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Oberst Redl

Oberst Redl

Titel: Oberst Redl Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leidinger Hannes
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russische Diplomat freilich keinen Lesestoff zum Zeitvertreib. Marčenko besorgte sich dort vielmehr eine Reihe von Materialien mit Bezug auf das österreichisch-ungarische Heer, darunter diverse Verordnungsblätter, Heeresschematismen und Statistiken. 357
    Indessen ließ der k.u.k. Geheimdienst nichts unversucht, um Näheres über die Hintermänner des russischen »Spionagebetriebs« in Erfahrung zu bringen. Trotz der bescheidenen Budgetmittel des Evidenzbüros konnte man nicht zuletzt mit Hilfe von Doppelagenten Nützliches über den »unsichtbaren Gegner« erfahren. Die Hände in den Schoß legen durfte der Geheimdienst der Donaumonarchie in Anbetracht der überaus vielfältigen Aktivitäten der
Razvedka
wahrlich nicht. Dem Evidenzbüro arbeitete in dieser prekären Situation eine Reihe von »Patrioten« zu. Nicht nur »Seidel & Sohn« spielte ein doppeltes Spiel. Auch ein gewisser Eduard Bigler machte sich als »Maulwurf« erbötig.
Aufschlussreiche Begegnungen
    Der »gewesene k.u.k. Major« und österreichisch-ungarische Honorarkonsul in Genf, Konrad Padowetz, nahm seine Position allzu wörtlich und kassierte allerlei Beträge für gar nicht honorige Dienste. Zum Beispiel bot er seinem »Kanzler«, Eduard Bigler – gegen entsprechende Bezahlung –, an, sein Nachfolger zu werden. Der geplante Postenschacher allein genügte jedoch nicht, um die Aufmerksamkeit des Geheimdienstes zu erregen. Padowetz ließ sich nämlichauch noch von einem ehemaligen französischen Offizier namens Paul Larguier als Spion anwerben. 358 In Anbetracht des Umstandes, dass dieser Mann unter dem Aliasnamen »J. Dietrich« Absender der »Nizetas«-Briefe gewesen war, gewannen die Machenschaften des Konrad Padowetz schließlich zusätzlich an Bedeutung.
    Obwohl Max Ronge später behauptete, Larguier sei schon zum Zeitpunkt der Redl-Affäre als Haupt einer Spionagezentrale in der Schweiz bekannt gewesen, ist durchaus möglich, dass das Evidenzbüro erst durch die sogenannte Padowetz-Bigler-Affäre Kenntnis von der Identität »J. Dietrichs« erlangte. Immerhin hatte der Franzose, als das Evidenzbüro 1904 und 1905 seine Dienste in Anspruch nahm und sich im Fundus seiner Dokumentensammlung bediente, einen anderen Decknamen verwendet. 359 Tatsächlich verweisen Notizen Ronges auf eine Schriftprobe Larguiers, welche erst die von Eduard Bigler beigebrachten Materialien ermöglicht haben dürften. 360 Auf solche Weise stellten die Offiziere des Evidenzbüros zweifelsfrei fest, dass »J. Dietrich« niemand anderer als Paul Larguier sein konnte, der von Genf aus mit geheimen Informationen – man könnte sagen »en gros und en détail« – handelte. Russen und Franzosen ebenso wie verschiedene andere Staaten griffen jedenfalls gerne und häufig auf die Dienste des findigen »Monsieur« zurück.
    Eduard Bigler, ein aus Wels stammender ehemaliger Unteroffizier der k.u.k. Kriegsmarine, erhielt indes den Posten des Honorarkonsuls nicht. Nachdem Padowetz sich mit Biglers Geld aus dem Staub gemacht hatte und dem kriminellen Konsul ein gewisser Koller nachgefolgt war, wurde der Betrogene beim neuen k.u.k. Repräsentanten in Genf vorstellig. Generalkonsul Koller bekam nun eine abenteuerliche Geschichte aufgetischt: Bigler war zum Schein auf ein Angebot zur Spionage für Russland eingegangen und hoffte, »die Regierung« in Österreich würde sich in Anbetracht seiner Enthüllungen »nicht undankbar« erweisen. Bezeichnenderweise wandte sich der um den Posten des Honorarkonsuls geprellte Oberösterreicher erst Anfang Juni an Koller. Zu diesem Zeitpunkt war die Affäre Redl bereits in aller Munde.

(9) Paul Larguier. Der ehemalige französische Offizier betrieb Spionage in großem Stil. Alfred Redl war wohl einer seiner wichtigsten Informanten.

II. KONTEXT UND
KONSEQUENZEN

(13) August Urbañski von Ostrymiecz, Chef des k.u.k. Evidenzbüros. Die Affäre Redl beeinträchtigte seine weitere Berufslaufbahn nachhaltig.

(15) Französische Karikatur über die Bekämpfung der Homosexualität in der deutschen Armee aus dem Jahr 1907

(16) Der Fall Redl war Mitte der 1950er Jahre erneut ein beliebtes Thema bei Buchautoren und Filmemachern.

III. ANHANG

ARCHIVQUELLEN
ÖSTERREICH
ÖStA (Österreichisches Staatsarchiv)/KA (Kriegsarchiv)
    Akten des Evidenzbüros bzw. AOK-Evidenzbüro 1902–1915Akten des Generalstabs 1913–1914Akten des k.k. Min. (Ministeriums) f. (für) LV (Landesverteidigung) 1908–1918Akten des MKFF (Militärkanzlei Franz Ferdinand) 1913 und

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