Nur einen Kuss, Kate!
sein.”
“Dann verspreche ich es”, sagte er ruhig.
Kate, die tief durchatmete und entschlossen den Blick aus dem Fenster richtete, sah die Landschaft vorüberziehen, ohne sie wahrzunehmen.
Sie hüllte sich tiefer in seinen warmen Mantel und berichtete mit leiser Stimme die Ereignisse der letzten Monate. Ohne etwas auszulassen oder nach Ausflüchten zu suchen, machte sie ihm klar, warum ihr Ruf nicht mehr zu zerstören war und sie niemanden heiraten konnte.
Jack vergaß das Rumpeln der Kutsche und den Schmerz in seinem Bein. Er rückte auch nicht ein Stück näher an sie heran, doch ruhte sein Blick mit leidenschaftlicher Intensität auf ihrem abgewandten Profil. Er wünschte so sehr, sie in die Arme zu nehmen und ihren Kummer und Schmerz wegzuküssen, doch konnte er es nicht, da sie sein Versprechen hatte.
Sein Blick war ernst, und ihm wurde eng ums Herz, als ihm klar wurde, wie viel verzweifelten Mut es sie kostete, ihr Leben klarzulegen und es in seinen Augen vermeintlich zu vernichten. Wusste sie nicht, wie wundervoll sie war, wie tapfer und schön?
Sie schloss ihre Beichte, als sie auf Sevenoakes anlangten und der Wagen anhielt. “Sie oder Francis brauchen mich nicht zu heiraten, um meinen Ruf oder meine Ehre zu retten, da beide nicht mehr existieren”, sagte sie mit unsicherem Auflachen.
Er ließ einen unartikulierten tiefen Laut hören und griff nach ihrer Hand, die sie ihm jedoch entzog. Francis, der nicht ahnte, was sich im Wageninneren abgespielt hatte, sprang vom Kutschbock und rief nach Brandy und warmem Essen. Als er den Wagenschlag aufriss, fiel sein Blick erst auf Kate, dann erst sah er die angespannte Miene seines Freundes.
“Komm, alter Junge”, sagte er leise. “Ich helfe dir.”
Als Jack langsam die Stufen zum Eingang hinaufging, passierte eine elegante Reisekutsche die Einfahrt, an deren Wagenschlag Jack das Wappen seiner Großmutter erkannte. Der Mann, der ausstieg und eilig auf sie zuging, war ihm unbekannt.
“Mr. Carstairs?”, fragte der Fremde.
“Ja”, sagte Jack.
“Mein Name ist Phillips. Ich bin Lady Cahills Anwalt und habe eine wichtige Nachricht für Miss Farleigh.” Er strahlte die zwei Männer an und stockte dann, als er Jacks Miene sah. “Sie ist doch hier, oder?”
Jack runzelte die Stirn. “Ja, sie kann Sie aber leider nicht sofort empfangen. Sie fühlt sich nicht wohl.” Mit Mühe fasste er sich und setzte matt hinzu: “Bitte treten Sie ein. Nach der langen Fahrt ist Ihnen eine Erfrischung sicher willkommen.”
15. KAPITEL
“Ich nehme an, es geht um eine Erbschaft Miss Farleighs?” Jack konnte sich nicht mehr zurückhalten. Er hatte ohnehin schon warten müssen, bis er und Francis sich umgekleidet hatten und Mr. Phillips Erfrischungen serviert worden waren.
Der Anwalt, ein älterer Herr, schien momentan verblüfft, gestattete sich dann aber ein diskretes Lächeln.
“Ja, Sir, Sie haben richtig geraten, obwohl ich nicht mehr sagen darf, ehe ich nicht Miss Farleigh von allem in Kenntnis gesetzt habe. Es ist tatsächlich eine gute Nachricht.”
Jack wandte sich an Francis. “Von meiner Großmutter weiß ich, dass Kates Großeltern sehr reich waren. Zweifellos haben sie ihr etwas hinterlassen”, sagte er und empfand dabei unerklärliche Niedergeschlagenheit.
“Das wird Kate freuen. Das Mädchen verdient ein bisschen Glück”, gab Francis zurück.
“Moment …”, sagte Jack bedächtig. “Ich dachte eigentlich, das Vermögen sei ihrem Cousin zugefallen.”
“Cousin?”, fragte Mr. Phillips erstaunt. “Ich habe sehr gründliche Nachforschungen angestellt. Soviel ich weiß, gibt es keinen.”
“Ein Bursche namens Cole.”
“Cole!”, stieß Phillips hervor. “Der ist nicht ihr Cousin! Ich sah mich genötigt, die Bow Street Runner auf ihn anzusetzen.”
“Wie bitte?” Beide Männer beugten sich vor.
“Falls es derselbe ist – Jeremiah Cole, groß und stattlich?” Sie nickten. “Das ist der betrügerische Anwalt, den ich praktisch in flagranti ertappte. Er ist mir vor einigen Wochen entwischt und blieb seither verschwunden.”
“Großer Gott!”
“Der Bursche hat sich seit dem Tod seines Vaters, des früheren Vermögenstreuhänders, am Nachlass der Delacombes bereichert. Aber wie kommt es, dass Sie von seiner Existenz wissen?”
Jack wechselte mit Francis einen Blick. Coles Motiv war nun klar. Wäre es ihm gelungen, Kate zur Heirat zu zwingen, hätte er sich legal in den Besitz des Vermögens gebracht. Es war nicht nötig,
Weitere Kostenlose Bücher