Nur ein Blick von dir
Weg, um dich zu schützen. Sobald du aus der Tür warst, habe ich meine Kollegen angerufen und eine Rund-um-die-Uhr-Überwachung für dich organisiert. Du hast keinen Schritt mehr getan, ohne dass ein Polizist in der Nähe war.«
Silke war sprachlos. »Du hast was getan? Mich überwachen lassen?«
»Ich wollte nicht, dass dir irgendetwas passiert.« Marina runzelte die Stirn. »Ich hatte schreckliche Angst um dich.«
»Die war ja wohl auch berechtigt«, sagte Silke. »Anscheinend haben deine Kollegen heute nicht sehr gut aufgepasst.«
»Das war unglückliches Timing«, sagte Marina. »Ich war gerade unterwegs, und sie hätten auf mich warten sollen, aber sie wurden zu einem Einsatz gerufen. Sie dachten, ich bin sozusagen schon da, und sind gefahren.«
»Ja, unglückliches Timing«, wiederholte Silke. »Ich glaube, das gilt auch noch für andere Dinge.«
Marina legte ihre Hand auf Silkes. Silke zuckte zurück. Marina schaute sie bedauernd an. »Ich wünschte, ich könnte jedes einzelne Wort, das ich damals gesagt habe, zurücknehmen. Ich war fast wahnsinnig vor Angst. Ich sah dich schon blutend auf der Straße liegen. Und ich hatte von nichts gewusst. Es war meine Schuld, dass ich dich dieser Gefahr ausgesetzt hatte, und ich hatte dich nicht beschützt. Ich hätte dich fast ins Messer laufen lassen. Deshalb dachte ich –« Sie brach ab und fuhr sich durch die Haare. »Nein, ich habe gar nichts gedacht. Ich habe einfach überreagiert. Ich musste dir zu verstehen geben, dass da nichts ist. Dass nie etwas sein wird.« Ihre Augen suchten gequält Silkes Blick. »Dass du mich nicht lieben darfst.«
»Das hast du ziemlich gut geschafft«, sagte Silke. Sie konnte nicht vergessen, was Marina gesagt hatte, sie würde es nie vergessen können, doch langsam verstand sie, dass Marina in einem Zustand der Verzweiflung gehandelt hatte. Dass sie nicht Silke gemeint hatte, sondern sich selbst. Aber die Wunden verheilten deshalb trotzdem nicht einfach so. »Es war wohl alles ein Missverständnis«, sagte sie. »Ich kannte dich gar nicht, denn du hast mir nie gesagt, wer du bist. Also habe ich mich wohl in ein Traumbild verliebt, das nichts mit dir zu tun hatte. Ein Irrtum. Passiert glaube ich öfter. Vergessen wir’s einfach.«
»Ja.« Marina stand auf. »Vergessen wir’s einfach. Jetzt bist du in Sicherheit. Der Kinderpornoring, in dem ich undercover ermittelt habe, ist ausgehoben. Sie werden kein Interesse mehr an dir haben. Zur Sicherheit bleibt die Überwachung aber noch eine Weile bestehen. Ich will kein Risiko eingehen.«
»Überwachst du mich selbst?«, fragte Silke etwas süffisant. »Möchtest du vielleicht hier schlafen, damit mir nichts passiert?«
Marina verzog traurig das Gesicht. »Ich habe dich mit überwacht, ja. Es war schrecklich, dich von weitem zu sehen und nicht mit dir reden zu können. Aber ich habe ein gutes Fernglas. Ich muss nicht hier schlafen.«
»Wenn du so ein gutes Fernglas hast, sollte ich aber wohl immer daran denken, die Gardinen zuzuziehen, wenn ich ins Bett gehe«, sagte Silke.
Marina schmunzelte leicht. »Du gönnst mir aber auch gar nichts.« Sie hob etwas unentschlossen die Hand. »Ich gehe dann. Wenn irgendetwas ist, kannst du anrufen. Ich gebe dir meine offizielle Nummer.« Sie reichte Silke eine Visitenkarte. »Oder jemand anderen im Präsidium. Die Nummern stehen auch drauf.«
Silke nahm die Karte. »Kriminalhauptkommissarin. Und ich dachte, du wärst Sozialpädagogin.«
»Das war meine Tarnung.« Marina lächelte. »Dazu gehörte übrigens auch das Wohnmobil. Normalerweise fahre ich so was nicht. Das Ding stammt aus dem Polizeiwagenpark.«
»Nicht vom Schrottplatz?«
»Na ja.« Marina zuckte die Schultern. »Wenn man undercover ermittelt, ist so ein Eindruck manchmal nützlich.«
Silke musterte sie. »Und der Name stimmt auch nicht. Ist überhaupt irgendetwas an dir echt?«
»Die Narbe an meiner Schulter.« Marina wies mit dem Finger auf ihren Arm. »Ich bin angeschossen worden, als ich während der Ermittlungen aufgeflogen bin.«
Durch Silke ging ein Ruck. »Deshalb warst du im Krankenhaus?«
»Ja«, sagte Marina. »Deshalb. Ich war einige Zeit unter Bewachung, aber als du dann kamst, hatten sie die gerade aufgehoben. Nur der Stuhl stand noch da, über den du dann gestolpert bist.« Sie lachte leicht. »Ich bekam einen Riesenschreck, als du einfach so reinspaziert bist. Das hätte auch jeder andere tun können. Auch wenn ich dort unter falschem Namen war, hätten sie
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