Oase der Liebe

Nacken und reckte sein Gesicht der Sonne entgegen. Eine warme Brise erfasste seine weiße Robe und strich über seine Haut.
    Und zum ersten Mal, seit Jasmine ihn gestern verlassen hatte, fühlte er sich wieder lebendig. Mit jedem Atemzug füllte er seine Lungen so tief wie möglich mit frischer Luft.
    Jasmine liebte ihn!
    „Das musste ich dir einfach sagen …“, wisperte sie gegen seine Brust, „… bevor ich nach New York zurückgehe.“
    Kareef versteifte sich, umfasste Jasmines Oberarme und schob sie ein Stück von sich ab. „Du … du liebst mich und willst mich trotzdem verlassen?“, fragte er fassungslos.
    Sie hielt den Kopf gesenkt und nickte unglücklich. „Ich will noch einmal ganz von vorn anfangen. Oder besser, mein neues altes Leben wieder aufnehmen. Und der König von Qusay kann sich sicher sein, dass es immer jemand geben wird, der ihn liebt und an ihn denkt.“ Jetzt schaute sie ihn an und lächelte tapfer unter Tränen. „Ich werde dich nie vergessen, Kareef. Und ich werde dich immer lieben, auch wenn du eine andere Frau zu deiner Königin machst und …“
    Er unterbrach sie mit einem wilden Kuss, der ihre Knie weich werden ließ. Nachdem er Jasmine endlich wieder freigegeben hatte, war sie so verwirrt, dass sie sich nicht wehrte, als Kareef ihre Hand umfasste und sie mit sich zog.
    Hinter der nächsten Ecke stießen sie auf Rafiq, der dort geduldig auf sie gewartet hatte. Kareef spürte, wie sich sein Herz kurz zusammenkrampfte, dann entspannte er sich gleich wieder und trat seinem Bruder lächelnd entgegen. Es war die richtige Entscheidung, die er für sich getroffen hatte. Der einzig mögliche Weg.
    Das verlangte ein älteres Recht, das ebenso von Ehrgefühl, Pflicht und Verantwortung geprägt war, wie das Amt eines Monarchen. Zumal es auf dem stärksten Gefühl beruhte, das ein Mensch empfinden konnte – auf Liebe.
    Er hatte der Frau seines Herzens schon vor langer Zeit ein Versprechen gegeben, das noch höher zu bewerten war als Blutsbande. Nämlich, sie zu lieben und zu ehren, bis dass der Tod sie schied …
    Doch obwohl Kareef sich seines Entschlusses ganz sicher war, schnitt ihm Rafiqs unbefangenes Lächeln ins Herz. Vergib mir, Bruder … flehte er innerlich und schloss für einen Moment die Augen.
    Dann wandte er sich Jasmine zu. „Komm“, sagte Kareef ruhig. „Bevor du Qusay für immer verlässt, wirst du doch sicher hören wollen, wie ich die Worte spreche, mit denen meine Zukunft für immer und alle Zeiten besiegelt wird.“

10. KAPITEL
    Als er sie über den Innenhof in Richtung der alten byzantinischen Ruine am Rande der Klippe führte, wo nach alter Tradition die Krönungszeremonie abgehalten wurde, ahnte Jasmine, dass ihr jetzt der schwerste Teil des Abschiednehmens bevorstand. Gleich würde sie, unter den Augen der Öffentlichkeit, Kareef die Worte sprechen hören, mit denen er für immer zum König von Qusay wurde.
    Doch sie riss sich zusammen und folgte ihm mit schwerem Herzen.
    Sie liebte Kareef mit aller Macht, und das Bewusstsein, dass sie ihn jetzt zum letzten Mal in ihrem Leben sah, gab ihrer Liebe eine neue Dimension und schmerzhafte Tiefe, die kaum zu ertragen war. Dennoch wollte sie jede einzelne Sekunde auskosten, um das Bild für immer festzuhalten, das sich erst vor wenigen Minuten in ihr Herz eingebrannt hatte. Die dunklen, attraktiven Züge des Mannes, der ihr Schicksal war, leuchtend und weich vor aufrichtiger Liebe zu ihr.
    Daran hegte sie keinen Zweifel. Und nur das gab ihr die Kraft durchzuhalten.
    Abrupt ließ Kareef ihre Hand los und lächelte Jasmine zärtlich zu, bevor er sie zurückließ. Allein und schutzlos, hinter den unter offenem Himmel errichteten Sitzreihen, wo etwa dreihundert geladene Gäste auf die Krönung des neuen Herrschers von Qusay harrten.
    Während Jasmine sich mit klopfendem Herzen bemühte, die neugierigen Blicke der Umstehenden zu ignorieren, schritten Kareef und Rafiq Seite an Seite durch den freien Mittelgang zwischen den antiken Steinen hinauf zu der halb verfallenen Ruine.
    Als Kareef sich umwandte, zog er damit glücklicherweise auch die Blicke der hartnäckigsten Gaffer auf sich, und Jasmine konnte aufatmen, zumindest für den Moment. Die beiden Brüder gaben einander feierlich die Hand, bevor Rafiq sich vor Kareef verbeugte und zwischen den Zuschauern in der ersten Reihe Platz nahm.
    Wie Jasmine zufällig feststellte, direkt neben ihrer alten Freundin Sera. Mit gerunzelter Stirn beobachtete sie die herzliche Begrüßung