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Nur Der Mann Im Mond Schaut Zu:

Titel: Nur Der Mann Im Mond Schaut Zu: Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carin Gerhardsen
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redeten weiter, als wäre nichts gewesen.
    Elise zog sich in die Diele zurück und durchsuchte die Taschen aller Jacken, die dort aufgehängt waren, ohne etwas zu finden. Sie nahm die Lederjacke vom Haken und zog sie sich über. Nachdem sie sich flüchtig im Spiegel betrachtet hatte, trat sie ins Treppenhaus hinaus und schlug die Tür hinter sich zu. Es war halb elf.
    *
    »Was für ein verdammtes Mädchen?«
    »Ein Mädchen eben.«
    »Ein Mädchen? Sie wird doch wohl einen Namen haben, oder?«
    »Sie heißt Jennifer. Das hab ich dir doch schon gesagt.«
    »Genau der passende Name für eine richtige Schlampe.«
    »Sie ist keine Schlampe. Sie ist ein hübsches Mädchen.«
    »Hübsch! Dass ich nicht lache! So ein hässlicher Vogel wie du bekommt doch im Leben kein hübsches Mädchen ab. Sie nutzt dich aus, kapierst du das nicht?«
    Vielleicht hatte sein Vater ja recht. Jocke sah nicht beson ders gut aus, und Jennifer war süß wie ein Püppchen. Er hatte noch nie eine Freundin gehabt, aber jetzt hatte er eine, seine erste. Sie war zwar acht Jahre jünger als er, aber sie war ganz allein seine. Das war sie doch, oder? Anders konnte es gar nicht sein, denn schließlich hatten sie miteinander geschlafen, und sie hatte ihn gebeten, sie morgen auf einer Rundfahrt mit der Finnlandfähre zu begleiten. Und jetzt hatte sie angerufen und ihn gefragt, ob sie gleich zusammen ausgehen wollten.
    »Und wenn schon. Man sollte sich einfach freuen, dass man jemanden hat. Ich gehe jetzt.«
    »Nein, nein, junger Mann. Das wirst du nicht tun. Du wirst schön hierbleiben und dich um deine Mutter kümmern.«
    Ein schadenfrohes Lachen zerschnitt das Gesicht seines Vaters in zwei groteske Hälften, und Jocke spürte, wie ihm langsam schlecht wurde.
    »Mama kommt schon klar. Sie geht doch sowieso gleich schlafen«, bettelte er.
    »Du bleibst zu Hause«, erwiderte der Vater knapp und zog an seiner Zigarette, ohne ihn eines Blickes zu würdigen.
    Er machte sich gar nicht die Mühe, den Rauch wieder auszublasen, er verschwand einfach in seinem Körper. Jocke spürte, wie sich seine Kehle zuschnürte und ihm Tränen in die Augen stiegen. Er wollte Jennifer treffen, musste sie treffen. Wenn sie sehen könnte, wie erbärmlich er hier vor seinem Vater flennte. Ein erwachsener Mann ohne eigenes Leben, der immer tat, was sein Vater ihm sagte. Ihr gegenüber spielte er den harten und abgeklärten Typen, soweit er dazu in der Lage war. Immerhin war er groß und bärtig und kaute und rauchte seinen Tabak. Das hatte ihm sein Vater zwar verboten, aber er bemerkte es nicht, da er selber Raucher war. Irgendwie hatte Jocke allerdings das Gefühl, dass er ihr etwas vormachte. Er war vierundzwanzig und sie sechzehn. Er versteckte sich hinter seinem Bart und einer Sonnenbrille, und sie hielt ihn für einen großen, starken Kerl, obwohl jeder auf den ersten Blick sehen konnte, was für eine Memme er war.
    »Papa, bitte, du musst mich gehen lassen«, flehte er. »Ich habe mich schon den ganzen Tag um sie gekümmert. Heute ist doch Freitag, und …«
    »Du tust, was ich sage. Geh zu Mama, ich will dich nicht mehr sehen.«
    Jockes Unruhe ging langsam in Verzweiflung über. Er durfte so schnell nicht aufgeben – nicht dieses Mal.
    »Das werde ich nicht tun«, krächzte er mit einer Stimme, die unter zurückgehaltenen Tränen zu brechen drohte. »Ganz bestimmt nicht. Ich werde ausgehen! Du kannst mir keine Vorschriften machen. Ich tue, was ich will! Ich bin erwachsen!«
    »Ach, bist du plötzlich erwachsen geworden?«, fauchte sein Vater mit zusammengebissenen Zähnen, und erst in diesem Augenblick suchten sich die ersten dünnen Rauchfäden ihren Weg aus seinen Nasenlöchern. »Davon habe ich ja gar nichts bemerkt.«
    Sein Vater hatte recht. Er war ein Versager. Nach ein paar sinnlosen Jahren hatte er die Schule mit katastrophalen Noten verlassen. Man hatte festgestellt, dass er große Schwierigkeiten beim Lesen und Schreiben hatte, allerdings auch keinerlei praktische Begabung besaß. Die wenigen Jobs, die es gab, waren nicht für Leute wie ihn geschaffen, und an Schule war überhaupt nicht zu denken.
    Aber sein Vater hatte einen Ausweg gefunden. Als es mit seiner Mutter so schlimm wurde, dass sie nicht mehr arbeiten konnte, hatte er Jocke als ihren persönlichen Pfleger angeheuert. Dafür bekam er Essen, ein Dach über dem Kopf und ein minimales Taschengeld. Deshalb trug er morgens zusätzlich noch Zeitungen aus. Von dem mühsam zusammengekratzten Geld wollte er sich

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