wandte dem riesigen Bildschirm, auf dem den Fans die Aktion in der Arena in Großaufnahme ge zeigt wurde, den Rücken zu. Wie jeder Cowboy im Showgeschäft war Pete abergläubisch. Er hatte gewisse Rituale, die er peinlich genau einhielt, und eins davon war das, nie, niemals den nächsten Reiter zu beobachten. So klemmte er sich das Lederband, das er um sein Handgelenk gewickelt hatte, zwischen die Zähne und zerrte daran, um es zu lockern. Dabei blickte er zu der Sitzreihe hinauf, wo er meinte, Carol gesehen zu haben.
Während er den Hand schuh abstreifte, musterte er das Meer von Gesichtern und hie lt nach einer Frau mit flammend rotem Haar und grünen Augen Ausschau.
Er sagte sich, dass es Unsinn sei, und wollte sich schon abwenden, doch da ergab sich eine Lücke in der Menge, und er zuckte zusammen. Das war sie, die Frau, die er gesehen hatte, als er sich an die Wand der Arena geklammert hatte. Ihre Blicke trafen sich, und er erstarrte. Sein Herz setzte einen Schlag lang aus.
Carol! Es war Carol.
Sein Herz schlug jetzt wie verrückt, während er den Hand schuh in den Gürtel seiner Chaps steckte und zur Tribüne ging, den Blick unverwandt auf die Frau gerichtet. Er war keine zwei Schritte gegangen, als sie aufsprang und die Rampe hochhetzte. Und dann war sie in der Menge untergetaucht.
Pete starrte ihr nach und war zutiefst verärgert. Er schätzte seine Chancen ab, sie in dem Gewühl zu finden, dann drehte er sich weg und riss sich den Hut vom Kopf. Fluchend schlug er damit an seine Chaps, so dass der Staub aufwirbelte.
Er würde ihr nicht nachlaufen. Nicht er, Pete Dugan.
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