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Nur Der Mann Im Mond Schaut Zu:

Titel: Nur Der Mann Im Mond Schaut Zu: Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carin Gerhardsen
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bis Montagabend bleiben konnten.
    Sjöberg öffnete die Spülmaschine, zog die Körbe heraus und drehte die Becher um, damit das Wasser ablaufen konnte, das sich beim morgendlichen Spülgang auf ihrer Unterseite angesammelt hatte. Anschließend ging er durch alle Räume ihrer Fünfzimmerwohnung und überprüfte mit seinem beinahe pedantischen Blick, dass alles auf seinem Platz lag. Erst wenn alles seine Ordnung hatte, konnte er entspannen und das Zuhausesein genießen.
    Auf der Arbeit war es genauso. Er konnte sich unmöglich auf seine Aufgaben konzentrieren, wenn Papiere und Ordner auf seinem Schreibtisch lagen. Die Ordner gehörten fein säuberlich aufgestellt in die Regale hinter dem Schreibtisch, die Papiere auf ordentliche Stapel, und das Büromaterial – Stifteköcher, Locher und dergleichen – musste in ausreichendem Abstand von der Arbeitsfläche in Reih und Glied aufgestellt sein. So entstand eine harmonische Arbeitsumgebung ohne unnötige Irritationsmomente.
    Als er fertig war, setzte er Wasser auf und bereitete ein paar Butterbrote mit den übrig gebliebenen Frikadellen vom gestrigen Abendessen zu. Er zündete die Kerzen auf dem Küchentisch an, goss das kochende Wasser über die Teeblätter und stellte die Teekanne auf den Tisch.
    »Puuh, sie ist aber auch unzufrieden und miesepetrig«, sagte Åsa, als sie hereinkam und sich setzte.
    »Ja, da hast du wohl recht«, seufzte Sjöberg.
    »Und trotzdem so aufmerksam und nett gegenüber den Kindern. Und auch uns gegenüber. Warum ist sie bloß so verdammt negativ?«
    »Da steckt wohl Unsicherheit dahinter. Sie ist einfach schüchtern. Zu wenig Selbstvertrauen. Weiß nicht so recht, wie sie sich verhalten soll, und hat das Gefühl, immer alles verkehrt zu machen. Ein Herkunfts- und Bildungskomplex.«
    »Das Essen war nicht gelungen, der Pullover, den sie gestrickt hat, hässlich geraten, und der Kaffee war zu stark. Die ganze Zeit kritisiert sie nur sich selbst – niemals uns, was an und für sich ja okay wäre – aber das Essen schmeckt irgendwann wirklich nicht mehr, wenn sie einen ständig darauf hinweist, was damit nicht stimmt, während man davorsitzt und isst. Nein, es kann einem wirklich leidtun, dass sie niemals richtig zufrieden mit etwas ist.«
    Sjöberg servierte den Tee und schüttete einen gehäuften Teelöffel Zucker in seine Tasse.
    »Immerhin ist sie glücklich, wenn Schweden gewinnt«, bemerkte er mit einem schiefen Lächeln.
    »Ach, das ist doch keine wirkliche Freude. Es geht ja nur um Sport. Woher stammt denn dieses Sportinteresse? Ältere Damen haben sich nicht für Sport zu begeistern, ihre größte Sorge ist es doch, nicht dem Mainstream hinterherzulaufen.«
    »Papa war anscheinend sehr sportbegeistert, es stammt wohl noch aus dieser Zeit. Sie liest ja auch keine Bücher. Da ist es doch ganz gut, wenn sie sich für irgendetwas interessiert.«
    »Nein, so habe ich es ja auch nicht gemeint«, sagte Åsa und biss in ihr Butterbrot. »Ist doch toll, dass sie sich für Eishockey und Fußball und Leichtathletik und Skifahren und all so was interessiert. Aber du wirst doch zugeben, dass es ein bisschen seltsam ist. Es passt irgendwie nicht ins Bild … Wie war sie denn, als dein Vater noch gelebt hat?«
    »Daran kann ich mich nicht erinnern.«
    Sjöberg spülte den Rest seines Butterbrots mit ein paar Schlucken heißen Tees hinunter.
    »Ich weiß nur noch, dass sie sehr ernst war, während mein Vater im Krankenhaus lag. Es wurde nicht viel darüber geredet, und ich durfte ihn nie besuchen. Ich war ja noch schrecklich jung. Drei vielleicht.«
    »Das ist auch so eine merkwürdige Sache in deiner Familie. Du glaubst, dass er Krebs hatte. Wie kann es denn sein, dass du es nicht weißt?«
    »Aber Åsa, du weißt doch, wie sie ist! Sie erinnert sich an nichts, oder zumindest möchte sie nicht darüber reden.«
    »Oder einfach mal zu erfahren, wie du als Kind so warst. Warst du ein Lausejunge, hast du nachts gut geschlafen, hattest du einen Schnuller, oder hast du am Daumen gelutscht, wann hast du laufen gelernt und solche Dinge. Es ist unmöglich, ihr so etwas aus der Nase zu ziehen. Und du scheinst dich ja auch an so gut wie gar nichts zu erinnern«, fügte sie mit einem neckischen Lächeln hinzu.
    »Ich bin in einer Arbeiterfamilie aufgewachsen und du in einer Akademikerfamilie«, antwortete Sjöberg. »Alles, was ich kann, habe ich mir selbst beigebracht. Mein erstes Buch habe ich mir von meinem Taschengeld gekauft. Du hast einfach nur den Mund

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