Nur genießen - erotische Kurzgeschichten nicht nur für Schwule (German Edition)
ihm mit einem Mal
so eng erschien. Er wollte nur noch fort, irgendwo hin, wo niemand ihn fand und
wo niemand Anstoß an ihn nehmen würde. Vielleicht konnte er den späten Bus
erwischen, irgendwohin, vielleicht nach Clermont Herault oder gar nach Montpellier. Niemand würde ihn dort vermuten, Dominic
schon gar nicht. Sollte er ihn doch vermissen, später, wenn er wieder zur
Besinnung gekommen war.
Die Schafe wurden kleiner, Alphonse wurde zum Zwerg, die Hunde liefen
ratlos hin und her, bellten ihm nach. Stephan unterdrückte ein Schluchzen, er
glaubte zu Ersticken vor lauter Atemlosigkeit und dem Drang zu weinen. Dominic.
Dominic mit den weichen Haaren, die er nie mehr streicheln konnte. Allein würde
er sein. Isoliert wie ein Komet, der einsam seine kalten Kreise zog um ein
Objekt, das er niemals erreichen würde. Bald war Stephane im Tal angekommen.
Der Bach rauschte. Er blieb stehen, beugte sich zu seinen Knien hinab und
schöpfte nach Luft. Dort lag der Feldweg, der ihn fast direkt zu seinem
Elternhaus bringen würde. Ein wenig erleichtert richtete er sich wieder auf und
ging weiter. Nach einem Kilometer stand er vor dem Haus. Er öffnete die
Hintertür mit seinem Schlüssel. Gleich würde das Auto vorfahren und seine
Eltern von der Arbeit kommen. Das Fenster seines Zimmers ging auf die
Hauptstraße, die mit Weinständen und einem Kinderkarussell bestück war.
Menschen versammelten sich bereits, obwohl es kaum achtzehn Uhr war. Sie
sprachen, lachten und hielten Plastikbecher mit Wein in den Händen. Was gibt es
eigentlich zu feiern, fragte sich Stephane.
Als er das gemachte Bett sah, zog er seine Jacke aus und warf sich auf
die Tagesdecke. Er merkte erst jetzt, wie müde er war, doch Dominic ließ ihn
nicht schlafen. Es gelang ihm sofort, sein Gesicht und seine Gestalt vor seinem
inneren Auge zu sehen. Der leichte Flaum auf seinem Kinn, die gerade Nase und
die dicken Augenbrauen. Seine kräftige Hand, die sein Gesicht und seinen Rücken
gestreichelt hatte und einmal, als sie nah beisammen standen und sich küssten,
sogar auf seinem Schritt gelegen hatte. Er hätte verrückt werden können an
jenem Abend im Wald. Doch sie blieben vorsichtig, als wären sie sich noch nicht
ganz sicher über das, was da gerade mit ihnen geschah. Das war etwas anderes,
als sich heimlich in der Dusche zu befriedigen, etwas viel Zarteres und
Liebevolleres, das er noch nie in seinem Freundeskreis gesehen oder erlebt
hatte. Stephane seufzte, stopfte sich die Decke zwischen die Beine, um seinen
Unterleib zu beruhigen, und schloss die Augen. Als er erwachte, beleuchtete die
rötliche Abendsonne die Tapeten. Seine Mutter stand vor ihm, er blickte auf
ihre Turnschuhe und Jeans.
„Stephane, mein Schatz, du bist ja schon da.“
Er rappelte sich hoch und nahm die Umarmung entgegen und den schmatzenden
Kuss auf beide Wangen.
„Mama“, sagte er tonlos und räusperte sich.
„Wie geht es dir? Hast du alles gut überstanden?“
Er nickte und zwang sich zu einem Lächeln.
„Alphonse war eben hier. Er hat dein portable gebracht, ohne ein Wort. Ich dachte du wärst noch bei der Herde. Ich wollte es
gerade in dein Zimmer legen und da bist du!“
Sie legte das Telefon auf den Nachttisch und fuhr ihm über das Haar.
„Komm, zieh dich um, Papa ist schon draußen. Die Schafe hatten gar keine
Bommel. Hattet ihr keine bei?“
„Nein.“
Das Telefon schimmerte.
„Ich wollte eigentlich nur ….“, begann Stephane. Doch seine Mutter hatte
das Zimmer wieder verlassen, er hörte ihr gutgelauntes Trällern im Flur.
Er setzte sich
auf die Bettkante, das Telefon lag still und stumm vor ihm. Als sein Blick auf
den Rucksack fiel, packte ihn eine Erregung. Mit zitternden Händen riss er die
Schnüre auf, öffnete den Rucksack und zerrte das Kabel des Ladegerätes heraus.
Hoffentlich war das portable nicht in Lucilles Maul kaputt gegangen.
Jetzt wollte er noch einmal lesen, was er geschrieben hatte. Vielleicht,
vielleicht hatte er sich ja doch verlesen. Er steckte mit einiger Mühe den
Anschluss in die Steckdose und verband es mit dem Telefon. Sofort gab es ein
Lebenszeichen von sich, blinkte auf. Er verfolgte gebannt das animierte Bild
der sich ladenden Batterie, dann rief er seine Nachrichten auf. Ungelesen : eine Nachricht.
Noch eine Nachricht? Absender: Dominic. Sein Herz begann zu rasen. Einen
Moment lang überlegte er, ob er das Ding in seiner Hand nicht lieber im Klo
versenken sollte, doch der Drang, etwas von ihm zu erfahren, egal was,
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