Nur du kannst die Menschheit retten
Mädchen, das neulich in Patels Laden war?«
»Ach, die. Was ist mit ihr?«
»Weißt du, wie sie heißt?«
»Sie ist die Schwester von irgend jemandem, glaub ich.«
»Von wem?«
»Die geht auf irgend so 'ne besondere Schule für un-heilbar Intelligente. Sie heißt Kylie oder Krystal, jedenfalls ist es einer von diesen erfundenen Namen. Warum willst du das wissen?«
»Ach, nichts Wichtiges. Interessiert mich wahrscheinlich nur, weil sie sich bei Patel über das Spiel beschwert hat. Wessen Schwester ist sie?«
»So ein Typ namens... äh... Plonker. Genau. Ein Freund von Bigmac. Sicher, daß bei dir alles in Ordnung ist?«
»Klar. Alles okay. Bis dann.«
»Bis dann. Bist du morgen zu Hause?«
»Denke schon.«
»Bis dann.«
»Bis dann.«
Bigmac kam nicht ans Telefon. Wo Bigmac wohnte, beka-men die Leute kaum noch Post. Selbst Ganoven hatten Schiß, sich dort aufzuhalten. Leute sprachen von der Joshua-N'Clement-Siedlung, wie sie früher wahrscheinlich von der Schwarzen Hölle von Kalkutta oder vom Warte-zimmer der Spanischen Inquisition gesprochen hatten.
Der freistehende Wohnturm zeichnete sich einsam und schwarz vor dem Himmel ab wie der letzte Zahn in einem Mund.
Viel mehr gab es da nicht. Im Erdgeschoß befand sich eine Reihe verbarrikadierter Läden, und man konnte noch sehen, wo es gebrannt hatte. Dann war da noch ein Pub mit Neonlichtern und roten Ziegelwänden. Der Pub hieß The Jolly Farmer.
Der Turm hatte 1965 einen Preis gewonnen, kurz bevor einzelne Teile allmählich abzubröckeln begannen. Es war immer windig dort. Selbst an den windstillen Tagen pfif-fen eisige Sturmböen durch die Betongänge. Der Ort war eine Art Windreservat. Hätte es den Joshua-N'Clement-Turm schon vor tausend Jahren gegeben, wären die Leute aus dem ganzen Land dort hingepilgert, um dem Windgott zu huldigen. Johnnys Vater nannte die Siedlung Rottwei-ler Hights. Johnny konnte die Biester jetzt bellen hören, als er die Treppen hinaufstieg (die Fahrstühle funktionierten schon seit 1966 nicht mehr). Alle Bewohner schienen Angst zu haben, und zum Großteil war es die Angst vor-einander.
Bigmac wohnte im vierzehnten Stock mit seinem Bruder und dessen Freundin und einem Pitbull Terrier namens Clint. Zuverlässige Quellen behaupteten, daß Bigmacs Bruder seinen Lebensunterhalt durch den ziemlich infor-mellen Vertrieb von Videorecordern bestritt.
Johnny klopfte ganz sachte an, in der Hoffnung, sein Klopfen sei laut genug, um von den Leuten gehört, und leise genug, um von Clint überhört zu werden. Doch er hatte kein Glück. Hinter der Tür brach ein Höllenlärm los.
Nach einer Weile hörte er das Klicken der Kette, und die Tür wurde ein paar Zentimeter weit geöffnet. Ein argwöh-nisches Auge erschien auf der Höhe, wo man ein Auge erwarten würde, wobei einen Meter tiefer ein gewisses Ausmaß an Verwirrung zu herrschen schien, während Clint versuchte, beide Augen und seine Zähne durch den schmalen Spalt zu schieben.
»Ja?«
»Ist Bigmac da?«
»Weiß nich.«
Johnny wußte Bescheid. In der Wohnung gab es nur vier Zimmer. Bigmacs Familie war riesig und lebte über die ganze Stadt verteilt, und so gut wie kein Familienmitglied wußte, wo sich ein anderes gerade aufhielt, bis es ganz sicher war, um wen es sich bei dem Besucher handelte.
»Ich bin's, Johnny Maxwell, aus der Schule.«
Clint versuchte seinen fünfzehn Zentimeter breiten Kopf durch den fünf Zentimeter breiten Spalt zu quet-schen.
»Ach, ja?« Johnny spürte, wie er genauestens inspiziert wurde. »Der is unten im Pub. Yeah.«
»Oh, tschau«, sagte Johnny mit einer Stimme, von der er hoffte, daß sie einigermaßen normal klang. »Ich mein, yeah.«
Bigmac war dreizehn. Aber der Besitzer vom Jolly Farmer stand in dem Ruf, an jeden auszuschenken, der nicht gerade auf einem Dreirad hereinkam.
Sein Rückweg führte ihn sowieso am Pub vorbei. Er quälte sich ein bißchen mit dem Gedanken, ob er den Laden tatsächlich betreten sollte. Für Bigmac war es okay. Bigmac sah schon wie siebzehn aus, als er geboren wurde.
Aber dann stellte sich heraus, daß seine Bedenken überflüssig waren, denn Bigmac lehnte draußen vor dem Pub an der Kühlerhaube eines Wagens. Er hatte ein paar Freunde bei sich. Sie musterten Johnny mit argwöhni-schen Augen, während er sich näherte, und der eine, der gerade noch ganz nonchalant an dem Türgriff des Wagens herumgerummelt hatte, richtete sich auf und starrte ihn wütend an.
Johnny versuchte, einen lässigeren Gang
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