Nur genießen - erotische Kurzgeschichten nicht nur für Schwule (German Edition)
war
unwiderstehlich. Er wählte die Mitteilung, vertippte sich, korrigierte sich
wieder. Endlich, das Bild öffnete sich:
„Du, habe eine SMS an dich geschickt die war aber für Sandrine meine Schwester. Habe mich bloß vertippt. Wollte dir jetzt nur sagen freu mich
echt!“
Stephane las die SMS drei, vier Mal, bevor er den Kopf hob und sich
plötzlich im Wandspiegel erblickte. Seine Augen standen weit auf, ebenso sein
Mund, er sah aus wie – ein Schaf. Er wollte lachen, aber es ging nicht, die
Luft steckte abgehackt in ihm fest, er prustete sie in Abständen hinaus, als ob
er heulen würde. Dominic, Dominic würde da sein, bei ihm. Mit einem Satz sprang
er auf, warf das Telefon aufs Bett, riss sich Hose und Hemd herunter. Nach
einer Katzenwäsche bürstete er seine Haare, zog sich eine frische Jeans und
sein Lieblingshemd an. Er rasierte sich die wenigen Stoppeln ab und trug sein
Rasierwasser auf. Durch die Schlafzimmertür sah er seine Mutter, die gerade ein
leichtes Kleid über die Hüften zog. Ihre Gestalt erschien ihm zartgliedrig und
fein. Als er in der Haustür stand, merkte er, dass etwas nicht stimmte, etwas
störte ihn. Er kaute auf seinen Lippen und kehrte in den Flur zurück, öffnete
einen Wandschrank und kramte darin herum, bis er einen Stoffbeutel aus einer
Schublade zog und mit diesem das Haus verließ. Auf der Straße spielten die
Kinder Fangen. Die Menschen standen in Grüppchen zusammen, vom Dorfplatz hörte
er bereits die Musikband des Ortes ihre Instrumente stimmen. Gleich würden die
Paare tanzen, die Frauen mit schwingenden Röcken, die Männer leichtfüßig und
gut gelaunt. Die Passanten nickten ihm zu, grüßten ihn freundlich. Doch
Stephane bahnte sich angespannt seinen Weg durch die Ansammlung. Die Schafe, er
suchte die Schafe. Dort waren sie, eingepfercht mitten auf dem Platz im
Schatten einer Kastanie, natürlich am kauen und am scheißen. Das Karussell im
Hintergrund zog bunte Kreise, die Band setzte zu einem flotten Eröffnungsstück
an, das Wummern des Schlagzeugs hallte von den Hauswänden wider. Lucille kam
auf ihn zugetrabt, die Zunge hing ihr aus dem Maul. Er lächelte und umklammerte
den Stoffbeutel, als sie daran schnupperte.
Alphonse stand, auf seinen Stock gelehnt, am Gatter, zufrieden und stumm,
nickte zu einem Gespräch, hob hin und wieder die Hand zu einem Gruß. Als
Stephan in sein Blickfeld trat, schaute er ihm entgegen. Seine dunklen Augen
zeigten kein Gefühl, seine Miene war nicht zu deuten. Er kaute nur auf einer
leeren Pfeife herum. Stephane blieb vor ihm stehen, verlegte sein Gewicht von
einem Fuß auf den anderen. Dann gab er sich einen Ruck und hob den Beutel hoch.
„Hier, da sind noch Bommel vom letzten Jahr, die waren übrig. Sind ein
bisschen verstaubt, und eigentlich ist es ja zu spät, aber besser als gar
nichts“, murmelte er vor sich hin.
Der Schäfer rührte sich nicht, sah ihn nur an. Stephane senkte seinen
Kopf. Endlich glitt Alphonses Blick auf die bunte Wolle, die aus dem Beutel
herauslugte.
„Stephane!“
Dominic! Das war seine Stimme! Ein Schauder lief über seinen Rücken, doch
er drehte sich nicht um. Alphonse blickte an ihm vorbei und musterte Dominic,
der stehen geblieben sein musste, denn man hörte keine Schritte mehr, nur noch
lautes Atmen vom Laufen.
„Liebeskummer gehabt?“ brummte Alphonse plötzlich und zwinkerte
unmerklich. Stephane öffnete seinen Mund, wollte etwas entgegnen, alles
abstreiten, aber dann löste sich der Knoten in seiner Brust. Er nickte und
streichelte die Bommel.
„Mach sie dran“, befahl Alphonse und stopfte seine Pfeife.
© 2012 Laurent Bach
Mehr von Laurent Bach:
Der heitere Cevennen-Krimi „Mord auf Französisch“ von Laurent Bach
im Bruno Gmünder Verlag: als Print- und e-book ab 1. Juli 2012 im Handel
248 Seiten, Softcover
ISBN-10: 3867873798
ISBN-13: 978-3867873796
„Sommer in Südfrankreich: Während sich das beschauliche Städtchen Anduze von seiner schönsten Seite präsentiert, muss
Privatdetektiv Claude Bocquillon einen Fall lösen,
der es in sich hat. Pascal Melot , mit dem ihn mehr
als nur eine Freundschaft verband, ist auf grausame Weise ums Leben gekommen.
Die Polizei will den Fall als Selbstmord zu den Akten legen, doch Claude gibt
sich damit nicht zufrieden ...
Mit Mord auf Französisch ist Laurent Bach ein überzeugendes Debüt
gelungen, das Spannung, Witz und französisches Flair vereint.“
Buchtrailer „Mord auf Französisch“
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