Nur wenn du mich hältst (German Edition)
ab, trat einen Schritt zurück und hob abwehrend die Hände, um ihr zu zeigen, dass er nichts Böses wollte.
Hatte er Dankbarkeit erwartet, wurde er herb enttäuscht. Er hätte sie auf den Hintern fallen oder sie wie eine Cartoonfigur vom Laufband aufsaugen lassen sollen. Trotzdem registrierte er erneut, dass sie die Gesichtszüge einer Göttin hatte. Ein Gesicht, das als Statue in einem Museum stehen könnte. Er fragte sich, welche Farbe ihre hinter der Sonnenbrille verborgenen Augen haben mochten.
Dann sah er ihr modisches Abendtäschchen auf dem Boden liegen und bückte sich, um es aufzuheben. Eine weitere ritterliche Geste. „Ma’am.“ Er reichte ihr die Tasche, wobei er eine leichte Verbeugung machte. „Schöner Pfau“, sagte er. „Judith Leiber ist einfach unvergleichlich.“
Diese Bemerkung schien sie noch mehr zu verwirren. Die Ladies waren meistens überrascht, wenn er mit seinen Designerkenntnissen angab. Manche dachten, er wäre schwul, doch er mochte Frauen eben und hatte es sich zur Aufgabe gemacht, ihre Vorlieben und Abneigungen mit der Gewissenhaftigkeit eines Kulturanthropologen zu studieren.
Die Rothaarige schnappte sich ihr Täschchen.
„Darf ich Sie auf einen Drink einladen?“ Er nickte in Richtung der Bar auf der anderen Seite, die schon geöffnet hatte und trotz der frühen Stunde gut besucht war.
Sie starrte ihn an, als würden Frösche aus seinem Mund springen.
„Ganz sicher nicht.“
„Ich dachte, fragen kann man ja mal.“ Er behielt sein Lächeln bei. Manchmal gaben die Frauen sich besonders unnahbar, um sicherzugehen, dass er es ernst meinte. „Hatten Sie eine harte Nacht?“
Ein kleines angestrengtes Lächeln zeigte sich um ihre Mundwinkel. „Es tut mir leid“, sagte sie, „aber Sie verwechseln mich ganz offensichtlich mit jemandem.“
Zu allem Überfluss hatte sie diese präzise Aussprache der Schülerinnen von Eliteinternaten, die er so sexy fand.
„Mit jemandem, der auch nur das geringste Interesse daran hat, sich mit Ihnen zu unterhalten.“ Damit drehte sie sich um und ging.
Der Riss in ihrem Kleid gewährte ihm einen kurzen Blick auf lange, schlanke Beine.
„Gern geschehen“, murmelte er und starrte ihren Hintern an, während sie davonstakste.
Erster Fehlschlag, dachte er. Es war vermutlich besser so, schließlich war er nicht hier, um zu flirten. Vor ihm lag ein anstrengender Tag.
Nachdem die Rothaarige am Ende des Terminals verschwunden war, sah er sich gezwungen, sich wieder mit der Realität und seiner Anwesenheit auf diesem Flughafen auseinanderzusetzen. Er tigerte auf und ab und beobachtete das Gate wie ein Gladiator, der auf den Ansturm einer Meute hungriger Löwen wartet. Die schwere graue Tür war fest geschlossen. Der Mann am Boardingschalter wirkte bereits genervt, weil er ihm inzwischen vier Mal seinen Sicherheitspass unter die Nase gehalten und gefragt hatte, wann die Maschine endlich landen würde.
Bo schaute auf die Uhr. Immer noch zwanzig Minuten.
Die Bar war voller Leute, die Kaffee oder Bloody Marys konsumierten, in ihre Handys sprachen, E-Mails oder Zeitung lasen. Verdammt. Saß denn niemand mehr einfach da und trank? Wann hatte die Welt beschlossen, es sei nötig, jederzeit beschäftigt zu sein, selbst wenn man mit einem kühlen Blonden in einer Bar saß?
Beim Gedanken an ein großes, frisch gezapftes kaltes Bier lief ihm das Wasser im Mund zusammen. Zum Teufel, es war noch ausreichend Zeit. Er könnte sich eins auf die Schnelle gönnen und in wenigen Minuten wieder am Gate stehen.
Er beobachtete eine Reihe Passagiere, die ein Flugzeug nach Fort Lauderdale bestiegen, und verspürte einen Anflug von Neid. Ja, Fort Lauderdale wäre jetzt nett. Ohne richtig darüber nachzudenken, schlenderte er gemessenen Schrittes auf die Bar zu. Verdammt, eine Viertelstunde war mehr als ausreichend, um ein Bier zu trinken. Ein morgendlicher Augenöffner. Er würde sich einfach gegenüber von der Kasse an den Tresen stellen. Das war der Platz, an dem man am schnellsten bedient wurde, wie er aus seinen vielen Jahren als Barkeeper wusste. Jedes Mal, wenn der Angestellte etwas einbongte, sah er das Gesicht des Kunden im Spiegel. Ein Garant für flotten Service. Er trat an die Bar.
„Taylor Jane Purvis, du kommst sofort zurück!“, hörte er in dem Moment eine verärgert klingende Frau.
Ein sehr kleiner, lachender Wirbelwind auf zwei Beinen sauste an ihm vorbei in Richtung des Laufbandes, das beinahe die Rothaarige verschluckt hätte. Es war ein
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