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Oberst Chabert (German Edition)

Oberst Chabert (German Edition)

Titel: Oberst Chabert (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Honoré de Balzac
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Kopf bis zu Fuß, betrachtete seinen schäbigen Reitrock und machte eine Grimasse, die nicht wiederzugeben ist. Offenbar dachte er, wie immer man den Mann ausquetschte, ein Heller würde dabei doch nicht herauszubekommen sein. Er setzte daher ein bündiges, kurzes Wort in die Diskussion, um dem Bureau eine schlechte Kundschaft zu ersparen. »Die Herren haben Ihnen die Wahrheit gesagt. Der Chef arbeitet nur nachts. Ist Ihre Angelegenheit dringend, dann kann ich nur raten, um ein Uhr morgens wiederzukommen.«
    Stumpfsinnig glotzte der Klient den Bureauvorsteher an und blieb stehen wie ein Stock. Die Angestellten kannten die Parteien der Prozesse, alle Wandlungen in ihren Zügen waren ihnen vertraut, auch die eigentümlichen Launen, die auf Unentschlossenheit und Grübelei zurückgehen. Sie ließen sich daher beim Essen nicht stören, und machten beim Kauen nicht weniger Lärm, als die Pferde es an ihrer Krippe tun und kümmerten sich nun nicht im geringsten um den Alten.
    »Mein Herr, so werde ich heute abend kommen«, sagte der Alte, der zäh, wie alle Unglücklichen, den Menschen hier ihren Mangel an Menschlichkeit ins Gewissen rufen wollte. Denn die einzige Waffe, die das Elend noch besitzt, ist, die Justiz und die sogenannte Wohltätigkeit zu schreienden, offenkundigen Ungerechtigkeiten zu zwingen. Und haben die Unglücklichen die Gesellschaft der Lüge überführt, dann werfen sie sich nur um so inniger an die Brust Gottes, um sich da zu bergen.
    »Hat der Kerl nicht einen Mordschädel?« sagte Simonnin, ohne abzuwarten, daß der Alte die Tür schloß.
    »Er sieht aus wie aus dem Grabe gestiegen«, antwortete der Schreiber.
    »Es ist irgendein alter Oberst, der den rückständigen Sold zurückfordert«, sagte der Vorstand.
    »Nein, es ist ein alter Hausbesorger«, sagte Godeschal.
    »Wetten, daß er von Adel ist«, schrie Boucard. »Ich wette, er war Portier«, antwortete Godeschal. »Die Portiers sind die einzigen Wesen auf der Welt, die über solche verfilzte, ölige, unten ausgefranzte Mäntel verfügen, wie es der Mantel dieses alten Biedermannes ist. Habt ihr nicht seine Stiefel bewundert, die Wasser ziehen, oder seine Halsbinde, die ihm als Hemde dient? Er hat unter den Brücken geschlafen.«
    »Er könnte ein Edelmann sein und doch Portiersdienste verrichtet haben«, rief Desroches. »Auch das hat sich schon begeben.«
    »Nein,« antwortete Boucard mitten in der Brandung des Gelächters, »ich halte dafür, er war Bierbrauer zur Zeit der Revolution und Oberst unter der Republik.«
    »Aber ich setze eine Loge für die ganze Gesellschaft aus, wetten, daß er nie Soldat gewesen?«
    »Einverstanden«, antwortete Boucard.
    »Mein Herr, mein Herr!« rief der kleine Schreiber, indem er die Fenster öffnete.
    »Was tust du, Simonnin?« fragte Boucard.
    »Ich rufe ihn und will ihn fragen, ob er Oberst oder Hausmeister ist. Wenn einer es weiß, ist er es.«
    Alle Angestellten lachten. Aber der Alte stieg bereits wieder die Treppe empor.
    »Was sagen wir ihm?« rief Godeschal.
    »Laßt mich nur machen!« antwortete Boucard.
    Der arme Alte kam schüchtern mit gesenkten Blicken zurück, vielleicht wollte er nicht seinen Hunger zeigen, wenn er gar zu gierig die Nahrungsmittel auf dem Kamin ansah.
    »Mein Herr,« sagte Boucard, »wollen Sie doch die Freundlichkeit haben, uns Ihren Namen zu nennen, damit der Chef weiß, wer ...«
    »Chabert.«
    »Oberst, gefallen zu Eylau?« fragte Huré, der noch nichts gesagt, und nur darauf gelauert hatte, einen Witz beizutragen.
    »Derselbe, mein Herr!« antwortete der Alte mit der Einfachheit eines alten Römers. Und er zog sich zurück.
    »SSSsssssttttt!«
    »Abgeblasen!«
    »Puff!«
    »Oh!«
    »Ah!«
    »Bummmm!«
    »Eine gelungene Nummer!«
    »Trinn, trinn, lala, trinn, trinn!«
    »Hereingefallen!«
    »Herr Desroches, Sie werden gratis ins Theater gehen«, sagte Huré dem vierten Schreiber und gab ihm einen Stoß gegen die Schulter, stark genug, einen Ochsen umzuwerfen.
    Das war ein Wirbelsturm von Geschrei, Gelächter und Ausrufen. Wenn man es nachahmen wollte, müßte man alle Geräusche der Welt zu Hilfe nehmen.
    »In welches Theater wollen wir gehen?«
    »In die Oper!« rief der erste.
    »Übrigens,« versetzte Godeschal, »die Wahl des Theaters stand mir frei. Ich kann euch, wenn ich will, ins Flohtheater führen.«
    »Das Flohtheater ist kein Schauspielhaus«, sagte Desroches.
    »Was ist denn eigentlich ein Schauspielhaus?« nahm Godeschal das Wort, »wir wollen uns erst

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