Oase der Liebe
her. Kareef dachte an seine eigene Abenteuerlust und den ungebrochenen Optimismus seiner Jugendjahre zurück und fühlte sich plötzlich uralt.
Langsam erhob er sich von seinem Stuhl und folgte seinem Bruder durch die große Halle hinaus in einen der geschützten Innenhöfe. Es war einer seiner Lieblingsplätze im Palast. Von hier aus hatte man einen fantastischen Blick über das strahlendblaue Mittelmeer.
Plötzlich hatte er das Gefühl, jemand rufe seinen Namen. Er kannte die süße Stimme, die ihn bis in seine Träume verfolgte, und schalt sich einen Narr, dass es ihm nicht gelingen wollte, sie endgültig aus seinem Kopf zu verbannen. Mit zusammengepressten Lippen lief er weiter, doch diesmal erklang die Stimme lauter und deutlicher als zuvor.
Kareef blieb stehen und neigte lauschend den Kopf. „Hörst du das auch?“, fragte er Rafiq.
„Ich habe nichts gehört“, versicherte Akmal, der den beiden Brüdern wie selbstverständlich gefolgt war, nervös. „Wenn Sie mir bitte hier entlang folgen würden, Sire . Sie wollen doch sicher nicht zu spät …“
„Da ruft jemand nach dir“, stellte Rafiq nüchtern fest. „Eine Frauenstimme.“
Kareef ging noch ein paar Schritte weiter. Über den Tumult hinweg, den die zahllosen, zur Krönungsfeier angereisten Gäste und die qusanische Bevölkerung verursachten, die sich bereits im Umfeld des Palastes tummelte, hörte er jetzt eindeutig Jasmines Stimme.
Aber das konnte nicht sein! Sie war in Qais, bei ihrem frisch angetrauten Ehemann, in dessen Armen sie bereits die Hochzeitsnacht verbracht hatte.
„Ich glaube, ich verliere langsam den Verstand …“, murmelte er rau. „Ich könnte schwören, dass ich sie gehört habe.“
„Wen?“, fragte Rafiq. „Jasmine? Sie ist hier … da vorn, in der Menschentraube hinter dem schmiedeeisernen Tor.“
Kareef wirbelte herum, und dann sah er sie. „Lassen Sie Miss Kouri unverzüglich herein!“, fuhr er seinen sich windenden Großwesir an.
„Aber, Sire …“
„Sofort!“
„Sie hat schon die ganze Nacht über versucht, hier einzudringen“, erklärte Akmal mit gelinder Empörung in der Stimme. „Ich habe mein Bestes getan, sie abzuwimmeln. Im Interesse unseres geliebten Landes …“
Mit einem unartikulierten Schrei umfasste Kareef den Nacken des hageren Mannes mit stahlhartem Griff und schüttelte ihn wie einen Hund. Dann stieß er ihn von sich weg und rang um Fassung.
„Bringen Sie sie zu mir, wenn Ihnen Ihr Leben lieb ist!“
Zitternd vor Angst und offensichtlich unter Schock stehend gab Akmal den Befehl an die Sicherheitsleute weiter, die der ungewöhnlichen Szene mit professionell ausdrucksloser Miene beigewohnt hatten. Nur wenige Sekunden später fand sich Jasmine innerhalb des Palastgartens wieder und rannte laut schluchzend direkt in Kareefs ausgestreckte Arme. Sie trug einen schlichten roten Rock zur weißen Bluse und weißen Sandaletten. Das dunkle Haar wehte im Sommerwind.
„Jasmine …“, murmelte Kareef erstickt und presste sie ganz fest an sich. Nur wenige Meter von ihm entfernt warteten gekrönte Häupter und wichtige Staatsvertreter aus der halben Welt auf seine Krönung, und er konnte nur daran denken, dass er die Frau, die er über alles liebte, endlich wieder in seinen Armen hielt.
Rasch zog er sie in eine Ecke des Gartens, wo sie nicht den Blicken der Öffentlichkeit preisgegeben waren.
„Es … es war alles eine Lüge!“, sprudelte sie hervor, als er sie wieder an sich ziehen wollte. „Ich habe all diese schrecklichen Dinge nur gesagt, weil ich dachte, es sei das Beste für dich, wenn ich für immer aus deinem Leben verschwinde. Ich gebe dir nicht die Schuld an dem tragischen Unfall von damals. Vergib mir bitte, Kareef …“
Zum Ende hin war ihre Stimme immer dünner und leiser geworden.
Kareefs Blick fiel auf die schlichte Goldkette mit dem funkelnden Smaragd an ihrem Hals. Dann schaute er auf den Ringfinger ihrer linken Hand. Er war nackt.
„Hast du ihn geheiratet, Jasmine?“, fragte er mit schwankender Stimme, während sein Herz zu zerspringen drohte.
Sie schüttelte den Kopf. „Ich konnte es nicht tun. Auch, wenn wir nie zusammen sein dürfen, wollte ich Qusay nicht verlassen, bevor ich dir nicht die Wahrheit gestanden habe. Ich liebe dich, Kareef. So war es immer, und so wird es immer sein.“
Mit einem dumpfen Aufstöhnen barg er sein Gesicht in ihrem duftenden Haar. So hielt er Jasmine eine ganze Weile fest an sich gedrückt, dann legte Kareef den Kopf in den
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